Misteri d'Elx
Goldglitzerregen über dem Altar, Feuerwerk auf dem Dach der Kirche und Jugendliche die Gott spielen
Es war einmal ein Küstenwächter am Strand nahe der Stadt Elche. Eines Abends, es war im Winter, fand er eine angespülte Holzkiste. Doch der Schatz, den sie enthielt war weder Gold noch Silber, und doch brachte er ihn, hoch zu Ross, den Ratsherren der Stadt.
Es war die Vorlage für ein Himmelfahrtsspiel, Text und Noten für eine Aufführung, die heute UNESCO-Weltkulturerbe ist.
Ob diese Erzählung stimmt, das weiß man nicht, aber Fakt ist, das mindestens seit dem 15. Jahrhundert in Elche die Himmelfahrt Marias in der Basilika aufgeführt wird. Normalerweise am 15. August, aber alle zwei Jahre gibt es noch eine Aufführung, dieses Jahr am 1. November. Eintritt wird grundsätzlich nicht verlangt, entsprechend früh muss man auch da sein, um einen Platz in der Kirche zu bekommen. Wer es nicht schafft, kann durch die große offene Tür hereinschauen und vorallem mithören. Denn der Text in dem insgesamt drei Stunden langen Drama wird ausschließlich gesungen und wechselt sich mit Orgelspiel ab. Mitspielen dürfen nur Männer, deshalb wird die Rolle der Maria von einem Jungen übernommen, der den Stimmbuch noch vor sich hat. Das Maria somit deutlich jünger ist als Jesus, stört niemanden.
Das Misteri d'Elx hat übrigens eine päpstlich unterzeichnete Sondergenehmigung, denn eigentlich hat das Konzil von Trient Aufführungen in Kirchen verboten.
Das Mysterienspiel ist in zwei Teile aufgeteilt.
Im ersten Teil, der Vespra, passiert grob zusammengefasst folgendes: ein vom Himmel herab geschwebter Engel verkündet Maria ihren baldigen Tod, alle Apostel versammeln sich um sie und ehren sie. Schließlich stirbt Maria und der Erzengel trägt ihre Seele in den Himmel. Dieser, Petrus und die Rolle des Gottvaters müssen übrigens von Priestern verkörpert werden, alle anderen Rollen werden von Bürgern der Stadt gespielt.
Im zweiten Teil, der Festa, tritt eine Gruppe Juden auf, die die Vorbereitungen für die Beerdigung Marias stören. Es folgt eine kurze Rangelei, die in der Vergangenheit aber öfter ausartete, so dass die Szenen im 18. Jahrhundert zwischenzeitlich gestrichen wurde. Als einer der Juden versucht den Leichnam zu berühren erstarrt er, woraufhin sich die Juden bekehren und taufen lassen. Da löst sich dann auch der andere aus seiner Starre. Gemeinsam begraben alle Maria.
Das Highlight der Aufführung kommt zum Schluss: Maria fährt, an einem langen Seil, in den Himmel auf. Währenddessen erscheint über ihr die heilige Dreifaltigkeit und Maria wird von Gott gekrönt, wobei die Krone an dem Seil heruntergelassen wird und genau auf Marias Kopf landet. In diesem Moment beginnt es goldenen Glitzerstaub zu regnen, auf dem Dach der Kirche werden unglaublich laute Feuerwerkskörper gezündet und die Menge ruft *vivat!* (sie lebe hoch!).
Es ist ein Spektakel und viele Bürger der Stadt lassen sich keine Aufführung entgehen. Auch wenn in Spanien die Bedeutung der Kirche sinkt, diese Traditionen lebt weiter. Ansonsten merkt man den katholischen Einfluss zum Beispiel an den Namen. Jesus, Angel, Maria, so heißen durchaus auch viele junge Leute.
Trotzdem ist der Wert der 18-39 jährigen die sich als sehr gläubig bezeichnen mit 9% der drittniedrigste der Welt (laut einer Studie des Pew Research Centers).
Da schafft es dann nur ein Event wie das Misteri d'Elx die Jugendlichen in die Kirche zu locken.