Gefährlich, Englisch, Künstlerisch
Mit welchen drei Worten würde ich meine letzte Woche beschreiben?
Weil hier kaum ein Tag dem anderen gleicht, möchte ich von meiner letzten Woche erzählen.
Milch-Montag. Nach dem Unterricht und der Arbeit zeigte mir meine Freundin eine Bäckerei, in der ich frische Milch kaufen kann. Für 6 RMB, frisch abgefüllt. So konnte ich am nächsten Morgen das erste Mal seit 3,5 Monaten wieder Müsli mit frischer Milch frühstücken. Den restlichen Montagabend verbrachte ich in der Wohnung einer Freundin. Nach 3,5 Monaten schaute ich das erste Mal wieder Netflix: 'Black Mirror', sehr zu empfehlen.
DER Dienstag ( weil mir kein besserer Name einfällt). Auf ging es zur Bowlingbahn. Strike! Einmal, innerhalb von zwei Stunden. Auch trotz der Blicke der anderen Gäste hatten wir Spaß. Als wir gerade gehen wollten, entdeckten wir neben der Bowlingbahn einen Raum, in dem man Bogenschießen konnte. Also bekam jeder von uns die Schutzkleidung für Arm und Hand und los ging's. Eigentlich dachte ich, das wäre nix für mich, aber ein Bogen in der Hand, angespannter Oberkörper verschafften mir irgendwie innere Ruhe. Eindeutiger Wiederholungsbedarf!
Maler-Mittwoch. „Loving Vincent“. Ich weiß nicht, wie bekannt der Film derzeit in Deutschland ist. Kurzer Überblick: Es geht um die Beleuchtung des mysteriösen Todes von Vincent Van Gogh. Das Interessanteste dabei ist, dass der gesamte Film gemalt wurde, im Stil Van Goghs. An dieser Arbeit waren über 100 Maler beteiligt. Nur eines von Van Goghs 800 Bildern wurde noch zu seinen Lebzeiten verkauft. Sein eigentlicher Erfolg kam erst nach seinem Tod. Der Film ehrt ihn, die Bilder sind beeindruckend. Und sein Malstil ist perfekt, um die Emotionen der Darsteller zu veranschaulichen. Es ist schwer zu beschreiben. Man muss es sich ansehen.
Dogsitting-Donnerstag. Ich lernte eine junge Mutter kennen, die über Neujahr zu ihrer Familie fliegt und einen Hunde- und Wohnungssitter braucht. Das werde ich sein! Drei Wochen lang ein 1,40m-breites Bett, keine Ausgangssperre nach 22.30 Uhr, keine zu kahlen Wände und jeden Tag ein kleiner süßer Pudel, der mich glücklich begrüßt, wenn ich nach Hause komme. Da helfe ich doch gerne aus.
Freaky-Friday. Zuerst ging es mit Kollegen und deren Freunden in ein bekanntes Hotpot-Restaurant. Die Tische sind so begehrt, dass das Restaurant einen extra Wartebereich mit Spielautomaten, Maniküre etc. eingerichtet hat. Wir bekamen zum Glück sofort einen Tisch und langten ordentlich zu. Das Highlight kam am Ende. Ein Mann wedelte vor unseren Augen den Nudelteig umher und ließ ihn über unsere Köpfe fliegen, damit er die perfekte Dicke bekam. Nach dem Essen, ließ ich mich mit dem Taxi in eine Bar fahren. Diese Bar besteht zu 75% aus ausländischen Gästen. Das bedeutet, niemand wird angestarrt. Oder wenn, nicht wegen seiner Herkunft. Sehr angenehm. Richtig witzig wurde es, als sich der betrunkene Barbesitzer (60) zu uns setzte und anfing Trinkgeschichten zu erzählen. Für die Silvesternacht wurde für uns bereits ein Tisch reserviert und der Barbesitzer versprach uns Bodyshots auf dem Thresen.
Seid ihr Hitlerfans?-Samstag. Um 18 Uhr stand unser Bastelabend an. Da derzeit viele Prüfungen anstehen, kamen nur vier Studenten. Die waren dafür umso motivierter und blieben 2,5 Stunden. Wir hörten kölsche und englische Weihnachtslieder, bastelten Sterne und Karten. Danach verschlug es mich mit einer Freundin noch in eine Bar, wo ich die Clique einer Kommilitonin kennenlernen konnte. Amerikaner, Englischlehrer, betrunken. Sie lachten gerne, aber leider über die falschen Witze. So wurden ich und meine Freundin (Deutsche) gefragt, ob wir Hitlerfans seien. Als sie Nein antwortete, auf eine Frage, die wir beide nicht erwartet hatten, war das Thema für die anderen aber noch nicht abgehakt. Ich fand es sehr erschreckend, wie unsensibel sie waren. Anderes Beispiel: Meine Kommilitonin erzählte von einer Reise nach New York. Sie war sehr enttäuscht, weil es überall gestunken hätte und überall hübsche Mädchen gebettelt hätten. Sie sagte, es hätte ihr das Herz gebrochen, solch hübsche Mädchen betteln zu sehen. Bei Schwarzen sei ihr das egal, aber nicht bei jungen hübschen Mädchen. Alle lachten. Ich war fassungslos. Bin es immer noch. Und für mich steht fest, dass ich mit diesen Menschen nicht mehr ausgehen möchte.
Heute. Schläfriger Sonntag. Ich sitze im Bett, lehne mich an meine Heizung, lasse die vergangene Woche Revue passieren und plane gedanklich bereits die kommende. Denn Weihnachten steht vor der Tür! Ich muss noch Weihnachtseinkäufe erledigen und backen. Und auf den kitschigen Weihnachtspulli warten, den ich mir bestellt hatte.
Noch eine schöne restliche Vorweihnachtswoche an alle!