Halbzeit
Jewel kann es nicht glauben: sie hat die Hälfte ihres Freiwilligendiensts erreicht. Das Mid-Term-Meeting an der schottischen Westküste kam gerade recht; sie hat sich schöne Tage gemacht.
Mid-Term-Meeting! Mid-Term-Report und die Tatsache, dass meine Chefin schon die Freiwilligen für nächstes Jahr aussucht; das alles passt so gar nicht zu meinen Gefühlen. Einerseits kommt mir hier alles schon wie zu Hause vor, aber dass ich jetzt schon fast ein halbes Jahr hier bin, kann ich einfach nicht glauben.
Gerade im Moment ändert sich hier alles fast täglich. Einen Tag ist alles super: nette Leute, viel zu tun und ich bin einfach froh, in England zu sein. Manchmal sind es nur kleine Dinge, die mich zum Schmunzeln bringen, wenn zum Beispiel unser Manager immer "Thank you very much, indeed" sagt oder wenn ich bei Sonnenschein am Fluss in Newcastle entlang spaziere und die Touristen nur milde belächeln kann.
Dann gibt es aber auch andere Tage, an denen es einfach nur kalt, nass und langweilig ist. Gerade in letzter Zeit habe ich mehr Schreibarbeit im Büro gemacht als alles andere. Meine Chefin ist sehr nett, aber sie ist nur auf die Arbeit konzentriert, dass wir zum Beispiel einmal in der Woche vom Supermarkt abgeholt werden müssen, weil es zum Laufen zu weit ist, das interessiert sie nicht so wirklich.
Und so kam das Mid-Term-Meeting an der schottischen Westküste gerade richtig. Zusammen mit zwei anderen Freiwilligen vom National Trust in Yorkshire haben wir noch ein paar Tage Edinburgh drangehangen und so eine tolle Woche verlebt, in der man einfach mal die Vorzüge einer Großstadt genießen konnte und in den Tag reinleben konnte. Wir sind viel ausgegangen, dass war auch mal wieder bitter nötig. Normalerweise kommt das bei uns ja immer einem Staatsakt nahe, in dem Dorf hier gibt es ja nicht mal einen Pub. Und so verbringen wir die meiste Zeit in unserer Wohnung, zusammen im Wohnzimmer, weil unsere Zimmer ja viel zu klein und zu kalt zum Drinsitzen sind, und gucken witzige Filme, kochen zusammen oder sind einfach nur vier Mädels in einem kalten Stallgebäude in Nordengland. Umso unglaublicher ist es, dass Christina uns schon Ende März verlässt und meine Zeit auch schon halb um ist.