Eins zu null für Trzebiel
Die erste Arbeitswoche ist vorbei. Aber kann man das wirklich Arbeit nennen?
Die erste Woche in Żary ist rum! Eigentlich ging es mit der Arbeit schon am Samstag beim Erntedankfest los, soweit man das Arbeit nennen kann. Ich durfte Fotos im Auftrag des Kulturhauses machen und ich muss sagen, die Trzebieler haben das mit dem Fest ganz gut hingekriegt. Es gab verschiedene Auftritte von Grundschulkindern bis hin zu Senioren (sagen wir, vor allem von Grundschulkindern und Senioren) und auch nebenbei Programm mit viel Essen, Seifenblasen, Jongleuren etc. Es war ein echt schöner Anfang der Zeit hier und ein guter Einblick ins Dorfleben! Montag ging es dann richtig los, am ersten Tag gleich mit einem Besuch von Radio Brandenburg.
Dazu muss ich sagen, dass das OKiB (Ośrodek Kultury i Biblioteka - das ist einfach kürzer zu schreiben) in diesem Jahr einen Film über die Kriegs- und Nachkriegszeit in Trzebiel gedreht hat, in dem polnische und deutsche Zeitzeugen berichten. Darin steckte sehr viel Arbeit und das Ergebnis ist echt sehenswert geworden. Zu dem Thema war also eine Reporterin gekommen und hat sowohl die Verantwortlichen als auch zwei der Zeitzeugen befragt. Ich durfte die ganze Zeit zuhören, es war einfach wahnsinnig spannend. Am 25. Oktober um 21 Uhr Radio Brandenburg einschalten! Um etwas Zeit zu sparen, hier eine Liste meiner weiteren Tätigkeiten der Woche: Protokolle der Bücher in der Bibliothek schreiben, Bücher in die Regale räumen, Bücher mit Schildern bekleben, bei einer Vorführung des Films mithelfen, DVDs beschriften, DVDs überprüfen, zur Post gehen (und Berliner holen) und einen Weg durch das Dorf in ganz kleinen Schritten ablaufen und dabei die Zeit messen, um zu gucken, wie lange Kinder für diese Strecke brauchen würden, was auf eine absurde Art cool war. Bisher hat es mir gut gefallen, auch wenn ich sagen muss, dass Bücher in den Computer einzutragen ungeahnt schwer ist, wenn man die Sprache nur sehr begrenzt spricht... die ewige Frage, ist das da noch der Autor oder schon der Titel? Auf die Unterschiede von Groß- und Kleinschreibung wird auf Covern auch oft verzichtet, weshalb ich heute gelernt habe, dass im Slowenischen Ť dem kleinen ť entspricht. Manchmal ist Google eben dein einziger Freund.
Wenn ich mal nichts zu tun habe, versuche ich, mit den Büchern dort polnische Wörter zu lernen. Bisher war es Gregs Tagebuch, weil ich das auch auf Deutsch gelesen hatte, aber wahrscheinlich muss ich auf noch einfachere Kinderliteratur umsteigen. Na ja, aller Anfang ist schwer und zumindest die Mitarbeiterinnen sind sehr bemüht, dass ich Polnisch lerne, was dort auch dringend notwendig ist. Meine Mentorin Basia, die übrigens fantastisch ist, hatte ich das schon erwähnt?, spricht sehr gut Deutsch, die Leiterin Gosia etwas Englisch, aber etwas schwieriger ist die Verständigung schon, genau wie mit den anderen. Jetzt ist Basia für zwei Wochen im Urlaub, mal sehen, wie das wird...
Meistens fahr ich mit dem Bus, was eigentlich kein Problem ist, auch wenn jeden Tag fast zwei Stunden nur für den Weg draufgehen. Dafür kann ich in der Zeit weiter Polnisch lernen. Letzte Woche habe ich mir den Lokativ beigebracht, diese Woche soll der Genitiv dran sein. Und sonst so? Das Leben in der WG klappt echt gut, bisher hat jeden Tag jemand gekocht und es war immer lecker. Am Wochenende waren Johannas Mutter und Schwester zu Besuch und der Empfang der ersten richtigen Gäste in der Wohnung hat auch geklappt. An dieser Stelle Grüße an meine Eltern, die gerade mit dem Wohnmobil in der Bretagne unterwegs sind! Und wo ich schon beim Grüßen bin, auch an meine Tandem-Freundin Anna-Lena, die gerade einen Monat auf Bali verbringt, alles Liebe. Aber Żary ist natürlich fast genauso cool. Fast. Ich muss sagen, der größte Minuspunkt hier ist die mangelnde Gelegenheit, Leute kennenzulernen. Optimistisch haben Sonja und ich uns am Samstagabend ins Nachtleben gestürzt und sind nach zwei Stunden ziemlich enttäuscht nach Hause gekommen: In den einzigen Club kommt man unter 18 Jahren nicht rein und abgesehen davon waren die Straßen fast wie ausgestorben, richtig deprimierend. Eine verzweifelte Facebookaktion ist auch ziemlich fehlgeschlagen, Leute haben viel Spaß daran, sich über deutsche Mädchen lustig zu machen, aber wenig daran, sie zu treffen. Bisher hat Trzebiel bei mir eindeutig mehr Sympathiepunkte. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen!
Heute wollten wir zum Zumba in Trzebiel, was dann aber leider ausgefallen ist. Angesichts der Tatsache, dass wir alle drei etwas erkältet sind, allerdings vielleicht nicht unbedingt das Schlechteste. Dann eben nächste Woche. Für Mittwoch habe ich mich schon mit einem Mädchen aus Trzebiel verabredet. Und am Wochenende kommt mein Freund Krzysztof aus Krakau zu Besuch, worauf ich mich schon sehr freue. In dem Sinne euch allen eine schöne Woche!