Eine Zwischenstation, die EFD heißt
„EFD wird dein Leben vollkommen ändern. Du wirst nie so wie früher sein. Geh auf dieses Abenteuer zu, das du nie bereuen wirst”. Diese Sätze konnte man oft von anderen Freiwilligen wie ein Mantra hören. Grenzenlose EFD- Begeisterung. Gelobt und gepriesen. Die Schattenseiten? Klar, es gibt sie, jedoch mit kleiner Schrift geschrieben. Dieser Artikel beraubt dem EFD teilweise seiner Herrlichkeit und zeigt, dass dieses Programm nicht immer so wunderbar ist, wie man denkt.
September 2016. Tschechien. Eine kleine Stadt Zwittau. Und ich, eine junge 26- jährige Polin mit dem Kopf voller Ideen und Pläne, bereit für den Dienst, gespannt auf das Unbekannte, positiv auf alles Neue eingestellt, offen für neue Menschen und die neue Kultur, voller Energie und Optimismus, aber auch von Angst und Bedenken erfüllt. Was bringt dieses Jahr? Werde ich hier eine gute Freiwillige sein? Und die Menschen, werden sie mich hier akzeptieren, so wie ich bin? Tausend Gedanken und Fragen schossen mir durch den Kopf. Die innere Stimme beruhigte mich jedoch immer wieder und verschaffte mir die Zuversicht, dass alles hier gut gehen wird. Ich verbrachte doch schon ein Jahr in Deutschland als Erasmus- Studentin, ich war doch eine Freiwillige in Sambia, ich arbeitete doch freiwillig in Polen, also was soll schief gehen? Damals schaffte ich alles super, diesmal muss es zweifellos ähnlich sein. Es war aber nicht so, wie es mir früher vorstellte. Meine Illusion über den EFD stürzte nach vier Monaten wie ein Kartenhaus zusammen. EFD- Krise? Klar, ich war darauf vorbereitet. Darüber war schon die Rede während der drei Trainings für Freiwillige. Was macht man, wenn dein EFD einen Tiefpunkt erreicht? Die Ratschläge sind schon parat: sprich mit deinem Koordinator über deinen Kummer und finde eine Lösung für dein Problem, rede mit anderen Freiwilligen, die dir Trost spenden, lass dir Zeit für die innere Verarbeitung dieser Krise, gib nicht voreilig auf. Na gut, versuchte ich alles. Aber was weiter falls diese Buchratschläge nicht helfen? Man fühlt sich veräppelt.
Mein EFD bestand aus der Arbeit in einer Kinderkrippe, Deutschunterricht in der Grundschule oder Arbeit mit geistig Behinderten. Ich wollte jedoch MEHR. Ich wollte meine Ideen in die Tat umsetzen. Ich wollte mich noch mehr engagieren und gebraucht fühlen. Ich wollte meine Spuren in dieser kleinen Stadt hinterlassen und etwas Gutes tun. Deutschunterricht in größerem Ausmaß, Reiseabende oder ein Projekt über polnische Kultur in den Schulen stehen immer noch auf der Wunschliste. Ihre Verwirklichung wird nie erreicht. Versagte ich? So würde ich es nicht bezeichnen.
Zusammen mit meiner Koordinatorin versuchten wir diese Situation zu ändern, jedoch scheiterten wir beim Versuch die lokale Gesellschaft zu aktivieren. Du kannst große Pläne haben, aber bei mangelndem Interesse kannst du wenig tun. Enttäuschung und das Gefühl, dass mein Potenzial hier brachliegt, waren ein Tagesbrot. Soll ich den Vertrag brechen oder einfach aushalten? Dazu noch familiäre Probleme und ständige Bedenken, ob es nicht woanders besser wäre. Der Verstand schrie: geh dahin, wo du dich entwickeln kannst. Die Hoffnung flüsterte hingegen: bleibe und mach das Beste aus dieser Situation. Die Herzensstimme gewann. Ich blieb. Ich kämpfte und gab nicht auf. Trotz aller Schwierigkeiten versuchte ich weiter so gut wie möglich zu arbeiten, obwohl ich hoch hinauswollte.
Während meines EFDs erlebte ich wunderbare Momente mit wertvollen Menschen, knüpfte Freundschaften, hatte Spaß bei der Arbeit, bereiste Tschechien, entdeckte die tschechische Kultur und Traditionen. Ich bereue nicht. Es war ein cooles Jahr. EFD brachte mir vor allem Demut bei. Nun bin ich demütiger und lernte, dass im Leben nicht alles ist, wie wir uns es wünschen. Es hängt jedoch von uns ab, worauf wir den Blick richten. Ich konzentrierte mich auf die positiven Dinge. Ich verlasse Tschechien stolz mit erhobenem Kopf. Ich versuchte und das zählt.
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