Mein Bett, ein Buch und ich
Wenn Kranksein Entschleunigung bedeutet und das Bett zum besten Freund wird. Wenn es sich wie Samstag anfühlt, obwohl erst Donnerstag ist und am Samstag umgekehrt mehr ansteht als am Donnerstag.
Die letzten Wochen hier in Åmål waren voller neuer Eindrücke und Erfahrungen. Mittlerweile weiß ich, dass man in Schweden an fast jeder Tür zuschließen muss, um reinzukommen und dass man beim Einkaufen immer jemanden trifft, den man kennt, wobei ich Letzteres als Dorf-/Kleinstadtkind schon von Zuhause gewohnt war. So schön die ersten anderthalb Monate hier auch waren, langsam aber sicher brauchte ich mal eine kleine Auszeit.
War der Montag noch mit Terminen und Aufgaben voll gestopft, entschieden Jonas und ich uns am Dienstag Nachmittag einfach mal nichts zu tun. Statt Schwedisch zu lernen, saßen wir auf dem Sofa und schauten uns eine Serie auf Netflix an. (An dieser Stelle definitiv ein Hoch auf die moderne Technik!) Mit einer kuscheligen Decke, den Füßen auf dem Couchtisch und gesalzenen Erdnüssen ist das Leben doch gleich viel entspannter.
Mehr oder weniger entspannt gestaltete sich dann jedoch der Mittwoch. Eigentlich hatte alles super angefangen: zur Fika gab es Blåbärkaka (für alle Nichtschweden bekannt als Blaubeerkuchen) und ein Geburtstagsständchen für Rose. Das dazugehörige Lied kann einen dabei schon ein wenig verwirren. Zwar ist der Text natürlich auf Schwedisch, aber trotzdem stimmt die Melodie mit dem mir bekannten „Hoch soll der leben“ überein. Naja, zumindest zu Beginn, was genau das Problem ist, denn nach den ersten paar Zeilen, bei denen ich mich ziemlich sicher fühle, weichen die Noten vom deutschen Pendant ab. Wie soll man da bitte durchblicken? Danach ging es hingegen eher anstrengend weiter. Neben einem Vortrag in der Schule hatten Erica und ich nach der Arbeit noch einen Termin in der Samverket Frivilligcentral. Das Gespräch mit Kristine und Åsa und das anschließende Language Café haben zwar sehr viel Spaß gemacht, aber nach dem ganzen Wirrwarr an Englisch und Schwedisch und so vielen neuen Leuten war ich einfach total K.O.
Das könnte in dem Zusammenhang aber auch darauf zurückzuführen sein, dass ich mich schon die ganze Woche über nicht ganz wohl gefühlt hatte und mein Körper am Donnerstag dann komplett streikte. Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Übelkeit. Klingt erst einmal nicht schön, was es definitiv auch nicht war, aber ich konnte dem Ganzen auch ziemlich viel Positives abgewinnen. So ein Tag mit Ausschlafen, Halsbonbons und einem guten Buch im Bett ist halt auch etwas Schönes und angesichts der Hektik der letzten Wochen kam mir die aufgezwungene Entschleunigung sehr gelegen.
Nachdem auch der Freitag ganz entspannt ablief, stand am Samstag für mich ein größeres Programm auf dem Plan. Nach dem vorgezogenen Wochenende (ich hatte mich am Donnerstag fälschlicherweise schon gefreut, dass es in nur drei Tagen nach Stockholm gehen würde… dass noch gar nicht Samstag war, bemerkte ich erst später) fühlte ich mich nun schon deutlich besser und konnte im Young Innovation Hub an einem Filmprojekt teilnehmen. Nach vier Stunden Kameraführung und Schauspieleinlagen war ich dann am Abend zum Saisonabschluss der Fußballmannschaft in Tösse eingeladen. Nach nur einem halben Training, an dem ich teilgenommen hatte, erhielt ich den Preis für die schnellste Verletzung des Jahres und stellte den dazugehörigen Pokal, wieder zuhause, mit einem Grinsen auf meine Kommode bevor ich mich müde, aber glücklich ins Bett legte, das in dieser Woche mein bester Freund gewesen war.
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