Macron und die Europäische Union
Wie stellt sich Macron die Entwicklung der Europäischen Union vor? Sind seine Ideen überhaupt durchzusetzen?
Wie schon in meinem letzten Artikel angesprochen plant Emanuel Macron, der (nicht mehr ganz so) neue Präsident Frankreichs einige Reformen in seinem Land durchzusetzen. Die erste große Reform, die ich in meinem Artikel beschrieben habe, ist die Arbeitsmarktreform, welche im letzten September unterzeichnet wurde. Zusätzlich dazu hat Macron andere Reformen angekündigt.
Das wahrscheinlich größte Vorhaben Macrons ist die Reformierung der Europäischen Union. Er will ein starkes Europa aufbauen und die Begeisterung für dieses innerhalb der Bevölkerung (Sowohl in Frankreich als auch im Rest Europas) wieder entfachen. Dabei konzentriert er sich erstmal auf seinen stärksten Partner innerhalb der EU, Deutschland. So war es sicher auch kein Zufall, dass Macron seine Europapläne zwei Tage nach der Bundestagswahl vorstellte. Bei dieser Wahl verloren die Volksparteien CDU/ CSU und SPD kräftig an Stimmen und das erste Mal seit langem zog wieder eine rechtsextreme Partei, die Afd, in den deutschen Bundestag ein (Parteien rechts von der CDU/ CSU gab es bisher nur in den Anfangszeilen der Bundesrepublik). Wahrscheinlich wollte er mit einer Vorstellung auch der Afd verdeutlichen, dass sich mit diesem Erfolg innerhalb Europas, und an dessen Zukunft nichts in Richtung Nationalismus und Kleinstaatlichkeit, verändern würde. Macron erwartet von Deutschland eine enge Zusammenarbeit hin auf ein Europa, welches sich den Problemen der Globalisierung entgegenstellen kann. Angefangen werden soll damit bis 2024 die deutschen und französischen Gesetze in den wichtigsten Bereichen, wie beispielsweise Finanzen und Asylpolitik anzugleichen. Seine Pläne beinhalten den Schutz der Grenzen über eine EU-Asylbehörde, die Regulierung der Einwanderung, Mindestlohn und Terrorbekämpfung bis zur Vertiefung der Euro-Zone. Des Weiteren soll bis 2020 ein europäisches Verteidigungsbudge eingerichtet werden. Zudem soll ein europäischer Finanzminister ernannt werden.
Wenn Macron auch nur einen Großteil seiner Reformen durchziehen kann, würde dies einen großen Schritt in Richtung Zukunft sowohl für Frankreich als auch für die Europäische Union bedeuteten. Frankreich würde eines der modernsten Länder dieser Welt werden (Arbeitsreform und Rentenreform in Frankreich) und zum Beispiel Deutschland hinter sich lassen. Frankreichs Position innerhalb der Europäischen Union würde sich stark verbessern und Frankreich könnte Deutschland in Verhandlungen wieder ein ebenbürtiger „Gegner“ sein. Damit wäre die Kontrolle, die Deutschland im Moment in der EU ausübt vielleicht mal wieder etwas eingeschränkt.
Jedoch haben sich bisher die meisten französischen Präsidenten mit Reformen gerade zu schwergetan. Weder die französische Wirtschaft noch die Bevölkerung ist wirklich gewillt Abstriche zu machen und Reformen zu billigen, mit denen es zu bleibenden Änderungen kommen könnte. Mehr noch, da nicht abgesichert ist, dass die Reformen auch wirklich zu Veränderungen und Besserungen führen werden. Es wird eine Menge Zeit brauchen, damit die Ergebnisse dieser Reformen deutlich werden. Dazu muss man sich nur mal ansehen wie lang es gedauert hat bis die Harz IV-Reformen in Deutschland ihre Wirkung gezeigt haben. Zu guter Letzt könnten die Reformen die französische Gesellschaft überfordern und dazu führen, dass das Land in den nächsten Jahren noch mehr politisch nach rechts rückt als es in den letzten sowieso schon ist.
Gerade die jüngere Generation steht dem sozialliberalen Emanuel Macron skeptisch gegenüber und sieht in ihm keinen Wechsel der Politik/ Verbesserung gegenüber seinen Vorgängern. Ihre Sorge, dass Macron die Pflege des Sozialstaates vernachlässigen wird, teilen sie mit vielen anderen Teilen der Bevölkerung. Die meisten Jugendlichen mit denen ich während meiner Zeit in Frankreich Kontakt hatten, haben zwar für ihn gestimmt (vor allem im zweiten Wahlgang), jedoch wollten sie mit ihrer Stimme vor allem einen Sieg der rechtsextremen Marie LePen verhindern. Vielleicht kann Macron jedoch gerade in dieser, sehr kritischen Generation, Anhänger für seine Europapolitik finden. Laut einer Europäischen Jugendstudie, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag der TUI-Stiftung erstellt hat, würden zwischen 58 und 61 Prozent der 16 bis 26-jährigen Franzosen, im Falle eines Referendums, für den Verbleib ihres Landes in der EU stimmen und das obwohl Frankreich seit Jahren unter hohen Jugendarbeitslosigkeit und schwerer wirtschaftlichen Situation leidet. Diese Zahlen sind zwar durchaus ermutigend, machen aber auch klar wie wichtig es ist, dass sich Macron mit seiner Europapolitik an die jungen Menschen seines Landes richtet und sich um ihre Sorgen und Schwierigkeiten kümmert. Immerhin stellen sie einen großen Teil der europäischen Zukunft da. Wenn Macron die EU wirklich so wichtig ist wie er sagt, muss er also dafür sorgen, dass sich junge Franzosen mehr mit der europäischen Idee identifizieren können und die Unterstützung für die EU in seinem Land in den nächsten Jahren nicht sinkt.