Israel auf Persisch III: Erster Eindruck Teheran - Die Welt steht Kopf!
Monate der gewissenhaften und bis ins kleinste Detail ausgetüftelten Planung liegen hinter mir, denn ich habe eine aussergewöhnliche Reise unternommen: 2 Wochen Iran! Aber damit nicht genug - meine nächste Destination war ausgerechnet Israel...
Nach dem Trott der fast dreitägigen Zugfahrt ging es nun fast zu schnell - der Taxifahrer fuhr uns durch eine menschenleere Stadt Richtung Norden. Auf den Straßen waren kaum andere Autos unterwegs (was auf Grund der eher waghalsigen Manöver unseres Fahrers nicht unbedingt schlecht war), und die allgegenwärtige Landesflagge schien uns immer wieder versichern zu wollen - wir waren tatsächlich angekommen, im IRAN! Müdigkeit, Aufregung und die Eindrücke der neuen Stadt mischten sich in den Köpfen unter den Kopftüchern zu einem bunten Strudel aus Erwartungen und dem Wunsch, das Land in Minutenschnelle zu erobern.
Daraus wurde zunächst nichts, da der Taxifahrer die Adresse nur mühsam finden konnte. Mit der Hilfe einiger Straßenkehrer landeten wir schließlich im richtigen Viertel. Teheran wird von Süden nach Norden immer reicher, und wir waren in einer sehr schicken Gegend gelandet. Staunend blickten wir in die beleuchteten Schaufenster internationaler Luxuswarenhersteller und auf die großen Werbetafeln an den Straßenecken. Teheran wirkte verschlafen und neureich aus dieser Perspektive, nicht wie eine 15-Millionen-Hauptstadt. Dieser Eindruck änderte sich auch nicht, als wir unsere Destination erreichten: Ein schickes Apartmentgebäude mit Eingangshalle aus Marmor und Portier, der sogleich unsere Gastgeber anrief. Diese erwarteten uns in amerikanisch anmutenden Sportklamotten in der überheizten Penthousewohnung mit Blick über die Stadt und auf die Berge. Nachdem wir unsere Rucksäcke im Zimmer mit Südbalkon und WASSERbett abgelegt hatten, wurde auch das letzte unserer Klischees mit der Frage zerstört:"Mögt ihr lieber Wodka oder Whiskey?".
Mit einem Kaltgetränk ausgerüstet und lauter englischer Technomusik im Hintergrund (ebenfalls verboten im Iran) sahen wir der Sonne beim Aufgehen zu, ehe wir unser wohlig-waberndes Nachtquartier bezogen. Am nächsten Mittag, nach einem Frühstück aus Kaffee und Chips, wurden wir mit einem riesigen deutschen Auto durch die Straßen gefahren, besuchten eine edle Shisha-Bar und schließlich unseren zukünftigen Lieblingsort in der Stadt, das Cinema Museum im Norden Teherans. Das Museum selbst haben wir lustigerweise nie besucht, aber ein wunderschöner kleiner Buchladen hielt uns stundenlang in seinem Bann, und es gibt mehrere kleine Cafés in dem kleinen Park, der das Museum umgibt. Hier treffen sich vor allen Dingen junge Pärchen (wieder ein Klischee kaputt - wir dachten, Dating passiert nur heimlich), und trügen die Frauen keine (nachlässig gebundenen) Kopftücher, koennten wir uns auch in Berlin, Paris oder San Francisco befinden. Und wie in jeder dieser Städte holten auch hier meine Begleitpersonen direkt ihre Smartphones aus der Tasche und begannen, sich über diverse soziale Netzwerke (Facebook zum Beispiel funktioniert eigentlich nicht, aber alle haben sich einen VPN-Server heruntergeladen, der solche Seiten entsperrt) mit nicht-anwesenden Menschen in Verbindung zu setzen.
Der Abend verlief etwa so wie unsere Begrüßung - Wodka, laute Musik und Small Talk. Am nächsten Morgen juckte es uns daher in den Fingern, die Stadt richtig zu erkunden. Die Jungs unternahmen mit uns einen Ausflug zum ehemaligen Shahpalast (dem "Green Palace" genauer gesagt, es gibt mehrere), und wir sahen uns die für einen Herrscher doch eher bescheidenen Gemächer an. Bei diesem Besuch trafen wir mehrmals deutschsprachige Menschen, die in Deutschland ein neues Zuhause gefunden hatten und den Iran nun besuchten. Mehrere boten uns den Besuch an, und wir verließen das Gelände mit mehreren neuen Handynummern und Einladungen.
Danach stand iranisches traditionelles Essen auf dem Programm, doch es wurde nicht leicht, da die Restaurants in der Gegend, die wir aufsuchten, größtenteils entweder noch geschlossen waren oder per offiziellem Beschluss nicht mehr arbeiten durften. Eine Erklärung wussten unsere Gastgeber nicht. Am Ende aßen wir im Food Court einer neuen Shopping Mall, die Jungs Burger und wir selbst-zusammengestellten Salat. Außer, dass die Mall noch relativ leer war, gab es keine Unterschiede zum "westlichen Modell".
Nachdem wir uns noch iranische Simkarten nebst Guthaben besorgt hatten, hieß es schon Abschied nehmen - die Jungs brachten uns zum Busbahnhof, und in einem luxuriösen Reisebus ging es über Nacht zur zweiten Station im Iran: Esfahan!