Familienangelegenheiten;)
Nicht nur in Deutschland, sondern vor allem auch in Polen gilt die Familie als das Wichtigste im Leben. Dementsprechend habe ich mit dem Besuch meiner eigenen Familie, dem Erleben einer sehr polnischen Familienfeier und meinem Besuch bei meinen entfernteren Verwandten eine sehr bedeutsame Woche verbracht.
Letzte Woche habe ich zusammen mit meinen Eltern, Großeltern und Brüdern eine ereignisreiche Woche in Krakau erlebt, in der selbst ich die Stadt noch einmal neu kennen lernen konnte.
So haben wir in vielen unterschiedlichen Restaurants und Cafés gegessen (die nicht alle meinem Budget als Freiwillige entsprochen haben), viel von der Stadt selbst gesehen und Ausflüge in die Umgebung gemacht.
Am Mittwoch waren wir zum Beispiel im schönen Städtchen Tarnow, östlich von Krakow und anschließend in Zalipie, einem Dorf, in dem fast alle Häuser mit bunten Blumengirlanden bemalt sind.
Wir haben bei Kletzmermusik in einem jüdischen Restaurant in Kazimierz, dem jüdischen Stadtviertel in Krakow, gegessen, wir waren zusammen zu Besuch in ALF, haben die Uni besichtigt und schließlich waren mein Bruder Joris und ich auf der Abschiedfeier meines griechischen Mitfreiwilligen Michalis, der gestern schon nach Hause geflogen ist.
Am Samstag haben wir uns dann vorerst getrennt, weil ich auf der Hochzeit meines ehemaligen Mitarbeiters in ALF, Michał, und seiner Verlobten Magda eingeladen war. Während ich also Richtung Süden in die Berge gefahren bin, ist der Rest meiner Familie zu meinen in Polen verbliebenen Verwandten nach Niederschlesien aufgebrochen.
In Harklowa, einem Bergdorf nahe Zakopane, habe ich dann das Glück gehabt, eine original polnische Familienfeier miterleben zu dürfen. Das war für mich ein sowohl schönes, als auch interessantes, rührendes und vor allem sehr leckeres und spaßiges Erlebnis. In Polen ist die Hochzeit, vor allem natürlich die kirchliche, eines der wichtigsten Feste im Leben eines Menschen und wird dementsprechend üppig und ausgelassen gefeiert. Nach dem Gottesdienst in einer der für diese Region typischen bemalten Holzkirchen wurde dann in einem gemieteten Saal bis tief in die Nacht ausgelassenst gefeiert. Dabei hat das Brautpaar nicht nur keinen einzigen Brauch ausgelassen (mein persönlicher Favorit war der Moment, als der Bräutigam der Braut unter den Rock kriechen musste, um ihr mit den Zähnen das Strumpfband auszuziehen:)), sondern auch in üppigster Weise für das leibliche Wohl der Gäste gesorgt. Leider hatte ich mich schon beim ersten Essen etwas übernommen, weil ich nicht damit gerechnet hatte, dass im Stundentakt ein Gang nach dem anderen aufgetragen würde. Insgesamt wurden von 18.30 Uhr bis 03.00 Uhr nachts sieben Mahlzeiten serviert, die jede für sich als Abendessen mehr als ausgereicht hätte. Dazu standen Käse, Wurst, Brot, Kuchen, Kekse und Obst sowieso auf den Tischen und ein Buffet mit Fleisch und Beilagen gab es auch. Für meine Weigerung, um drei Uhr nachts dann noch Suppe mit gefüllten und ausgebackenen Pfannkuchenrollen zu essen, hatten die Polen aber trotzdem kein Verständnis:).
Nachdem ich gegen vier Uhr die Feier mit vom Tanzen schmerzenden Füßen, einem übervollen Bauch und einer Flasche Hochzeitswodka und Kuchen als Geschenk verlassen hatte, bin ich am Sonntagmorgen dann auch Richtung Niederschlesien aufgebrochen, wo ich mich mittags wieder mit meinen Eltern getroffen habe. So habe ich leider die Poprawiny, den zweiten Teil der Hochzeit verpasst, der am Tag nach der eigentlichen Vermählung stattfindet und im Grunde eine Wiederholung der ganzen Feier ist. Jedenfalls ist mir jetzt klar, warum sich Polen für ihre Hochzeiten verschulden, ich habe aber auch gemerkt, wie sehr es mir gefallen hat, dass Feste auch wirklich ausgelassen und ohne Hemmungen gefeiert werden. Im Vergleich zu dieser Hochzeit wirken sämtliche deutsche Familienfeiern, die ich bisher erlebt habe, ziemlich steif und eher dezent, um nicht zu sagen ein bisschen langweilig.
Trotz allem war ich über ein bisschen Ruhe nach der Feier auch ganz froh und habe den Besuch bei der Grundschullehrerin meiner Mutter und später bei ihren Cousinen sehr genossen.
Am Dienstag waren wir sogar noch einmal in Wroclaw, sodass ich die Stadt auch noch einmal ohne Schnee und Frost erleben konnte. Zum Abschluss haben wir Trautka, die Cousine meiner Mutter und ihren Mann Sigmund besucht und dort zu Abend gegessen.
Die Herzlichkeit, mit der wir bei quasi fremden, wenn auch entfernt verwandten, Familien aufgenommen und verpflegt wurden, sowie die Vertrautheit, mit der sowohl meine Verwandten als auch Magdas Familie in Harklowa mit mir umgegangen sind, hat mich immer wieder aufs neue gerührt und ist definitiv eines der Dinge, die ich in Polen am meisten schätzen gelernt habe.
Nach dieser spannenden und lebhaften Woche sind sowohl ich, als auch meine Familie am Dienstag wieder heimgekehrt, wenn auch vorerst noch mal in entgegengesetzte Richtungen. Trotzdem wird mir aber jetzt immer deutlicher bewusst, dass meine Zeit in Polen langsam zuende geht, was natürlich sowohl mit Vorfreude auf daheim als auch mit zunehmender Wehmut einhergeht. Ich habe die Polen und ihr Land in diesen acht Monaten doch immer wieder neu schätzen und lieben gelernt und habe jetzt schon fest vor, irgendwann noch einmal zurückzukommen.
Viele liebe Grüße,
Kora