Nach Östersund und zurück
Über eine kurze Reise nach Östersund, Flugzeuge, Sonne und Mond und einen Samstag voller schwedischer Kurzfilme. Darüber, warum Deutsch eine lustige Sprache ist und uns mit Englisch die Welt offen steht.
Von meinem Flug hierher nach Schweden einmal abgesehen, bin ich seit 2010 nicht mehr geflogen. Allgemein lassen sich meine Flugerfahrungen sowieso an einer Hand abzählen. Zwar fliege ich gerne (zu meinem 18. Geburtstag habe ich von meinen Eltern einen Segelflug geschenkt bekommen), aber mit einer siebenköpfigen Familie in den Urlaub zu fliegen, tut dem Geldbeutel leider nicht allzu gut. Angesichts der Umweltbelastung, die häufiges Fliegen ausmacht, hatte ich auch nie ein Problem mit dieser Tatsache, denn auch ohne Flugzeug lässt es sich gut reisen. Fliegen gehörte für mich also bisher eher weniger zum Alltag, weshalb die vorletzte Woche dementsprechend besonders war.
Vor ungefähr einem Monat hatten Anna, Kristin und Viktor uns Freiwilligen eröffnet, dass einer von uns mit zu einem Network-Meeting nach Östersund kommen könnte, bei dem sich verschiedene schwedische Aufnahmeorganisationen des Europäischen Solidaritätskorps treffen würden. Das Glück beim Losen war dabei auf meiner Seite gewesen, weshalb ich mich am Mittwoch Abend (21.11.) statt auf die Couch in den Zug nach Göteborg setzte. Mit Kristin im Hotel am Flughafen Göteborg/Landvetter angekommen, hieß es für mich früh ins Bett gehen. Unser Flug nach Östersund mit Umstieg in Stockholm sollte 7 Uhr starten, weshalb mein Wecker bereits 5:30 Uhr klingelte. Noch vor einigen Monaten wäre diese Uhrzeit ganz normal für mich gewesen, aber meine Abiprüfungen liegen mittlerweile schon über ein halbes Jahr zurück, weshalb ich bei allen Zeiten vor 7 Uhr erst einmal schlucken muss.
Das frühe Aufstehen hat sich aber definitive gelohnt! War es unter den Wolken noch stockfinster, konnte ich nach dem Start über den Wolken ein unbeschreibliches Farbschauspiel beobachten. Mit einer Tasse Kaffee und einem so schönen Sonnenaufgang ging es also über Stockholm nach Östersund, wo wir bereits von den anderen Organisationen inklusive Freiwilligen erwartet wurden. Die folgenden 24 Stunden vergingen einmal mehr wie im Flug. Neben Spaziergängen bei eiskalten Temperaturen, Workshops zum Austausch von Erfahrungen und zum Thema, wie man mehr junge Leute in Schweden zu einem Europäischen Freiwilligendienst motivieren kann, und natürlich leckerem Essen (immer ganz wichtig!), gab es besonders zwei Dinge, die mich sowohl erheitert als auch sehr gefreut haben. Zum einen wurde immer wieder nicht nur über die Schweden mit ihrem Absolut, Precis und Jaha gelacht, sondern auch über das kalt und hart klingende Deutsch. Wie oft ich das Worten Krankenhaus mit überdeutlicher Betonung der Ks von den anderen gehört habe, kann ich dabei gar nicht mehr genau sagen. Zum anderen war ich total davon begeistert, wie viele Möglichkeiten uns heutzutage eigentlich offen stehen. Da saßen wir, zehn Europäische Freiwillige aus den verschiedensten Ländern, keiner mit Englisch als Muttersprache, irgendwo mitten in Schweden und konnten uns trotzdem unterhalten! In diesem Moment war da einfach so ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl, dass es mich jetzt immer noch zum lächeln bringt.
Am Freitag ging es dann auch schon wieder zurück nach Göteborg. Es wurde gerade dunkel als Kristin und ich ins Flugzeug stiegen und statt eines Sonnenaufganges konnten wir diesmal einen wunderschönen Sonnenuntergang mit beobachten. Dabei hatten wir aber nicht nur die Sonne, sondern auch den Mond als Begleiter auf unserem Flug. Ich wusste gar nicht, aus welchem Fenster ich zuerst schauen sollte. Zu meiner Rechten waren der Himmel und die Wolken unter uns in alle erdenklichen Rot- und Orangetöne getaucht, zu meiner Linken stand der der Vollmond riesengroß über dem Horizont.
In Göteborg angekommen ging es nach der Verabschiedung von Kristin für mich dann direkt weiter nach Trollhättan. Hier fand das Novemberfestivalen statt, ein Kurzfilmfestival für junge Filmemacher, bei dem ich als eine von ca. 30 Teilnehmern des Projekts „Filmplats“ kostenlos dabei sein konnte. Die Workshops am Freitag hatte ich zwar bereits verpasst, aber dafür hielt der Samstag nach einer weiteren Nacht im Hotel mehr als 35 schwedische Filme für uns alle bereit. Nach mehr als 5 Stunden Zuschauen und zumeist Nichts-Verstehen, wobei letzteres nur auf Jonas und mich zutraf, waren wir alle ziemlich geschafft und und froh schnell im Zug in Richtung Åmål zu sitzen.
Nach diesen ereignisreichen Tagen lassen sich meine Flugerfahrungen nun also nicht mehr nur an einer Hand abzählen und neben einer Einladung zum Biathlon World Cup im März 2019 nach Östersund, habe ich zudem viele neue inspirierende Eindrücke bekommen.