Erlebnisse, Erfahrungen, Ereignisse
In den letzten 6 Wochen sind einige spannende Dinge passiert. Ich war beim On-Arrival-Training, zu Hause, beim Volkstrauertag dabei und noch mehr.
Mittlerweile haben die Bäume vor meinem Fenster ihre Blätter abgeworfen, es ist kalt und regnerisch geworden und 17.00 Uhr schon dunkel. Was sagt uns das? RICHTIG, dass es nun Herbst geworden ist und ich dringend mal wieder etwas schreiben sollte! :D
In den letzten eineinhalb Monaten ist viel passiert. Zu den erzählenswerten Höhepunkten zählen: ein neuer Arbeitsalltag ohne Gruppen, ein Wochenende in der Heimat, das On-Arrival-Training in Arnhem, mein Geburtstag, der Besuch meiner Eltern und der Volkstrauertag. Also holt euch eine Tasse Tee und macht es euch gemütlich, dieser Beitrag wird lang :)
Neuer Alltag
Im Sommer ist die Jugendbegegnungsstätte durchgehend belegt. Was ich da so zu tun hatte, habe ich bereits zusammengefasst, es hatte natürlich immer mit der Betreuung der Gruppen zu tun. Seit Mitte Oktober ist es aber ruhig geworden. Und bleibt ruhig, die nächste Gruppe kommt im April. Dementsprechend habe ich mittlerweile ganz andere Tätigkeiten. Wenn ich im Büro arbeite, übersetze ich Texte für die Website, entziffere mit meiner Mitbewohnerin alte Briefe von Menschen, die auf dem Friedhof liegen, oder fülle Exceltabellen aus. Das ist alles ganz nett, aber irgendwie verfliegt die Zeit dabei nicht so richtig. Viel mehr Spaß macht die Arbeit an der frischen Luft. In Vorbereitung für den Volkstrauertag am 13. November mussten meine Mitbewohnerin und ich in der Friedhofspflege mithelfen. Wir haben Blätter geblasen und Rasen gemäht (auf Rasentraktoren, ich hatte selten so viel Spaß). Außerdem haben wir bei der jährlichen Grundreinigung der Hütten geholfen, Dächer geschrubbt und Regenrinnen gesäubert. Das Ökosystem Regenrinne bietet einige Überraschungen, kann ich euch sagen :D
Allgemein finde ich die Arbeiten draußen am lustigsten, sofern meine Mitbewohnerin dabei ist. Ich vermisse aber ein bisschen die Gruppen, denn wir leben ja leider sehr einsam und abgelegen. Ich finde es schön, dass ich bis heute noch Kontakt zu zwei Soldaten habe, die im September hier gearbeitet haben. Das ist doch schön, dass man den Kontakt aufrecht erhält.
Ein Wochenende zu Hause
Ich war bis jetzt auch einmal zu Hause. Ich hatte das nicht wirklich geplant, sondern eine Woche vorher spontan entschieden. Meine Freundin hatte ihren 20. Geburtstag gefeiert und ich hatte an diesem Wochenende sowieso frei. Also, dachte ich mir, wieso eigentlich nicht nach Hause fahren? Ich musste Freitag nicht arbeiten und bin Donnerstagnacht mit dem Fernbus nach Deutschland gefahren. Es hat durchaus Vorteile, wenn man als Deutsche seinen Freiwilligendienst in den Niederlanden macht. Da kann man relativ schnell und günstig nach Hause fahren. Ich bin Freitagmittag vollkommen erledigt in Dresden angekommen und dann noch mit dem Zug eine Stunde in meine Heimatstadt gefahren. Es war echt schön, mal wieder im eigenen Zimmer zu stehen, im eigenen Bett zu schlafen, und die eigene Katze zu streicheln. Ach ja, natürlich hab ich mich auch darüber gefreut, meine Eltern zu sehen :D Die Geburtstagsparty war echt toll, es war für mich wahnsinnig schön, alle meine Freunde wieder zu sehen und auch einfach mal wieder zu feiern. In Ysselsteyn sieht es mit Diskotheken und Clubs nämlich eher schlecht aus (und damit meine ich natürlich, dass sie nicht existieren). Das Wochenende in der Heimat war für mich sehr erholsam, obwohl ich eigentlich nur feiern war, und hat mir Motivation gegeben. Ich bereue es keinen Tag, da bei mir glücklicherweise auch kein Heimweh aufgekommen ist.
On-Arrival-Training in Arnhem
Vom 31.10. bis zum 04.11. hatte ich mein Willkommenstraining von Erasmus+ mit 22 anderen Freiwilligen aus ganz Europa in Arnhem (oder auf deutsch: Arnheim). Es war für mich eine lustige Situation, dass ich zwei deutsche Mädchen bereits von ihren Youthreporter-Blogs kannte. An dieser Stelle mal ein bisschen Werbung; besucht die Blogs von mareen_kracht und Edina!
11 Leute kamen aus Deutschland, die anderen Freiwilligen kamen unter anderem aus Frankreich, Italien, Griechenland, Portugal oder Rumänien. Wir haben uns über unsere Projekte ausgetauscht und viele Kennlern- und Teamspiele gespielt. Die Atmosphäre war sehr schön, alle haben sich gut verstanden und waren neugierig, was jeder bisher so erlebt hat. Ich hoffe, dass ich viele Leute besuchen kann und unsere Gruppe in gutem Kontakt bleibt. Übermorgen fahre ich schon die ersten Freiwilligen in Den Helder besuchen.
Mein Geburtstag und der Besuch meiner Eltern
Meinen Geburtstag hatte ich noch in Arnhem während der Erasmus+-Begegnung. Es war ein lustiger Zufall, dass eine Griechin am selben Tag Geburtstag hatte. Wir haben an diesem Abend eine kleine Feier gemacht, meine Großeltern haben mich angerufen und natürlich haben mir meine Freunde auf Whatsapp und Facebook gratuliert. Am Samstag, nachdem ich aus Arnhem wieder zurück war, kamen meine Eltern und mein Opa zu Besuch. Leider konnte mein Bruder nicht mitfahren. Sie sind von Samstag bis Dienstag geblieben. Samstag habe ich ihnen eine kleine Friedhofsführung gegeben und die Jugendbegegnungsstätte gezeigt. Meine Eltern waren zwar schon bei meiner Anreise hier, aber für meinen Opa war das natürlich neu. Am Sonntag haben wir einen richtig schönen Ausflug gemacht. Wo fährt man mit seinem Kind, das seit 2 Monaten in den Niederlanden auf einem Kriegsfriedhof arbeitet, hin? Nach Frankreich auf einen Kriegsfriedhof!
Klingt komisch, hat aber gute Gründe. Der Opa meines Opas (also mein Ururopa) ist im 1. Weltkrieg in Frankreich gefallen, nur wenige Tage vor Kriegsende. Mein Opa hat nie gewusst, wo dieser begraben wurde. Auf dem Dachboden hat er noch die Sterbeurkunde, Fotos und die Sterbeanzeige gefunden. Seit ich beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge arbeite, kam das Thema wieder auf und meine Mutter hat über die Gräbersuche Online tatsächlich das Grab gefunden. Der Friedhof ist in der Nähe von Valenciennes und ungefähr 3 Stunden von Ysselsteyn entfernt. Weil das also nicht unglaublich weit weg ist und meine Eltern anlässlich meines Geburtstages sowieso nach Ysselsteyn kommen wollten, haben wir die Chance ergriffen und mein Opa ist mitgekommen. Der Besuch auf dem Friedhof war echt schön. Nach 98 Jahren stand nun endlich mal jemand am Grabe meines Ururopas. Wir haben die Sterbeurkunde mit den letzten Worten seiner Frau an den Grabstein gehängt. Auf dem Rückweg hatten wir noch einen hübschen Zwischenstopp in Lille, wo wir meinen Austauschpartner Rodolphe besucht haben, mit dem ich ein Jahr lang zusammen gelebt habe. Insgesamt war dieser Sonntag für mich einer der schönsten Tage, die ich je hatte. Montag musste ich natürlich wieder arbeiten. Ich habe mit meinen Kollegen, meinen Eltern und meinem Opa meinen Geburtstag bei Kaffee und Kuchen gefeiert (selten so viele Possessivpronomen in einem Satz gelesen). Am Dienstag sind sie wieder vormittags gefahren. Der Besuch war sehr schön; ich habe mich natürlich auch über einige Geburtstagsgeschenke freuen dürfen.
Volkstrauertag
Jedes Jahr am zweiten Sonntag im November ist in Deutschland Volkstrauertag. Auf dem einzigen deutschen Soldatenfriedhof der Niederlande und einem der größten der Welt wird dieser Tag natürlich auch gefeiert. Am 13. November sind 300 bis 400 Gäste nach Ysselsteyn gekommen, um der Kriegsopfer aller Kriege in der Welt zu gedenken. Für mich und meine Mitbewohnerin war es ein sehr spannender Tag. Es kamen viele deutsche und niederländische Soldaten, Politiker und Botschafter. Erstmals ist dieses Jahr auch ein israelischer Botschafter nach Ysselsteyn gekommen. Auf dem Friedhof gab es ein Programm mit Gesang, Reden und Gedichtbeiträgen. Meine Mitbewohnerin und ich haben gemeinsam mit einem deutschen und einem niederländischen Soldat das Totengedenken verlesen. Am Ende wurden noch Kränze niedergelegt, ich habe 22 gezählt. Nach den Kranzniederlegungen war das Programm auch zu Ende, und meine Mitbewohnerin und ich komplett durchgefroren. Die Kränze liegen natürlich immer noch auf dem Friedhof. Sie zeigen, dass auch andere Länder Anteil an deutschen Gefallenen nehmen. Schön, oder?
So, nun bin ich schon zweieinhalb Monate in Ysselsteyn beschäftigt, und ich muss sagen, ich bereue nichts. Ich hab schon so viele wertvolle Erfahrungen gesammelt, kann mittlerweile einiges auf niederländisch und habe einen geregelten Alltag. Ich mag meine Mitbewohnerin und meine Kollegen. In drei Wochen geht es schon nach Hause in den Weihnachtsurlaub. Dann habe ich fast vier Wochen frei; ein kleiner Luxus, den wahrscheinlich die wenigsten Freiwilligen haben. Das wird sicher schön :)
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