Klassische Literatur - immer noch lesenswert?
Für viele Jugendliche sind sie ein Albtraum - Schullektüren, die alten Klassiker, Goethe und Co. Auch ich gehörte mal dazu, aber mittlerweile verstehe ich, warum so alte Bücher immer noch auf dem Lehrplan stehen - Ein kleines Plädoyer für klassische Literatur
Wir wurden alle gequält, mit Friedrich Schiller, Thomas Mann, Günter Grass oder Hermann Hesse. In vielen mühevollen Stunden wurden die Inhalte ihrer Werke analysiert und diskutiert. Aber warum liest man überhaupt noch die staubigen Klassiker? Kann man nicht zeitgenössische Kultur studieren, anstatt sich mit längst vergangenen Epochen zu beschäftigen? Das waren Fragen, die ich mir während meiner Schulzeit stellte, jetzt, mit Anfang Zwanzig, finde ich mich selber mit einem Klassiker in der Hand wieder.
Denn diese Bücher sind nicht umsonst so berühmt geworden, etwas in ihnen hat die Menschen ihrer Zeit berührt, hat sie bewegt oder empört. Von einem literarischen Aspekt gesehen sind diese Bücher Meisterwerke, in ihrer Komposition, ihrer Wortwahl und ihrem Duktus. Davon kann jeder/jede heranwachsende Autor/in profitieren! Klassiker sind darüber hinaus allerdings auch wahre Zeitzeugen, und geben uns ein Abbild ihrer Gesellschaft: Welche Themen haben Menschen damals interessiert? Welche Ereignisse erschütterten die Welt? Welche Vorstellungen von Liebe, von Freundschaft und von der Welt hatten diese Menschen?
Momentan sind vor allem Lebensratgeber, Management-Anleitungen und populärwissenschaftliche Bücher beliebt. Es ist ja auch gut dass mehr Menschen lesen, aber klassische Literatur und Fiktion im allgemeinen - im Gegensatz zu Ratgebern oder populärwissenschaftlichen Büchern - kann uns in Menschlichkeit unterrichten. Frank Farell, ein Literaturwissenschaftler, argumentiert in seiner Studie „Why does literature matter?“, dass literarische Texte eine Analyse der Realität darstellen, die sich von jeder anderen Wissenschaft unterscheidet - Schließlich hat man einen detaillierten Einblick in das Leben und Handeln eines (fiktionalen) Individuums. Er beschreibt Literatur als „interpersonal communication on the deepest levels“, also als Kommunikation auf den tiefsten Ebenen. Daher dient Literatur auch der Entwicklung von Empathie und Emotionen - Gerade weil man häufig in der Handlung und in den Charakteren verstrickt ist, nimmt einen die Handlung auch emotional mit.
Literatur inspiriert uns und weckt die Fantasie - Und das erlaubt uns, uns unser Leben auszumalen und selber zu gestalten. Viele meiner Freunde lieben es zu lesen, und als ich mit ihnen diskutierte, ob klassische Literatur heute überhaupt noch notwendig ist, meinte eine Freundin zu mir, dass das Lesen von Literatur sie gerettet habe. Gerettet ist vielleicht ein dramatisches Wort, aber sie erklärte mir, dass sie aus einem nichtakademischen Umfeld stammt, und war so einem, wo man wirklich keine Bücher findet. Sie Interessierte sich aber für Bücher und las dann so ungefähr die halbe Stadtbibliothek durch. Das Lesen erweiterte ihren Horizont und brachte ihr viel über das Leben bei - Und das war ihre Chance, dem Teufelskreis aus Harz4 und Desinteresse zu durchbrechen.
Viele Deutschlehrer*innen versuchen uns genau das zu vermitteln, dass Literatur uns viel bieten kann,wenn wir uns darauf einlassen. Um das allerdings zu erreichen, muss man mit viel Elan vermitteln und ein Verständnis für Literatur wecken. Wichtig wäre auch dabei, die Lehrpläne etwas mehr zu diversifizieren: Die meisten Autoren*, die wir lesen, sind in der Tat männlich und weiß - das vermittelt sonst auch ein sehr einseitiges Bild!
https://dappledthings.org/11152/why-read-literature/
https://home.isi.org/why-you-need-read-literature
https://www.fnp.de/lokales/hochtaunus/bad-homburg-ort47554/warum-literatur-klassiker-nicht-unterricht-wegzudenken-sind-10480617.html