„German Food Evening“, bayrisches Festmahl in Finnland
Mein erstes kleines Projekt, welches ich im Rahmen meines EVS durchführen wollte, hat mehr Arbeit in Anspruch genommen als erwartet. Es ist nicht einfach einen Abend mit traditionellem deutschen Essen und einem Haufen hunriger Teenager zu planen :)
Geplant haben wir das Zubereiten eines deutschen Gerichts. Problem: zu viel regionale Variation. Lösung: Ich wohne in Köln, also liegt ein Kölsches Gericht nahe. Umsetzung: Alle Jugendlichen wollen Brezen mit Weißwurst, das scheinbar einzige deutsche „Gericht“, welches im Ausland bekannt ist. Ok… ich bin flexibel. Nächstes Problem: Ich, eine aus Köln stammende Halb-Ostfriesin, habe keine Ahnung von Brezeln. Lösung: Brezelbäcker online, Rezepte rund um die Brezel. Juhu, Problem gelöst! Umsetzung: Schwierig. Deutsche Brezelrezepte fordern grundsätzlich dazu auf, eine 36% Natronlauge beim Bäcker oder in der Apotheke zu kaufen. Kein Problem in Deutschland. Finnische Apotheker gehen jedoch gleich vom Schlimmsten aus. Ich möchte nicht wissen, was dem jungen Pharmazeut durch den Kopf geschossen ist, als meine finnische Kollegin, die ich beauftragte die Lauge zu kaufen, unwissend 1 Kilo verlangte, obwohl wir nur 3-4 EL benötigten. Gut, es gibt also keine 36% Natronlauge für uns. Lösung: Natronlauge für den Hausgebrauch; im Supermarkt erhältlich. Nächstes Problem: keine Weißwürstchen im Supermarkt zu finden. Nicht einmal Bratwürste! 6 Meter an Kühlregalen nur mit Würsten gefüllt und weder Weißwurst noch Bratwurst?! Lassen wir es gut sein mit der Begründung: ich bin in Ostfinnland. So waren wir gezwungen auf die Würste, die erhältlich sind, auszuweichen: Bockwürste. Doch da unsere Jugendlichen so „hungrig“ (meint „verfressen“) sind und direkt „aus der Schule“ (meint „nach einem Tag, den man anstrengend damit verbracht hat nicht beim Schwänzen erwischt zu werden“) kommen, müssen wir eine höhere Eiweißzufuhr gewährleisten. Damit unser Gericht nicht ganz so trostlos wirkt, gibt es zu Brezeln und Bockwürsten noch schwedische Fleischbällchen. Unser aktueller Speiseplan lautete also: selbstgemachte Brezeln, Bockwürste, Fleischbällchen, Kartoffelsalat, süßer Senf und Sauerkraut.
Naja, einiges davon würde ich schon als typisch deutsch bezeichnen, vielleicht nicht unbedingt diese Kombination. Aber Deutschland ist mittlerweile ein Land der Interkulturalität, warum soll diese nicht auch in unserem Essen zu spüren sein? :)
Das Brezel-Backen lief anständig, auch wenn einige Teilnehmer anstatt der bewährten bayrischen Brezelform es vorzogen, kleine Hinterlassenschaften von Hunden nachzubilden (meint „Hundehaufen“). Die meisten Brezeln sahen jedoch bildhaft schön aus; ich bin sehr stolz auf meine Jugendlichen. Aber wer denkt, dass sich nur alte Leute oder Gourmets über Essen beschweren können, hat diese Teenager noch nicht erlebt. Die Brezeln seien zu salzig, der Senf zu süß, der Salat zu fleischlos und der Sauerkraut zu säuerlich (kann ich nachvollziehen; finnische Mägen müssen sich an solche Kost erst gewöhnen um mit den deutschen Mägen mithalten zu können, die jahrelang durch immer wiederkehrende Portionen des säuerlichen Krautes, welches übrigens auch vielen Deutschen nicht schmeckt, traktiert wurden).
Trotzdem war der Abend ein Erfolg; keiner hat sich verbrannt, nichts ist explodiert und die Küche ist immer noch funktionsfähig. Die Jugendlichen und ich hatten Spaß und das ist die Hauptsache :)
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