Evaluation
Eine Bilanz nach der Hälfte meines Freiwilligendienstes und noch ein bisschen was Aktuelles.
Die Hälfte meines Freiwilligendienstes auf Zypern ist mittlerweile vorbei.
Fünf Monate in diesem kleinen Land mit seinen Bewohnern, den Marias, Elenis, Kostas und Giorgos, die alle ein bisschen konservativ sind, gerne essen und sich ausschließlich autofahrend fortbewegen. Fünf Monate auf einer Insel, welche irgendwie so weit weg von Europa ist, über welche man kaum etwas weiß. Eine Landschaft, dessen ausgetrocknete Natur mich bei meiner Ankunft an eine Wüste erinnert hat und sich nun immer mehr in eine grüne Schönheit verwandelt. Das Stück Land im Meer, welches in zwei Teile geteilt ist.
Es folgt ein kurzes Resümee zu meinen verschiedenen Lebensbereichen.
Arbeit:
Ich weiß mittlerweile, was bei dem Gebrauch des Gebäudes an sich beachtet werden muss, wie es vorbereitet und hinterlassen werden muss und was von mir erwartet wird, wenn die verschiedenen Workshops stattfinden. Und ich habe schnell festgestellt, dass die Masse der anfallenden Arbeiten sehr stark schwankt. In Perioden, in denen neben dem Alltagsbetrieb nicht passiert, kann es auch schnell mal sehr langweilig werden die Schicht abzusitzen. In dieser Zeit ist die Eigeninitiative gefragt, es ist also auch die Zeit in der man mal kleine Projekte von sich aus in Angriff nehmen kann. Ich habe zum Beispiel kürzlich, weil wir uns im Januar in genau so einer Periode befunden haben, kleine Poster mit Anleitungen zur Zubereitung verschiedener Kaffeespezialitäten gestaltet. In solchen Wochen komme ich meist nur auf 25 Arbeitsstunden. In anderen Wochen fallen dann plötzlich mehrere Ereignisse und Events zusammen und es fehlt an allen Ecken und Enden, dann kann es im schlimmsten Fall, zum Beispiel wenn wir ein Training beherbergen, schon mal so sein, dass ich eine Woche lang von morgens bis abends im Zentrum verbringe.
Zuhause:
Die Tatsache, dass ich von „meinem Zuhause“ spreche, ist, so denke ich, ein Zeichen dafür, dass ich wirklich angekommen bin. Manchmal kommt es im Gespräch dadurch dann aber auch zu Verwirrungen, so dass dann manchmal noch eine Ergänzung wie „zuhause in Deutschland“ oder „zuhause hier auf Zypern“ folgen muss. Mit meinem Zimmer habe ich einen Rückzugsort, in dem ich mich wohl fühle und der mittlerweile meiner Persönlichkeit entsprechend dekoriert wurde. Mit der Küche und dem großen Wohnzimmer haben wir genug Platz, um uns in der WG zu sozialisieren.
Einen Nachteil der Größe unseres Appartements haben wir auch relativ schnell festgestellt: Es gibt viel zu putzen! Wenn wir nicht stumm darüber übereinstimmen, es zu lassen, in einem wöchentlichen Rhythmus, besonders unbeliebt bei mir zumindest sind die Badezimmer mit dem dreckanziehenden Fliesen, die das Putzen ohne Staubsauger, nur mit dauerschmutzigem Besen und regelmäßig versifften Mob zur echten Nervenzerreißprobe macht.
Leute:
Die wichtigsten Bezugspersonen sind für mich überraschenderweise meine Mitfreiwilligen. Beide keine einfachen, aber auf jeden Fall sehr interessante und sympathische Charaktere. Wenn sie nicht gerade einen schlechten Tag haben, ist das Zusammenleben mit ihnen sehr angenehm und ich weiß sehr zu schätzen, dass wir offen über alles reden können. Ich bin gespannt, wie es für die beiden nach dem EVS weiter geht und denke, dass dies eine gute Voraussetzung ist, um auch über längere Zeit nach diesen 10 Monaten Kontakt zu halten.
Abgesehen davon habe ich noch keine richtig festen Freundschaften geschlossen, von denen ich denke, dass sie langfristig bestehen können. Ich verbringe gerne Zeit mit den Mitarbeitern aus dem Kulturzentrum und habe eine Menge nette Leute kennengelernt. Mir fehlt ein bisschen der Kontakt zu Gleichaltrigen, meine Bekanntschaften sind entweder deutlich jünger als ich oder mindestens 25. Ich erkläre mir das so, dass die meisten Leute in meinem Alter im Ausland (oftmals in Griechenland) studieren.
Jetzt noch etwas zu meinen letzten Wochen, beziehungsweise zu den Wochenenden, auf die ich mich beschränken werde.
Vorletztes Wochenende war ich mit Natacha in Limassol. Wir haben in dem Haus eines anderen Freiwilligen übernachtet, wo ich einer sehr sehr hässlichen Katze begegnet bin, die Art, bei der das ganze Gesicht auf eine kleine atmungsbehindernde Nase zuzulaufen scheint. Am Sonntagmorgen wurden wir dann von einem Paar abgeholt, das auf dem elterlichen Grundstück sein Interesse für alternative Bauformen auslebt. Wir konnten die halbfertigen Ergebnisse mehrerer Versuche bewundern und bei dem neuen Projekt, einem Waschhaus aus mit lehmiger Erde gefüllten übereinandergeschichteten Säcken, selbst Hand anlegen. Wirklich sehr interessant! Ich werde versuchen nachträglich noch Fotos zu posten.
Letzten Sonntag bin ich mit Panayiotis und seiner Familie, inklusive der Hunde, in das Troodos Gebirge gefahren, um einen Nachmittag im zypriotischen Schnee zu verbringen. Besonders eindrucksvoll war es für mich in dem (an dem Tag) sonnigen Nikosia bei 18°C ins Auto einzusteigen und dann eine Stunde später im Schnee wieder auszusteigen. Das nenne ich mal ein abwechslungsreiches Klima auf kleinem Raum! In der verschneiten Berglandschaft wurde dann das Standardprogramm absolviert: Schneeballschlacht, auf dem Po den Hang runter, einseifen, Schneemann bauen und zum Schluss ein Gruppenfoto mit dem Schneemann.
Seit gestern und bis Sonntag bin ich nun in Larnaca zu meinem Midterm Evaluation Training. Wir zehn Freiwillige haben hier jeder unser eigenes Appartement mit Kochnische, Wohnbereich, Bad mit Badewanne und Schlafzimmer mit zwei Betten. Dafür gibt’s aber kein kostenloses W-Lan, sondern nur ein sehr teures erwerbbares. In den Zeiten von Facebook, YouTube und Co natürlich eine Zumutung, aber immerhin habe ich jetzt mal ein bisschen Zeit mich dem Blogschreiben zu widmen. Um das Ganze dann später online zu stellen muss ich dann halt einen Kaffee im nächstgelegenen Café mit freiem W-Lan trinken. Eigentlich war heute ein Ausflug zum Salzsee mit Flamingos geplant, aber weil das Wetter hier zur Zeit verrückt spielt, musste der abgesagt werden.
Beim Stichwort Wetter muss noch unbedingt erwähnt werden, dass das Wetter sich auf Zypern dieses Jahr von seiner schlechtesten Seite zeigt. Das mit den 340 Sonnentagen wird dieses Jahr auf jeden Fall schon mal nichts mehr. Mir wurde gesagt, es sei der kälteste und regenreichste Winter seit mehreren Jahrzehnten (ich glaube fünf waren es). Gestern, kurz bevor wir uns auf den Weg nach Larnaca machen wollten, kamen in Nikosia sintflutartige Regenfälle herunter, die die Straßen in reißende Flüsse verwandelt und die Fortbewegung mit dem Fahrrad unmöglich gemacht haben. Panayiotis musste uns dann mit dem Auto nach Hause bringen.