Ich vermisse euch
Ohrenschmerzen verursachen Heimweh
Nach neun Monaten kam die schlechteste und bisher traurigste Zeit seit ich in Berlin bin. Der Grund war ganz einfach: Ich hatte eine Ohrenentzündung, was ich früher nie hatte und das tat unglaublich weh. Zum Glück erledigte meine Koordinatorin alles so schnell, dass es für mich sehr einfach war, zum Arzt zu fahren. Dort akzeptierten sie meine Europäische Krankenversicherungskarte ohne Probleme. Obwohl viele Leute sich anboten, mich zu besuchen, etwas zu kaufen und dann mitzubringen (wofür ich sehr dankbar war), fühlte ich mich alleine, weil ich keine Lust hatte, zu kochen oder aus dem Bett aufzustehen. Mein Ohr tat so weh, dass ich nicht gut essen und auch nicht lachen konnte. Wer das schon mal hatte, weiß, worüber ich spreche. Ich habe meine Familie sehr vermisst und wollte nur noch zuhause sein, aber glücklicherweise dauerte dieser Zustand nicht länger als eine Woche.
Danach kam eines der bekannstesten und typischsten Feste in Deutschland: das Oktoberfest. Im Festsaal des Seniorenheims bereiten sie jedes Jahr etwas aus Bayern vor: Essen und natürlich Bier, das darf nicht fehlen! Ich wollte da hingehen, um die Stimmung zu genießen und natürlich auch, weil manche Bewohner und Mitarbeiter die typische Trachten trugen.
Ich wollte das Fest mit Herrn W. besuchen, aber er hat sich nicht gut gefühlt und hatte deswegen keine Lust. Daher entschieden wir uns, auf einer Bank im Garten zu sitzen, bis eine Krankenschwester kam, um uns Bescheid zu sagen, dass das Abendbrot auf seinem Tisch schon bereitet war. Herr W. und ich erscheinen wie eine Familie. Viele glauben, ich sei seine Enkelin und tatsächlich fühle ich mich, als ob es genauso wäre. Ich unternehme nicht nur viel mit den Bewohnern, sondern genieße es auch, mit ihnen zusammen zu sein. Ich sehe sie als meine Berliner Familie. Häufig kümmern sie sich um mich, um meine Zukunft, meine Pläne und um meinen Aufenthalt als EU Freiwillige.
Das beste Ereignis dieses Monats war der Besuch meines Bruders und seiner Frau. Mit ihnen ging ich zum Alexanderplatz, um Bier zu trinken und wir besuchten auch den Boulevard der Stars am Potsdamer Platz und schlenderten durch die Karl-Marx-Allee, wo ich bisher kaum war. Sie waren nur drei Tage in Berlin, aber sie haben das Wichtigste besichtigt und außerdem einen Platz, den ich nicht kannte und der mir sehr gut gefallen hat (sehr nah am Checkpoint Charlie und ohne Touristen) besucht: den Bethlehemskirchplatz. In der Nacht ist es dort besonders schön und es gibt eine Rekonstruktion als Lichtinstallation von der Bethlehemskirche zu finden. Die Kirche war 1943 durch Bomben zerstört worden. Die Rekonstruktion hat der spanische Künstler Juan Garaizabal entworfen. Noch eine Verbindung zwischen meinem Land und Berlin.