Geschlechtsselektive Abtreibungen und wie sie die junge Generation betreffen.
In Armenien ist die junge Generation bereit, ihr Kind abzutreiben, nur weil das Kind ein Mädchen ist. Die Regierung kämpft gegen den Sexismus.
Ich war 6 Jahre alt, als meine Mutter mir eine "lustige" Geschichte über die Reaktion von Mutter meines Großvaters auf meine Geburt erzählte. Am Tag meiner Geburt fragte sie meine Mutter, ob ich ein Junge oder ein Mädchen sei. Meine Mutter war der glücklichste Mensch der Welt und antwortete, dass das Baby ein Mädchen ist. Die Reaktion von der alten Frau war:
"Es ist ok, hoffentlich wirst du nächstes Mal mehr Glück haben". Damit meinte sie, dass eine glückliche Mutter einen Jungen und kein Mädchen haben würde.
Als ich auf der Straße ging, hörte ich eine schwangere Frau mit ihrer Tochter sprechen und ihr sagen, dass sie in die Kirche gehen und zu Gott beten müssen, um ihr einen kleinen Bruder und keine Schwester zu geben. Manchmal treffen nicht die Frauen die Entscheidung über die Abtreibung, sondern ihre Männer und die Mutter des Mannes, die sie zwingen werden, eine Abtreibung zu machen. Sie denken, dass eine Sohn so etwas wie eine Investition ist. Er wird erwachsen werden, arbeiten, mit ihnen leben und sich um sie kümmern, im Gegensatz zu einem Mädchen, das heiraten und gehen wird. Vor den Abtreibungen würden die Leute ihre Töchter Bavakan oder Herik nennen, was, , übersetzt aus der armenischen Sprache, "genug" bedeutet.
Leider existiert diese Mentalität in Armenien noch immer und infiziert weiterhin das Leben junger, frisch verheirateter Menschen.
Abtreibung in Armenien ist auf Antrag bis zu 12 Schwangerschaftswochen und in besonderen Fällen zwischen 12 Wochen und 22 Wochen erlaubt. Abtreibung ist seit dem 23. November 1955 legal, als Armenien eine Republik der Sowjetunion war, die aktuelle Abtreibungsgesetzgebung stammt vom Mai 2002. Sie ermöglicht es, dass Schwangerschaften auf Wunsch der Mutter bis zur zwölften Woche und aus medizinischen und sozialen Gründen bis zur zweiundzwanzigsten Woche mit Zustimmung eines Arztes beendet werden können.
Fast 40 Prozent der armenischen Frauen haben laut UNFPA mindestens eine Abtreibung erlitten. Im Jahr 2014 beendeten 21,77% der Schwangerschaften in Armenien mit einer Abtreibung, ein leichter Anstieg gegenüber dem historischen Tiefststand von 2010 (21,52%). Die Vereinten Nationen berichteten über eine Abtreibungsrate (ausgedrückt als die Zahl der Abtreibungen pro 1000 Frauen im Alter von 15-44 Jahren) von 13,9 im Jahr 2004 und 16,9 ab 2010.
Einer der Gründe für Abtreibung ist das Geschlecht des Kindes. Im Jahr 2016 wurde ein Gesetz zum Verbot der selektive Abtreibung erlassen. Das neue Gesetz führte auch eine obligatorische Beratung vor Abtreibung und eine 3-tägige Wartezeit ein. Das Gesetz wurde kritisiert, weil es die geschlechtsselektive Abtreibung als Vorwand benutzt, um den Zugang zur Abtreibung zu beschränke, obwohl die Regierung dies geleugnet hat, und behauptete, dass sie die Recht der Frauen auf Zugang zu sicherer Abtreibung nicht in Frage stellen wollten.
Geschlechtsselektive Abtreibung ist die Praxis des Schwangerschaftsabbruchs basierend auf dem vorhergesagten Geschlecht des Säuglings. Die selektive Abtreibung von weiblichen Föten ist am häufigsten, wenn männliche Kinder über weibliche Kinder gestellt werden. Im Allgemeinen wurde der Kaukasus als "von Männern dominierte Region" bezeichnet, und da die Familien in den letzten Jahren kleiner geworden sind, hat sich der Druck, Söhne zu bekommen, erhöht. Armenien hat in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts stark unausgewogene Geburtenzahlen erlebt. Für die Geburtsdaten 2005-10 wird die Geschlechterverteilung in Armenien als eine Funktion der Geburtsordnung angesehen. Unter den Paaren, die ihr erstes Kind bekommen, hat Armenien im Durchschnitt 138 Jungen pro 100 Mädchen pro Jahr. Wenn das erste Kind ein Sohn ist, beträgt das Geschlechterverhältnis des zweiten Kindes eines armenischen Paares durchschnittlich 85. Wenn das erste Kind eine Tochter ist, beträgt das Geschlechterverhältnis des zweiten armenischen Kindes durchschnittlich 156 Jungen für 100 Mädchen.
Armenien versucht, die geschlechtsselektive Abtreibung zu bekämpfen. In den letzten zwei Jahren gibt es ein von der EU finanziertes Projekt, das diese Stereotypen auf mehreren Wegen brechen versucht, darunter Rathaustreffen, Sensibilisierungskampagnen und Fernsehdiskussionen in ganz Armenien organisiert. Das Projekt wird von einer unabhängigen Denkfabrik und verschiedenen NGOs durchgeführt, darunter Save the Children, die rund 300 medizinische Fachkräfte an Bord nahmen. Die Organisation sagt, dass insbesondere Gynäkologen eine wichtige Rolle bei der Verhinderung geschlechtsselektive Abtreibungen gespielt haben. Der Ansatz von "Save the Children" besteht darin, die Familien zu bitten, sich auf die Ähnlichkeiten zwischen Mädchen und Jungen zu konzentrieren. Normalerweise kommen Eltern zu dem Schluss, dass sie nicht ganz so verschieden sind. Sie sind wirklich überrascht - sie sehen, dass Frauen in allen Bereichen des Lebens sehr engagiert sind und sowohl ihre Eltern als auch ihre Söhne unterstützen können.
Lokale Menschenrechtsverteidiger, lokale und provinzielle Behörden und Gemeindeleiter sind in der Lage, die lokalen Gemeinschaften wirksam in den Dialog über Geschlechtergleichstellung, Diskriminierung und reproduktive Rechte einzubeziehen. Es wurde bereits viel Arbeit geleistet, um das Bewusstsein zu steigern, aber es ist noch ein langer Weg zu gehen, bis geschlechtsselektive Abtreibungen in Armenian abgeschafft werden.
Meine Quellen:
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