Hoppla, wo ist die Zeit hin?
Und da war es auf einmal schon Dezember... Ein guter Grund zu berichten, was seit dem Beginn meines Dienstes alles geschehen ist und was ich tagtäglich hier mache.
Wie die Zeit verfliegt... Jetzt bin ich auf einmal schon über drei Monate hier in Sarajevo und irgendwie fühlt sich diese Zeit paradoxer Weise nach viel mehr und gleichzeitig nach viel weniger an. Auf der einen Seite finde ich schon wie von selbst den Weg zu meiner Arbeitsstelle, ich weiß wo man gute Pita bekommen kann, wie man Päckchen verschickt, wie viel die Taxifahrt von der Stadt bis zu meiner Wohnung kostet (oder kosten sollte...) und wenn ich am Abend zu meiner Wohnung zurückkehre, fühlt es sich wirklich an als würde ich nach Hause kommen. Mittlerweile habe ich mich hier sehr gut eingewöhnt und der Alltag spielt sich ein.
In den ersten Wochen kam gefühlt jeden Tag etwas Neues auf mich zu. Wenn ich morgens aufgestanden bin, wusste ich nie was mich erwartet und so habe ich viele spannende Dinge erlebt. Leider habe ich es versäumt all diese kleinen und großen Ereignisse hier festzuhalten. Also nun im Schnelldurchlauf:
Ich habe in meiner Anfangszeit hier im Jugendzentrum nicht viel zu tun gehabt und daher sehr viel Kaffee getrunken, mit coolen Leuten geredet, mehr über die verschiedenen Projekte des Jugendzentrums gelernt und ich hatte die Chance mit den Mitarbeitern verschiedene bosnische Städte, wie zum Beispiel Travnik, Jajce oder Tuzla zu besuchen, weil sie dort verschiedene Besprechungen für Projekte hatten. Dadurch fand ich mich unverhofft in den Wohnzimmern verschiedener Priester wieder, habe ein Kindertheaterstück besucht, an Messen teilgenommen, viel über die Geschichte, die Kultur, die Politik und die Leute dieses spannenden Landes gelernt, die wunderschöne herbstliche Landschaft bewundern können und immer wieder tolle und interessante Menschen kennen gelernt.
Ende September fand dann mein erstes EFD Seminar statt. Auf diesem so genannten On-arrival training habe ich Freiwillige aus Frankreich, Italien und der Slowakei getroffen, die ihren Freiwilligendienst in Albanien und Serbien leisten. Es war eine tolle Gelegenheit neue Leute kennen zu lernen, die auch im Balkan ihren Freiwilligendienst machen und sich über viele Dinge auszutauschen, die teilweise sehr ähnlich, manchmal aber auch komplett verschieden sind. So haben wir zum Beispiel festgestellt, dass unsere Hintergründe und Vorgeschichten sehr unterschiedlich sein können. Während einige schon studiert haben oder einige Jahre Arbeitspraxis haben, kommen andere (wie ich) gerade frisch aus der Schule und haben gefühlt noch keinerlei bemerkenswerter Lebenserfahrungen.
Aber trotzdem sind wir hier in unserem Freiwilligenjahr alle in ähnlichen neuen Situationen, die uns alle herausfordern. Es war sehr spannend über all diese Dinge zu sprechen und neue Freundschaften zu schließen. Im Seminar selber haben wir auch viele nützliche Dinge über unseren Freiwilligendienst und die gesamte Struktur dahinter gelernt. Außerdem haben wir einiges darüber gelernt wie man Projekte organisiert und initiiert, was wir auch gleich an unserem „Projekttag“ in die Tat umsetzen konnten. Auch wenn wir am Anfang der Aufgabe, ein Projekt, das der Jugend Bosniens nützen sollte, innerhalb von ein paar Stunden zu planen und am nächsten Tag auszuführen, recht skeptisch gegenüber standen, lief das Ganze doch erstaunlich gut und es hat uns allen wirklich viel Spaß gemacht. Um kurz unsere Aktion zu beschreiben: Wir hatten uns vorgenommen Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Idee des Europäischen Freiwilligendienstes vorzustellen und die Leute darüber zu informieren, dass sie dadurch die Möglichkeit haben ein Jahr lang im Ausland zu verbringen, eine neue Sprache zu lernen, viele andere persönliche Kompetenzen zu erlangen und dort zu helfen, wo Hilfe benötigt wird. Dazu hatten wir einen großen Banner vorbereitet auf dem „Leave a mark, be a volunteer“ stand, mit dem wir uns mitten in die Altstadt stellten und auf dem die Leute ihren Handabdruck hinterlassen konnten. Dadurch wollten wir die Leute auf uns aufmerksam machen, während wir außerdem Infokärtchen verteilten und mit jungen Leuten ins Gespräch kamen. Es war ein tolles Gefühl am Ende das Tages zu wissen, das man auch recht spontan ein kleines Projekt auf die Beine stellen kann. Das ganze Seminar war eine tolle Erfahrung und ich freue mich dadurch einige Freunde gewonnen zu haben, die ich hoffentlich in meinem Jahr hier besuchen werde können.
Danach wurde ich dann endlich in meine Aufgaben eingeführt und konnte richtig mit der Arbeit beginnen. Was mache ich also hier im Moment genau? Meine Hauptaufgabe besteht darin vier Tage die Woche in einem Kinderheim auszuhelfen und dort Kinder von der Schule abzuholen, ihnen bei den Hausaufgaben zu helfen, mit ihnen zu spielen, zu basteln, Gitarre zu spielen oder zu tun, was sich sonst so ergibt. Einen Tag in der Woche bin ich im Jugendzentrum und bereite dort meine Deutschkurse vor, die ich zwei mal in der Woche gebe. Ich habe einen Kurs für einen fortgeschritteneren Schüler und einen Kurs für Anfänger. Auch wenn ich vorher noch nie unterrichtet habe, nie gelernt habe, wie man jemandem das Deutsche als Fremdsprache beibringt und auch kein Lehrbuch o.Ä. habe, funktioniert das Ganze doch erstaunlich gut und allmählich können sich meine Schüler schon über grundlegende Dinge auf Deutsch unterhalten. Außerdem verbringe ich einmal in der Woche eine halbe Stunde im Kindergarten des Jugendzentrums, wo ich den Kindern anhand von Liedern, Tänzen und Spielen die englische Sprache näher bringe. Auch hier sehe ich so langsam kleine Fortschritte. Wenn ich in den Kindergarten komme und die Kinder auf mich zu gelaufen kommen und mich mit einem fröhlichen „Good morning!“ begrüßen, ist das ein wunderschönes Gefühl.
Ich habe also sehr viel hier zu tun, was auch der Grund dafür ist, dass ich kaum Zeit gefunden habe um über all meine Erlebnisse zu berichten. Aber ich bin sehr glücklich darüber, so viele verschiedene Aufgaben zu haben und viel zu erleben, sodass gar keine Zeit für Langeweile oder Heimweh bleibt. Dank der Spontanität der Bosnier bleibt jeder Tag hier spannend und verläuft häufig sehr unerwartet, wodurch es für mich glücklicher Weise nie langweilig wird. Wer weiß was mich in den kommenden Monaten erwarten wird...
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