Le boulot commence
anfänglicher Durchblick im MPT
Heute war der erste Tag, an dem ich demotiviert zur Arbeit gegangen bin. Es stand nämlich eine weitere «réunion» an und ich ging mit der Befürchtung in die Teambesprechung, dass ich wegen der Zahlen, die mir in Windeseile um die Ohren geschlagen werden, nichts verstehen würde, da ich mit französischen Zahlen noch immer so meine Probleme habe. Aber schon beim ersten Austauschen des nicht wegzudenkenden «ça va?» hat sich meine Stimmung gebessert. Nach den zahlreichen Bissous, die schon mal eine halbe Stunde dauern können, waren wir bereit für die Vollversammlung der 50 Freiwilligen der Französischkurse. Während dieses Tages habe ich viel gelernt, wie der Laden so läuft und sehr viele Projektideen bekommen. "Wir müssen unbedingt zusammenarbeiten, ich habe da so eine Idee. Du magst doch Theater total gerne, für Niveau 2 plane ich dies und das..." Mit solchen oder ähnlichen Worten wurde ich in der Pause überrannt. Aber nun von Anfang an:
Ich bin nun seit zwei Wochen als Freiwillige im Maison Pour Tous de Penhars tätig. Das MPT ist im Problemviertel Penhars mit einer hohen Arbeitslosigkeit und multikultureller Bevölkerung gelegen. Das Haus versucht vor allem, den Einwohnern dieses Viertels, aber auch Leuten von außerhalb, Platz für Kultur, Kreativität und Möglichkeiten des Austausches und der Bildung zu geben, indem es viele verschiedene Kurse, Workshops und Festivals anbietet. Einen großen Bereich bilden die «ateliers de la langue française». In diesen in fünf Niveaus unterteilte Französischkurse (angefangen mit Alphabetisation, dann Niveau 1 bis 4) können Anfänger als auch Fortgeschrittene jeden Montag und jeden Donnerstag jeweils 4,5h die französische Sprache erlernen. Die Kurse werden von rund 50 freiwilligen Rentnern gegeben, dementsprechend sind die Preise auch sehr niedrig gehalten und fallen mit der Bedürftigkeit auf bis zu 8€ pro Jahr. Wer sind die Teilnehmer dieser Kurse? Nun, man findet kaum in einem Kurs eine Nationalität mehrmals vertreten. Sie kommen aus europäischen Ländern, Asien, Afrika, Südamerika, Nordamerika. Wir haben Geflüchtete, Au Pairs, Freiwillige, Arbeitssuchende, Arbeitende... Tatsächlich sind Frauen mehr vertreten als Männer, das Durchschnittsalter beträgt Mitte 40.
Dann bietet das MPT in kleinerem Umfang noch 4 weitere Sprachen an und wöchentliche Kurse wie Theater (5 verschiedene Kurse), Malerei, Handarbeiten, plastische Kunst, Recycling, Spieleabende, Tanzen (7 verschiedene Kurse), Yoga, Gymnastik, Kochen, Gärtnern (wir haben eigen kollektiven Garten!), und natürlich Musik. Neben den wöchentlichen Kursen gibt es noch ein Jugendzentrum, einen Sektor für Kinder und viele einzelne Events, z.B. eine Modenschau oder das Besuchen von Museen. Das MPT besitzt einen Tanzsaal und einen «salle de spectacle» mit 300 ausfahrbaren Sitzen, wo regelmäßig kulturelle Veranstaltungen auch von außerhalb stattfinden. Nur um einen Einblick in die Größe dieses Zentrums zu geben. Ich selbst war sehr überrascht und gleichzeitig begeistert über die zahlreichen Möglichkeiten.
Und welche Rolle spiele ich in dem ganzen Getriebe? Ich arbeite im Sektor der Französischkurse, helfe dort den Freiwilligen mit der organisatorischen und pädagogischen Arbeit. So helfe ich z.B. den Neuankömmlingen, sich einzuschreiben. Direkt am ersten Tag musste ich die Unwissenden durch die komplizierten Formulare führen, ich als Unwissende, die auch nicht alle französischen Wörter für z.B. Steuernummer kennt und dem Bürokraten-Französisch lange noch nicht gewachsen ist. Selbst wenn ich dann die französischen Wörter weiß, bringt mir das auch nichts weiter, wenn die Person kein Französisch oder Englisch spricht oder gar schreibt. Aber irgendwie ist alles möglich! Gleichzeitig bin ich auch selbst Teilnehmer im Kurs Niveau 4, allerdings nur sporadisch, wenn ich gerade nicht gebraucht werde. So habe ich auch Einblick in „das Innere“ und ich muss sagen, ich fühle mich zurück in die Schule versetzt. Die doch sehr alten Lehrenden haben nicht so viel Elan und innovative Methoden wie ich es für nötig halte. Und deswegen bin ich da! Meine Mission besteht darin, die Französischkurse mit den anderen Aktivitäten des MPT zu verbinden. Die Idee ist, nicht nur im Klassenraum zu sitzen und dem Lehrer zuzuhören, sondern zusammen aktiv zu werden und nebenbei gezielt die Sprache zu lernen. Ein Beispiel: Die Teilnehmer eines Kurses veranstalten im Garten oder in der Küche ein Atelier und lernen so spezifische Vokabeln und können sich nebenbei im Quartier integrieren.
Und was habe ich bisher gemacht? Zunächst einmal Dutzende neue Leute kennengelernt, versucht, die Namen zu merken, aber schon in der nächsten Sekunde wieder vergessen. Mich unzählige Male präsentiert oder präsentieren lassen. Mich mit den Räumen vertraut gemacht. An drei Teambesprechung über Finanzen, Programm etc. (passiv) teilgenommen. Das Programm der Events für Oktober bis Dezember mitgeschrieben. Mit Schrecken festgestellt, dass die französische Tastatur eine andere ist und dann mit Erleichterung herausgefunden, dass sie doch gar nicht so anders ist. In einzelne Aktivitäten wie «le jardin» oder «café des habitents» mitgewirkt. Und jeden Tag viele neue Vokabeln gelernt, die ich den nächsten Tag schon wieder erkenne. Bis jetzt war die Arbeit noch etwas langweilig. Wie oft ich diesen Satz gehört habe: «Qu'est-ce que tu penses, c'est un très bon temps pour prendre un petit thé? Nämlich immer dann, wenn man nicht wusste, was man mit mir anstellen soll. Dementsprechend habe ich mich in den vergangenen Tagen etwas nutzlos gefühlt. Das möchte ich nicht schönreden. Aber ich denke, so langsam kann ich meine eigenen Projekte starten und so richtig loslegen.