Liberales Indonesien ?!
Trotz heißen indonesischen Temperaturen und frisch gepresstem Saft gerät hausi38 ins Grübeln. Die vielen religiösen und kulturellen Eindrücke des Landes lassen sie nicht los und regen zum kritischen Nachdenken an.
Hallo Leute,
mal wieder liebe, liebe Grüße aus dem ultraheißen Indonesien. Ich habe es mir gerade in einem netten Internetcafe gemütlich gemacht, vor mir steht ein frisch gepresster Papayasaft und im Hintergrund plätschert das Wasser. Ich bin immer noch in Yogyakarta, habe eine Woche hinter mir, in der ich jeden Tag eine Menge Medikamente nehmen musste, die mich zwar immer schläfrig gemacht haben, die aber letztendlich doch geholfen haben. Ich habe mir hier über das Wasser irgendeine tolle Infektion eingefangen und bin deshalb am Sonntag auch im Krankenhaus gelandet… naja. Dieses Krankenhaus, in dem ich war, war das internationale Krankenhaus und glich eher einem Hotel als einem Krankenhaus. Da hat man gleich gar keine Sorge mehr krank zu werden, obwohl ich auch sagen muss, dass sich das ein normaler Indonesier nicht leisten könnte. Ich bin also wieder auf dem Weg nach oben.
In der Zwischenzeit habe ich ein paar mehr Eindrücke aus Indonesien sammeln können. Ein Wochenende war ich in Jakarta und habe da ein ganz anderes Indonesien kennenlernen können, als hier in Yogyakarta. Yogyakarta ist sehr muslimisch. Es gibt zwar auch viele Christen, Buddhisten und Hindus, ab der Großteil der Bevölkerung sind Muslime. Sexualität, Homosexualität und Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit sind hier ein Tabu, ganz anders in Jakarta. Wie wahrscheinlich in jeder Großstadt, versammeln sich auch hier die Extreme. Da ist der Straßenstrich direkt neben der größten Moschee des Landes… und noch krasser ist der Gegensatz zwischen arm und reich. Manchmal, wenn ich dort durch die Straßen ging, blutete mir das Herz. Nicht nur, dass kleine Kinder bereits betteln was das Zeug hält, soviel Armut hab ich noch nicht gesehen. Die Menschen, die um Geld bitten haben nicht nur keine Zähne mehr, sie haben auch dieses Lächeln, für das die Indonesier bekannt sind, nicht mehr. Da spricht reine Verzweiflung aus den Augen und das schlimmste ist, man kann nicht helfen… und dann geht man abends tanzen (man muss ja die Vorteile einer Großstadt auch ausnutzen) und der Eintritt ist das Monatsgehalt eines normal verdienenden Indonesiers. Nun könnte man denken, dass hier die Touristenquote umso höher ist, aber das stimmt nicht. Hier sind die Kiddies, die die Kreditkarte von Papi haben und sich mal einen schönen Abend machen wollen, natürlich in Designerklamotten gekleidet und mit eigenem Chauffeur, der vor der Tür wartet… ich hatte einen tollen Abend dort, weiß aber auch, dass das nicht meine Welt ist, dass es wahrscheinlich auch nie meine Welt werden wird.
Ansonsten ist Jakarta kein Ort, der in das Buch „1000 Orte, die man sehen muss, bevor man stirbt“ aufgenommen werden muss. Die Sehenswürdigkeiten sind in 3 Stunden gesehen und der Rest ist ein riesiges Häusermeer.
Was mich hier zur Zeit am meisten erstaunt ist die Liberalität in diesem Land. Hier kommen so viele Religionen auf einen Haufen und niemand stört sich daran, dass es unterschiedliche gibt, dass die einen mit einem Kopftuch, die anderen mit einem Kreuz an der Kette im Unterricht sitzen. Ich habe aus einem Gespräch mit einer Indonesierin erfahren, dass es 5 Religionen gibt, die da wären: die islamische, die katholische, die protestantische, die hinduistische und die buddhistische Religion. Das fand ich total interessant. Zum einen, dass Katholizismus und Protestantismus eigenständige Religionen sind und zum anderen, dass das Judentum nicht auftaucht. Als ich nach dem Judentum fragte, sagte sie, dass das keine Religion ist, nur ein „Believe“. Das Judentum wird hier total verneint und ich habe bereits viele Diskussionen um den Boykott Israels gehört. Für mich ist das nicht so einfach, da ich ja im letzten halben Jahr, viele Israelis und deren Sichtweise kennengelernt habe, vor allem, was den Krieg im Gazastreifen betrifft. Viele von ihnen sind sogar nach Israel zurück gegangen um im Krieg zu kämpfen. Jetzt bekomme ich die andere Seite mit und ich kann überhaupt nicht sagen, wer hier eher Recht hat. Alles, was ich weiß ist, dass der Hass und die Ablehnung des einen oder des anderen nicht zum Frieden führen. Es ist manchmal nicht einfach von einem Extrem ins nächste zu kommen, aber es zeigt mir immer wieder, dass es in der Welt kein Schwarz und kein Weiß gibt, sondern viele Arten von Grau.
Mit diesen Eindrücken und ein paar Bildern verabschiede ich mich, bis zum nächsten Mal.
Julia