Lächeln gegen Ausgrenzung
Was Solidarität für mich bedeutet? Die Freundschaft zu einer Klassenkameradin, dem mutigsten und stärksten Menschen, den ich kenne. Deutsch und Englisch.
Sie lächelt ununterbrochen, ist stets glücklich mit kindlicher Naivität und Charme.
Betritt sie den Raum erleuchtet er durch das Strahlen auf ihrem Gesicht.
Sie redet über Prominenz und Politik, das Kopftuch passt zum Outfit, betitelt selbstironisch ihren Körper, mag Literatur und Tanz.
Sie grinst. Und wie sie grinst.
Wenn man sie sieht, sieht man ihren Humor, ihre Hyperaktivität, ihre Bewegungen zur Musik. Man spürt ihre pure Intelligenz; ein Intellekt, der selbst Erwachsene in den Schatten stellt.
Sie hört auch dann nicht auf zu lächeln, als ihr Tränen die Wangen herunterrinnen.
Während sie sagt, dass sie lieber tot wäre. Lieber in Syrien gestorben als in diese norddeutsche Kleinstadt zu kommen. Man hat sie nicht gefragt, ob sie das will. Ihre Eltern, ausgebildete Neurologen, wollten nicht dort den Tod ihrer Kinder riskieren. Sie wollten leben.
Jetzt, in Deutschland, leben sie nicht mehr. Sie sind lebendig, doch sie leben nicht. Keine Arbeit seit drei Jahren, kein soziales Umfeld, nur Sprechprüfungen und Praktika, als wären sie bloß Kinder.
Sie weint.
Ihre Eltern sind depressiv, ihre Geschwister noch so klein. Niemand hat sie gefragt, ob sie leben will. Lieber sterben als die Vorbehalte und die Ausgrenzung, die nun ihr Alltag sind.
Da zwingt sie ihre Mundwinkel wieder nach oben, sie lächelt.
Mit ihren 18 Jahren bestand ihr halbes Leben aus Krieg. Ihre Freundinnen sind tot, an die Zukunft denkt sie nicht mehr. Es gibt nur den Moment, die Vergangenheit ist verschwommen. Zu unsicher das, was morgen kommt.
Keine Chance auf Stabilität, keine Chance auf Integrität.
Wie soll sie ankommen in einer Stadt, die ihr den Rettungsring zuwirft, doch ihn nicht ans Land zieht.
Noch während sie spricht, fängt jemand in der Schule an gegen eine Wand zu hämmern, sie kichert. Wir lachen beide, umarmen uns.
Ich liebe sie, und sie liebt mich. Wir sind beste Freundinnen.
Mehr Solidarität braucht es nicht.
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She never stops smiling, is constantly happy with childish naivety and charm.
If she enters a room, it lights up due to her bright face.
She talks about celebrities and politics, her hijab matches her outfit, she self-ironically labels her body, likes literature and dance.
She grins. And the way she grins.
If you see her, you see her humor, her hyperactivity, her movements to the music. You feel her pure intelligence; an intellect, which outstrips even adults.
She doesn't even stop smiling when tears are streaming down her cheeks.
While she says that she would rather be dead. Rather have died in Syria than get into this northern-German small town. No one asked her, if that is what she wants. Her parents, qualified neurologists, didn't want to risk the death of their children there. They wanted to live. Now, in Germany, they don't live anymore. They are alive, but not living. No work for three years, no social environment, just language exams and internships, as if they were children.
She cries.
Her parents are depressed, her siblings still so small. Nobody asked her. if she wants to live. Rather dying than the reservations and the exclusion that are now her every day life.
Now she forces the corners of her mouth upwards again, she smiles.
With her 18 years half of her life consisted of war. Her girl friends are dead, she doesn't think about the future anymore. She only seizes the moment, the past is blurry. Too unsure what will come tomorrow.
No chance of stability, no chance of integrity.
How is she supposed to settle in a town, that throws the life ring to her, but doesn't pull it to the shore.
While she is still speaking, someone at school starts to beat against a wall, she giggles.
We both laugh, hug each other.
I love her. And she loves me. We are best friends.
It doesn't need more solidarity than that.