Gibside Music Festival
Trotz Regens und missmutiger Menschen war die letzte Zeit für Rike87 ereignisreich. Eine Gartenparty und ein Handwerksmarkt standen auf dem Programm, ebenso wie die Vorbereitung eines Musikfestivals in Gibside.
Die letzten zwei Wochen waren mal wieder richtig ereignisreich, aber irgendwie hatte ich meine Kamera nie dabei, also mal keine Fotos.
Als wir in Wallington zur Garden Party ausgeholfen haben, waren wir im Bingo-Zelt untergebracht. An diesem Tag waren nämlich nur Leute aus Altersheimen u.ä. dort und offenbar ist Bingo spielen eine Lieblingsbeschäftigung von sehr vielen älteren Menschen in England. Man muss dabei beachten, dass es sich nicht einfach um das Vorlesen der gezogenen Zahlen handelt, nein, zu jeder Zahl gibt es noch einen Spruch, beispielsweise "two fat ladies - 88". Immerhin hatten wir eine Liste. Jetzt kenne ich mich also auch mit englischen Bingo-Begriffen aus. Was man nicht alles Sinnvolles lernen kann.
Letztes Wochenende fand in Gibside der so genannte „Heritage Skills Fair“ statt, also so eine Art Handwerksmarkt, bei dem wir, wer hätte es gedacht, mal wieder Nistkästen bauen durften. Das war diesmal noch schöner, weil wir kaum vorgesägtes Holz hatten und alles per Hand sägen durften, was vor allem die Herren der Schöpfung immer wieder dazu anregte, stehen zu bleiben und uns ganz schlaue Tipps zu geben, frei nach dem Motto "Mädchen sind dumm und haben zwei linke Hände". Da selbstverständlich beides nicht zutrifft, mussten manche auch unversehrter Dinge wieder abziehen.
Die letzte Woche haben wir hier damit verbracht, die Konzerte, die dieses Wochenende stattfanden, vorzubereiten. Schon zu Beginn der Woche fuhren sehr viele LKWs durch Gibside, vorzugsweise auf einem Weg, der eigentlich nur aus Schlaglöchern besteht, denn das ist der einzige Weg zu Green Close, dem Feld, wo alles stattfinden sollte. Das an sich war ja schon seltsam genug, aber im Laufe der Woche wurde auf dieser schönen grünen Wiese nicht nur eine Bühne, sondern auch das entsprechende Drumherum aufgebaut wie diverse Zelte, ein Burgerstand, die üblichen Toiletten etc. Man stelle sich also unseren hübschen Landschaftspark des 18. Jahrhunderts vor mit lauter Dixi-Klos drin. Wunderschön!
Ich war derweil damit beschäftigt, Banner aufzuhängen, Räder an Mülltonnen zu bauen (wow), die Schlaglöcher mit Schotter zu füllen (der sowieso nach jedem Regen wieder draußen ist, also wozu eigentlich der Aufwand), Kühlschränke in der Gegend rumzufahren und andere lustige Sachen. Wir hatten glücklicherweise noch eine Working-Holiday-Gruppe, die, zumindest meistens, auch sehr hilfreich waren.
Am Freitag fanden nur noch die letzten Vorbereitungen statt, bevor wir uns auf den Ansturm vorbereiten konnten (obwohl, eigentlich ist das nicht möglich). Von um vier bis um acht haben wir also Autos, Minibusse und Taxis in der Gegend herum geschickt, denn dann fing Friday Night Fever and Fireworks an mit Abba- und Queen-Coverbands. Ich persönlich kann zwar nicht verstehen, warum man sich so was antun sollte, aber vom Konzert an sich habe ich sowieso kaum was mitbekommen.
Kaum hatten wir was gegessen, kamen auch schon die ersten Taxis, um Leute wieder abzuholen. Dann fing erst der richtige Spaß an, denn von den knapp 5000 Leuten, die an dem Abend da waren, waren schätzungsweise alle betrunken. Da viele ihr Taxi ins nächste Dorf bestellt haben, mussten sie dort hinlaufen (wenn sie das noch konnten) und haben dadurch die Automassen, die gleichzeitig auch nach hause wollten, aufgehalten. Dadurch gab es sehr viel Unmut, den natürlich die Leute, die gerade da waren, abbekommen haben, sprich: alle Leute in gelben Westen, zu denen auch ich gehörte.
Als wir mehr oder weniger mit Leute nach hause schicken und den Nerven fertig waren, öffnete sich der Himmel und es kam ein wahrer Wolkenbruch herunter. So gegen eins war ich endlich in unserer Wohnung und ich muss sagen, ich konnte es wirklich kaum erwarten, an einem warmen, trockenen und vor allen Dingen ruhigen Ort zu sein. Manche Erfahrungen braucht man in seinem Leben nicht sammeln, z.B. von lauter Besoffenen umgerannt werden.
Das war dann also das erste der lang ersehnten Konzerte, von denen wir schon so viel gehört und auf die wir uns auch wirklich gefreut hatten. Der Samstag fing auch noch im strömenden Regen an, sodass die allgemeine Stimmung nicht gerade anstieg, doch wider Erwarten lief alles viel besser ab als am Freitag, zumal zur Midsummer Music nur halb so viele Menschen da waren, deren Alkoholkonsum auch noch deutlich geringer war. Klassische Musik scheint sich nicht so zum trinken zu eignen. Das war uns sehr recht und stattdessen haben wir hinterher alle noch ein Glas Wein getrunken, darauf, dass es endlich vorbei war.
Am Sonntag habe ich nicht viel gemacht, musste mich mal von dem ganzen Stress erholen. Inzwischen sind die "Nacharbeiten" auch fast erledigt und alle Leute sind urlaubsreif. Tja, so viel Zeit bleibt mir hier auch nicht mehr, ich werde dauernd gefragt, wann ich zurück nach Deutschland gehe und ob ich Gibside vermissen werde. Was ist denn das für eine Frage...