Halb Winter, halb Frühling- mein März in Norwegen
Über erste Skierfahrungen, Enttäuschungen, Angstüberwindungen, Entdeckungen und wie immer jeder Menge Liebe, schönen Momenten und Tränen
Heihei aus Solund!!
Der Monat ist schon wieder rum und gestern beim wandern, habe ich auch mal (laut, und auf deutsch) nachgerechnet, wie lange ich denn schon hier bin und wie lange es noch ist: Ich hab die Hälfte leider/schon geschafft!! 7 Monate sind vergangen, 5 kommen und ich kanns kaum erwarten (dass sie vorbei sind)
Aber jetzt erstmal zum März!
Die erste Märzwoche waren John und ich Betreuer auf der Schulskifreizeit in Voss. Ja,ihr habt richtig gelesen,ich sollte Betreurin sein, obwohl ich noch nie Skifahren war...(der eine Nachmittag in Hüttenthal mit 14 jahren, zählt nun echt nicht).
Wir sollten aber alle einen Kurs bekommen und es ist wohl auch Tradition, dass die Freiwillige mitfahren, also hab ich zu so nem Erlebnis nicht Nein gesagt. Ist schließlich norwegische Tradition: "The Norwegians are born with skies on their feet"
Hier an der Küste waren die meisten Kinder aber trotzdem noch nie Skifahren und wir hatten einen gleichen Start :P
Voss ist ein schöner und beliebter Skiort, nicht weit von Bergen und als wir ankamen waren wir erst mal etwas verwundert, ja wo denn der ganze Schnee und überhaupt das Skigebiet sein soll, Voss liegt im Tal und es war ziemliches frühlingshaftes Wetter..aber hier zeigt sich meine Unerfahrenheit: man muss natürlich mit der Seilbahn rauf aufn Berg.
Da haben wir dann die wunderschöne Schneelandschaft gehabt, inklusive 2 sehr guten Skilehrern, die mir natürlich auch erst mal den Übungshügel raufhelfen mussten, weil ich die letzte war,die da raufgekraxelt ist. Gott, hab ich meine Skier am Anfang gehasst, meine Skischuhe haben wehgetan, ich lauf wie ein Vollidiot und ich will den Scheiß nur noch loswerden..und wie zum Hölle bewegt man sich auf ner ebenen Fläche?
Meine Wut aus der Grundschule und auch aus der Teenagerzeit kam kurz wieder auf und mir ist wieder klargeworden warum damals keiner mit mir Fahrradfahren üben wollte...
Hab aber natürlich meine erwachsene Seite rausgekehrt und das gemeistert ohne jemanden anzuscheißen, dass ich keinen Bock mehr auf den Kram hab ( das kam dann später).
Überhaupt fühlte ich mich erstmal ziemlich wie Bambi das Reh, als wir dann auf die größere (für Anfängerverhältnisse) Strecke gegangen sind und ich einfach mehr oder weniger unkontrolliert da runter gerauscht bin und mehr überrascht als begeistert war, dass ichs geschafft hab ohne zu fallen.
Mein Hauptproblem anfangs war, dass ich einfach zu schnell geworden bin und vor lauter Panik mich hab fallen lassen oder auch mal gern in nen Busch an die Seite gefahren bin, was wohl sogar den Skilehrer aus der Fassung gebracht hat ( "Wie bist du denn HIER gelandet?")
Aber gegen Ende des ersten Tages konnten wir zumindest behaupten, es macht ja schon irgendwie Spaß- für John war es auch erst das 2. Mal
Am nächsten Tag waren wir dann noch auf der gleichen Strecke und langsam hab ich ein besseres Gefühl für das alles bekommen, auch wenn ich immer noch mehr Angst als Spaß bei dem allen hatte, weil ich einfach noch so mega unsicher war. Dann hat uns ein Skilehrer (hätt grad fast laerar geschrieben) einfach mal so in den Wald geschickt neben der Strecke und das heißt, du bretterst da wie ein bekloppter lang und versuchst die Bäume zu umschiffen- ich hab meine Methode angewendet: schön langgelegt und meine Skier 2 Meter n Abhang runter verloren. Da musste sich mein ansonsten sehr geliebter Lehrer auch kurz meine Wut anhören, warum zum Teufel wir hier hin gegangen sind,dafür sind wir ja wohl noch zu dumm! Ich habs gleich gewusst! 2 von dreien vor mir habens schon nicht um die erste Kurve geschafft!
Naja,ich hab jedenfalls tapfer weitergemacht, auch wenn ich etwas deprimiert bei dem Gedanken war, dass wir das jetzt 4 Tage lang machen sollen...Ich muss es sagen: Es war mehr Qual als Spaß und ich hatte es mehr oder weniger schon abegeschrieben,denn natürlich hatte ich kleine Erfolgserlebnisse, das so gepriesene Hochgefühl kam aber nicht und wie man Slalom fahren soll mit diesen klobigen Scheißdingern war mir auch nicht klar.
Also, jetzt kommts, ich hab es nur 2 1/2 Tage gemacht...nachts haben mich Horrorabfahrten ohne Bremsmöglichkeit begleitet und diverse Leute haben mir versichert, dass es ja immer jemanden gibt, der sich was bricht..wie es mir denn gehe?! Hab dann also beschlossen, ich bin nicht dafür gemacht und bin in die Stadt gegangen.
Habe mich mit Maxi getroffen, der deutschen Freiwilligen, die mit mir in Tromsø war und es war echt schön sich so schnell wieder zu sehen, sie wohnt in Oslo. Allerdings war ich so unglaublich geschafft vom Skifahren, dass die Treffen leider nur sehr kurz waren. Aber wir sehen uns auf jeden Fall nochmal! :)
Auf der Heimreise haben wir noch einen kurzen Stopp in Bergen eingelegt und waren Pizza essen und ich muss sagen: wie man Pizza macht wissen die Norweger!!
Es war so toll wieder mal in Bergen zu sein, irgendwie hab ich die Stadt sehr vermisst und natürlich hat es auch geregnet! Christian, der in Bergen arbeitet, hatte auch Zeit für ein kurzes Schnaggen in nem gemütlichen (koseligen) Cafe und John und ich konnten uns dann das Wochenende von dem ganzen Stress erholen. Haben beim Fahrradfahren dann auch erschrocken festgestellt, wie fertig wir doch sind...
Und dann kam Montags schon die nächste große Frage: wollen wir am Wochenende nochmal Skifahren gehen? Wieder mit der Schule und wieder als Begleiter? Ich habe lange mit mir gerungen, aber letzlich gedacht, dass ich keine Lust habe hier alleine ohne John rumzusitzen und eigentlich die Chance nutzen muss es nochmal zu probieren. Mein sportliches Ego hat mir keine Ruhe gelassen und außerdem sollte mein Nachbar auch mit fahren, also war ich nochmal kostenlos Skifahren, denn die Kinder haben sich mehr oder weniger komplett allein beschäftigt.
Und siehe da: Skifahren ist doch möglich! Mein Nachbar hat mir den ganzen Kram nochmal verklärt und mir geholfen und dann kam das versprochene Hochgefühl!!
Zuerst gab es aber einen ziemlichen Dämpfer der Stimmung, denn auf der ersten (!) Abfahrt hat John es geschafft zu verschwinden, weil wir unterschiedliche Strecken genommen haben und er alleine los ist. Das Wetter war auch derartig bescheuert, dass er es geschafft hat im Neuschnee stecken zu bleiben, seine Skier zu verlieren, das alles dann nicht mehr anbekommen hat und schließlich mitm Schneemobil runter zu kommen. Ich stand also unten an der Abfahrt und mein Genervtsein hat sich in Wut und schließlich in pure Angst umgewandelt, dass irgendetwas passiert sein MUSS mit ihm! Deswegen war ich auch dann auch nicht wütend, als er kam, sondern schlichtweg happy. Haben wir alle Glück gehabt :P
Die Hin- und Rückreise haben wir mit dem Auto bewältigt und ich liebe es einfach mit dem Auto in Norwegen zu reisen: wir haben eine Abkürzung direkt am Fjord entlang genommen und dementsprechend klein und kurvig war auch die Straße: Wunderschön!
Auf dem Heimweg hat dann auch ein Junge mal zusammengefasst was so die Meinung der Kinder über mich ist: „Irgendwie richtig seltsam, aber lustig“- ich bin vollauf zufrieden :D
Die folgenden Wochen war Roar, mein Mentor, in den USA und ich habe seine Katze versorgen müssen, das heißt ich bin mit dem Boot rausgefahren, habe die Katze gefüttert und danach 2 Stunden mit der Katze auf dem Sofa gekuschelt, und hatte eine kleine Auszeit von allem. Ich muss sagen, ich brauch das auch immer mehr. Es ist zwar schön die ganze Zeit was zu tun zu haben und unterwegs zu sein, dadurch bin ich gut abgelenkt und hab keine Zeit für schwere Gedanken, andererseits ist es auch anstrengend, weil ich dadurch nicht richtig zum Ausruhen komme oder eben zum Blog schreiben :P
Am Wochenende ist dann Christian aus Bergen zu Besuch gekommen, ich war ja schon mehrere Male bei ihm, und jetzt hatte er es auch mal hergeschafft! Das heißt wir waren wandern, haben im Secondhandshop Milchreis gegessen und waren auf der Insel bei meinem Mentor- die klassische Solundtour sozusagen! Auch haben wir das W geschafft bevor der große Regen angefangen hat, also genauso wie es sich gehört!
Allerdings musste er schon früher als geplant abreisen,da er mit meiner Chefin nach Bergen fahren konnte und nicht das sehr,sehr teure Boot nehmen musste. Man muss ja jede Mitfahrgelegenheit wahrnehmen! Und eine Autoreise ist immer schöner als eine Bootreise meiner Meinung nach. Aber ich schlaf eh immer gnadenlos ein, egal wo ich mitfahre :)
Am letzten Märzwochenende hatten wir das erste Mal in diesem Jahr richtig warme Temperaturen, für norwegische Verhältnisse halt,ne?! Und alle sind sie vollkommen ausgerastet und gleich mit kurzer Hose und T-Shirt in den Secondhandshop gekommen, auch wenn das 15° Grad nicht wirklich rechtfertigen. Aber wir freuen uns halt alle über Sonne und Windstille!
Mein eigentlicher Plan war nach Stavanger zu fahren und einer kleinen Reunion von Freiwilligen beizuwohnen, aber leider hatten sich alle Kollegen dafür entschieden wegzufahren und John war fischen auf einem richtigen Fischerboot auf den Lofoten, deswegen habe ich die Stellung gehalten in Solund. Habe mich im Haus von meiner Chefin eingerichtet, denn ich „wollte auf ihren Hund aufpassen“, das Haus ist aber auch sehr schön und neu und dann hab ich Hausbesitzer gespielt :) Inzwischen bin ich sehr gut darin geworden es mir alleine gut gehen zu lassen mit gutem Essen, Wein und Musik!
Sonntags hatte ich dann sogar meine erste Kajaktour in diesem Jahr! Wurde von Roar mit dem Boot abgeholt und seine sehr liebe Schwester hat mir das Kajakfahren näher gebracht und meinen ersten Sonnenbrand habe ich dann auch bekommen!
Und selbst die 2 Stunden Schlaf, die ich hatte haben mich nicht davon abgehalten die ruhige See und die vielen kleinen Buchten und Inselchen zu genießen! (Pubnächte in Solund sind harte Arbeit).
So, das wars dann auch zum März und allgemein kann ich einfach nur sagen, dass ich mich jetzt richtig zu hause fühle hier und mein Heimweh eigentlich weg ist- heißt aber nicht, dass ich mich nicht unglaublich darüber freue ENDLICH im August wieder in meinen Odenwald zu reisen. Oder meine lieben Odenwälder zu drücken und ihnen norwegische Ausdrücke beizubringen, die das Leben schöner machen!
Küsse, Küsse, Küsse
Mohini