Here we go again
Lockdown, Filmpremiere und Zukunftsplanung...langweilig wird es nicht ;)
Da sind wir wieder: Frankreich ist im Lockdown. Und das schon seit drei Wochen. Offiziell ist es dieses Mal zwar kein Lockdown, sondern wird anders genannt, letztendlich sprechen alle außer der Regierung aber vom „Confinement“. Übersetzt bedeutet das für uns: keine Ausflüge weiter als 10km von unserem Apartment weg (in unserem Fall befindet man sich dann mitten auf dem Land), keine geöffneten Geschäfte mit Ausnahme der Grundversorgung und oft Arbeit im Homeoffice. Dabei haben wir es noch einigermaßen gut erwischt, denn das Radio bleibt offen und im Gegensatz zu so manch anderen Freiwilligen haben wir etwas zu tun.
Außerdem ist eine deutsche Freundin, wie schon beim Novemberlockdown, wieder zu uns gezogen und beglückt uns täglich mit neuen improvisierten Gerichten, von denen man als 19 jährige eigentlich nur träumen kann….dachte ich. Anscheinend haben es manche Menschen mit 19 aber einfach drauf, was das Kochen angeht. Bei mir ist da noch Luft nach oben, sehr viel Luft.
Was passiert also gerade in der dritten Etage, auch „Freiwilligenapartment“ genannt?
Wir räumen auf und um, putzen, versuchen, die Küche einigermaßen sauber zu halten, was ohne Besuch tatsächlich funktioniert, diskutieren über Gott und die Welt, lernen Französisch und puzzeln. Im Moment sitzen wir am zweiten Puzzle mit 1000 Teilen, einer Blumenvase von Van Gogh, bei dem die Farben der Puzzleteile absolut nicht mit den Farben auf der Verpackung übereinstimmen. In der ersten Woche haben wir einen Fluch der Karibik-Marathon veranstaltet. Jeden Tag einen anderen Film. Leider mussten wir am sechsten Tag feststellen, dass die Freude vorbei war und wir uns einer neuen Filmliste widmen müssen.
Außerdem hatte ich mein mid-term Seminar. In einer Gruppe von zwölf Freiwilligen, davon mindestens fünf SpanierInnen, auf ganz Frankreich verteilt haben wir vier Tage lang den Freiwilligendienst ausgewertet, neue Ziele gesetzt, uns über regenerative Landwirtschaft unterhalten, Worträtsel gelöst, Pläne für nach dem Confinement geschmiedet und Origamischmetterlinge gefaltet. Ich bin immer wieder überrascht, wie gut man doch ein Zoom-meeting gestalten kann. Natürlich ist es super schade, dass wir dieses Jahr nur vor unseren Laptops saßen statt in Narbonne alle zusammen in der Jugendherberge, aber daran will ich jetzt nicht denken und bin einfach froh so eine lustige Woche verbracht zu haben, auch wenn es „nur“ an meinem Schreibtisch war.
Ansonsten genießen wir gerade ein Wetter, das dem Ruf der Normandie überhaupt nicht gerecht wird. Strahlend blauer Himmel ohne Wolken, dazu T-shirt-Temperaturen. So sitzen wir am Wochenende draußen, verschlingen ein Buch nach dem anderen und tanken unsere Vitamin-D Reserven wieder auf.
Das große Ereignis der letzten Woche war ganz klar die Filmpremiere unseres Filmes „Jusqu‘ici tout va bien“ - “Bis jetzt ist noch alles gut“, ein kurzes Video über die Auswirkungen der Beschränkungen im MJC. Bitte nicht zu ernst nehmen ;) Uns geht es natürlich weiterhin gut und wir halten uns an die Corona-Regeln. Die Filmpremiere fand in meiner Einrichtung, dem MJC statt, mit allen Beteiligten des Videos. Ein Fotoshooting und Champagner waren natürlich auch dabei, das versteht sich doch von selbst ;) Apropos, ein Gerücht macht die Runde, dass Kinos Ende Mai vielleicht wieder öffnen, das wär doch was!
Vorgestern hatte meine Mitbewohnerin Geburtstag und wir haben ihn natürlich gebührend, so gut wie es eben im Lockdown geht, gefeiert. Kuchen, Mousse au chocolat und am Abend Pizza haben uns mal wieder in ein Food-Koma versetzt. Herausgeputzt wie schon lange nicht mehr, gab es neben rumänischen Kreistänzen auch noch einen Pinguintanz, von dem ich vorher noch nie gehört hatte. Haltet euch bereit, meine lieben Freunde in Deutschland, wenn ich wieder da bin, dann geb ich ihn an euch weiter :) Der Tag war alles in allem richtig schön und gerade der Abend hat die vorhandenen Lebensgeister aufgeweckt und wird in Erinnerung bleiben, soviel ist sicher!
Ich habe das Gefühl, die Zeit rennt. Zwei Drittel (!!!) meines Frankreichjahres sind schon rum, mir bleiben noch vier ganze Monate. Im Lockdown vergehen die Wochen nochmal schneller, weil wir am Wochenende nichts unternehmen können. Vier Monate, das ist ja fast gar nichts und gleichzeitig liegt der gesamte Sommer noch vor mir. Die andere Freiwillige und ich werden uns jetzt ziemlich reinhängen, um das ein oder andere neue (Film-) Projekt zu Ende bringen zu können.
Und dann gibt es da ja auch noch die Frage nach dem „Danach“. Was kommt nach dem Freiwilligendienst? Ein Studium, das steht schon einmal fest, aber wie soll man denn wissen, was das Richtige ist? Im Moment wird es besser, ich zweifle nur noch alle 72 Stunden meine Entscheidungen an. Unis googeln, Städte auf ihre Schönheit hin überprüfen, Sprachkurse vergleichen, „Welcher Studiengang passt zu dir“-Tests absolvieren, die zu keinem Ergebnis führen und Übersichtstabellen mit Vor- und Nachteilen erstellen, das alles ist tatsächlich eine Freizeitbeschäftigung geworden. Einerseits finde ich die Suche nach dem „richtigen“ Studium nervig und stressig und hinterfrage sowieso immer alle Entscheidungen. Andererseits macht es auch irgendwie Spaß. Ich habe wieder selbst in der Hand, wo ich Anfang diesen Oktober wohnen und womit ich mich die nächsten Jahre beschäftigen werden und um ehrlich zu sein, liebe ich es, mir Fotos von Städten anzuschauen und die verschiedenen Angebote von Universitäten zu vergleichen ;) Nichtsdestotrotz wäre es wirklich toll, wenn ich endlich zu 100% sicher wäre, was ich machen will!
À bientôt mes amis!
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