Internetgigant am Abgrund? Warum Facebook immer mehr an Popularität einbüßt
Das weiße F auf blauem Hintergrund ist jedem Kind ein Begriff. Ob in Deutschland oder China, die Menschen können das bekannte Icon dem sozialen Netzwerk Facebook zuordnen, welches 2004 von dem Harvard-Studenten Mark Zuckerberg entwickelt wurde. Doch wo Facebook vor einigen Jahren noch als jung, modern und beliebt galt, wird es heutzutage vermehrt mit Falschmeldungen und Datenschutzverstößen in Verbindung gebracht. Die für Jahre unangefochtene Nummer eins der sozialen Netzwerke gerät immer mehr in die Kritik und verliert insbesondere seine jüngeren Nutzer vermehrt an Konkurrenten wie Instagram oder Snapchat. Doch was bieten diese Alternativen, was Facebook nicht hat und macht sie dies tatsächlich zu dem besseren Netzwerk?
Und dann kam Mutti...
Insbesondere um das Jahr 2010 herum, galt Facebook bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen als ausgesprochen modern und ansprechend. Das einprägsame F bat etwas Neues und Einzigartiges, es traf den Kern der Zeit und revolutionierte nicht nur in Deutschland die Nutzung des Internets. Alternativen oder Konkurrenten gab es keine und so avancierte sich Facebook innerhalb weniger Jahre zum Internetgiganten. Von Zuckerberg nur als Netzwerk für die US-Uni Harvard entwickelt, wuchs Facebook rasant zu einem weltweiten Phänomen heran. Texte, Bilder und Videos innerhalb von wenigen Sekunden mit Millionen von Menschen teilen? Freunden und Bekannten folgen oder sich digitalen Gruppen anschließen? Bilder mit einem einzigen Klick liken und kommentieren? Facebook bot etwas nie da gewesenes, womit einem schnellen Einzug in das alltäglich Leben nichts im Weg stand. Dieser Einzug ging sogar soweit, dass der Rat der deutschen Rechtschreibung den Begriff „Facebook“ im Jahr 2013 erstmalig in den Duden aufnahm.
Zuckerbergs Facebook ritt auf einer Woge des Erfolgs, welche paradoxer Weise vermutlich letztlich von ebendieser immer stärker wachsenden Beliebtheit gebremst wurde. Facebook sprach nach einiger Zeit nicht mehr nur die jüngere Generation an, sondern wird heutzutage auch von Eltern, Lehrern und Großeltern genutzt. Der Ort im Netz, welcher für die Jugendlichen einmal Freiheit und Grenzenlosigkeit bedeutet hatte, entwickelte sich somit zu einem sozialen Netzwerk für die ganze Familie. Mama kann sehen, mit wem der Sprössling befreundet ist, Papa kann sehen, was geliket wird. Facebook spiegelt somit heute genau das wider, dessen Fehlen es zuvor bei den Jüngeren so beliebt gemacht hat: Kontrolle und Einschränkung durch die Eltern. Es ist daher nicht verwunderlich, dass immer mehr Jugendliche Alternativen suchen, die von Erwachsenen noch nicht entdeckt oder verstanden wurden, um sich diesem Bann zu entziehen.
Das bessere Facebook?
Doch nicht nur die immer älter werdenden Nutzer Facebooks, sondern auch die überwiegend negativen Schlagzeilen rund um das soziale Netzwerk, bewegen viele junge Menschen heutzutage dazu, sich nach vermeintlich besseren Alternativen umzusehen. Fake-News, sogenannte Falschmeldungen, die über Facebook in kürzester Zeit weltweit verbreitet werden, spielten beispielsweise bei der Präsidentenwahl 2016 in den USA eine große Rolle. Facebook wurde eine Beeinflussung der Wahl und bewusste Verbreitung irreführender Informationen vorgeworfen, welche trotz Abstreitungen des Gründers weltweit für Aufruhe sorgten. Des Weiteren geriet der Internetgigant auch für den Umgang mit privaten Nutzerdaten in die Kritik. Ob der Verkauf von persönlichen Daten oder die Speicherung unverschlüsselter Passwörter, viele Nutzer fühlen sich bei Facebook nicht mehr sicher. Gleichzeitig steigt die Zahl der Anhänger bei Konkurrenten wie Snapchat und Instagram, wobei letzteres seit dem Jahr 2013 auch Mark Zuckerberg gehört, der dadurch seine Verluste bei Facebook sicherlich leichter erträgt. Trotzdem stellt sich für die Nutzer noch immer die Frage, ob ein Wechsel des sozialen Netzwerks wirklich die eigenen Ängste beendet. Sicherlich liegt der Altersschnitt bei den Instagramnutzern um einige Jahre tiefer als bei Facebook und Mutti kann so umgangen werden, doch kann ein Netzwerk, welches zu dem gleichen Gründer gehört und somit ähnliche Algorithmen beinhaltet tatsächlich die Privatsphäre besser schützen als sein Zwilling? Vermutlich nicht, denn die meisten Sicherheitslücken, die Facebook betreffen werden einige Wochen später auch bei Instagram aufgedeckt. Die Frage nach dem sozialen Netzwerk bleibt somit eine Wahl zwischen Pest und Cholera, bis ein neuer Gründer es wagt, Zuckerberg herauszufordern und das Internet zu revolutionieren. Doch solange dies nicht der Fall ist, können Nutzer, welche sich sehr stark um ihre Privatsphäre sorgen, auch auf Alternativen vergangener Jahre zurückgreifen. Was ist denn beispielsweise aus ICQ geworden? Skandale um Datenschutzmissbrauch gab es hier jedenfalls nie.
Ein Teil Europas
Trotz der vielleicht sogar in gewissen Zügen berechtigten Kritik an sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram, liegen die Vorteile dieser Dienste noch immer auf der Hand. Facebook hat die Aufrechthaltung von Kontakten über weite Entfernung in einem unglaublichen Maße optimiert, sodass auch viele europäische Jugendliche diesem Internetgiganten ihre internationalen Freundschaften verdanken. Nach Austauschjahren werden Facebook-Daten gewechselt oder nach Umzügen in ein neues Land durch sogenannte Language-Groups, Lerngruppen, welche sich über Facebook organisieren, nicht nur Sprachkenntnisse aufpoliert, sondern auch erste Kontakte in der fremden Umgebung geknüpft. Facebook bietet einen rasanten Austausch von Informationen und gibt jedem Mitglied die Möglichkeit, Personen aus fernen Ländern kennenzulernen, während gleichzeitig Kontakt mit der Heimat gehalten werden kann. Wo Menschen aus verschiedenen Ländern verbunden werden, da werden ebenfalls Kulturen und Traditionen ausgetauscht. Und wo Kulturen und Traditionen friedlich ausgetauscht werden, da wird der Grundstein für ein vereintes Europa gebildet. Denn Europa und die europäischen Jugendlichen benötigen Wissen über andere Länder und Sitten, um diese respektieren und alle Menschen, unabhängig ihrer Nationalität, gleich behandeln zu können. Facebook trägt mit seinem Konzept somit in gewissem Maße auch zu einem vernetzten und verbundenen Europa bei, was vermutlich sogar Gründungsvater der EU, Konrad Adenauer, bestätigen würde. Der Wahlspruch der EU, in Vielfalt geeint, wird auf der Internetplattform jedenfalls gelebt, häufig sogar besser als in der realen Welt.
Quellen:
https://www.nzz.ch/digital/facebook-verliert-junge-nutzer-ld.1358623
https://www.horizont.net/medien/nachrichten/Social-Media-Atlas-Facebook-verliert-immer-mehr-Teenager---und-wird-zum-Social-Altersheim-164846
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/facebook-speichert-millionen-passwoerter-unverschluesselt,RLN5REy
https://en.wikipedia.org/wiki/Facebook
https://en.wikipedia.org/wiki/Instagram