Kausalität einer Krise
Dieser Artikel behandelt die tendenziellen Folgen der krisenhaften Entwicklung im Euro-Raum für die Jugend.
Über die “Globalen und spezifischen Ursachen der Euro-Krise” - so der Titel einer empfehlenswerten Publikation des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - ist schon viel geschrieben und viel geredet (aber wenig gesagt) worden. Doch welche Folgen hat diese Krise für die Jugend Europas? Über Marias Geschichte habe ich schon in einer dreiteiligen Serie exemplarisch gezeigt, wie sich die Krise für sie persönlich auswirkt. Doch welche grundsätzlichen Tendenzen lassen sich daraus ableiten?
Die erste Konsequenz ist deutlich abzulesen: Es wird schwieriger und härter sich im globalen Wettbewerb zu behaupten. Die Ausgaben der öffentlichen Haushalte im Zusammenhang der aktuellen krisenhaften Entwicklung sind größtenteils kreditfinanziert. Die Kinder unserer Enkelkinder werden immer noch damit beschäftigt sein, die finanziellen Lasten des Krisenjahres 2007 zu tragen. Diese Mittel fehlen für alles: Gesundheit, Bildung, Infrastruktur und Sicherheit. Die Folgen dieses zukünftigen zwanghaften Konsumverzichts kann man sich sehr einfach vorstellen: Ohne diese vier wichtigen Säulen kann auch die Wirtschaft nicht recht gedeihen – mit der Folge, dass es noch schwieriger werden dürfte, Verbindlichkeiten zu bedienen.
Der Sachverständigenrat weißt in seiner Publikation ausdrücklich darauf hin, dass „die heute zu beobachtenden hohen Defizitquoten im Euro-Raum sind somit nicht in erster Linie auf unsolide Fiskalpolitik zurückzuführen (sind). (…) Die Hauptursache liegt in einer exzessiven Kreditvergabe des Finanzsystems in den Boom-Jahren, die zu massiven Fehlentwicklungen im realwirtschaftlichen Sektor geführt hat.“ Im Klartext heißt das, dass wir – dabei kann man die exportstarken Länder allerdings ausnehmen - schlichtweg über unsere Verhältnisse gelebt haben. Die Konsequenz heißt möglicherweise eine Reduzierung des Konsums bzw. eine solidere Finanzierung zukünftiger Vorhaben. Meine Großmutter käme nie auf die Idee, sich einen Urlaub oder gar eine Wohnzimmereinrichtung auf Pump zu kaufen. Sie pflegt zu sagen: „Ich kann nur das Geld ausgeben, was ich habe.“ Kurzfristig entsteht vielleicht eine missliche Situation – aber langfristig zeigt sich hier Stabilität und Sicherheit. Dennoch muss auch bedacht werden, dass ein übermäßiger Konsum nicht für alle Länder ein Problem darstellt. Stark exportorientierte Länder wie etwa Deutschland und China beispielsweise konsumieren zu wenig und sparen zu viel. Dadurch gelangen die Salden von Im- und Exporten durcheinander.
Die traurige Wahrheit ist: Bis zum Jahre 2020 wird die öffentliche Gesamtverschuldung in Deutschland bei ungefähr 2,5 Billionen Euro liegen – gleichwohl wir eine Schuldenbremse haben. Ich habe keinerlei Vorstellungen, wie viel Geld das ist. Diese Summe ist für mich, ehrlich gesagt, nicht greifbar. Ich weiß nur, dass sie ungeheuerlich groß ist!
Zehn Prozent der Bundesausgaben sind Zinszahlungen – Tendenz steigend. Was könnte man nicht alles mit diesem Geld anstellen – da seit Jahrzehnten nahezu jeder Bundeshaushalt defizitfinanziert ist, beißt sich die Katze hier in den Schwanz.
Der Einbruch im Jahre 2007 hat gezeigt, dass unser Finanzsystem mehrere große Probleme aufweist: Die einzelnen Institute haben eine hohe Prozyklität und eine geringe Widerstandsfähigkeit. Einige Banken sind „too big to fail“, das heißt sie haben eine sehr hohe Systemrelevanz und müssen deshalb unter allen Umständen am Leben gehalten werden. Aus diesem Grund muss auch eine Insolvenz von größeren Bankhäusern möglich sein. Außerdem ist die Finanzaufsicht zum Teil nicht in der Lage, die komplexen Marktvorgänge zu erfassen.
Im Resümee stellen wir also fest, dass die Situation nicht unbedingt leichter geworden ist. Mit den vererbten Verbindlichkeiten müssen wir leben – diese Milch ist verschüttet. Es liegt nun an uns, die Dinge, die wir ändern können, auch zu ändern. Allerdings stellte auch schon Lichtenberg in seinen Sudelbüchern fest: „Ich weiss nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll."