Ein schwerer Abschied
Es ist soweit: Schweren Herzens muss Karenaki ihre liebe Mitbewohnerin enli verabschieden. Mit wem soll sie jetzt ins kalte Wasser springen? Wer versorgt sie in Notzeitung nun mit Schokolade? Karenaki kann ihre Tränen nicht zurück halten.
Noch vor einigen Wochen habe ich so oft daran gedacht, wie schön es sein wird, ein eigenes Zimmer zu haben und dass es an der Zeit sei, dass Verena nach Hause geht. Wenn man sich über sechs Monate lang alles teilt - die Arbeit, die Wohnung, das Zimmer, die Zeit - dann kommt einfach irgendwann der Punkt, an dem man genug von dieser Situation hat. Das bedeutet nicht, dass man sich weniger mag als am Anfang, im Gegenteil. Aber es sind die kleinen Marotten der anderen, die einem Magengrummeln bereiten. Worüber man am Anfang noch hinweg sah, regt einen nun wahnsinnig doll auf!
Auch in den letzten Wochen haben wir uns nie gefetzt. Wir haben uns immer wieder versucht zu beruhigen und gesagt „Es sind ja nur noch so und so viele Monate...Wochen." Aber wir haben beide gespürt, dass es nicht mehr geht und das war auch okay.
Als zuerst ich für eine Woche in Brüssel war und Verena anschließend für eine Woche auf den Inseln, da habe ich sie kein Stück vermisst. Aber als Emily und sie in der Tür standen, da habe ich mich plötzlich so sehr darüber gefreut! Unsere letzte gemeinsame Woche war wieder wie früher. Sie ist viel zu schnell vorbei gegangen.
Und schon war gestern Verenas letzter Tag hier gekommen. Am Vormittag war ich nicht zu Hause, weil ich etwas anderes Wichtiges zu tun hatte und am Nachmittag musste ich ja arbeiten. Aber zum Mittag hatte Verena uns einen leckern Salat gemacht, den wir am Meer in der Sonne gegessen haben. Verena hat mich dann noch ein letztes Mal zum Jugendzentrum begleitet und den Weg gefilmt *grins*. Die Fahrschüler haben sich etwas gewundert.
Nach der Arbeit habe ich Verena ein richtig großes Freundschaftsgeständnis gemacht, als ich allein nach Kalamia gelaufen bin, wo Verena, Manos, Fanis und Jannis, was trinken waren. Man muss diesen Weg einfach kennen, um zu wissen, was ich meine... keine Straßenbeleuchtung... knurrende Hunde... traumhafte Tatortkulissen...Wie gut, dass ich keine Angst hatte. ;-)
Da Verena schon um 04.30 Uhr losmusste, hat es sich eigentlich nicht wirklich gelohnt zu schlafen. Ich lag trotzdem in meinem Bett und habe Verena dabei zugeguckt, wie sie es nach größter Bemühung letzten Endes geschafft hat, ihr Gepäck irgendwie zu verstauen. Sehr unterhaltsam! Auch um 04.29Uhr war ich mir immer noch sicher, dass dieser Abschied nicht sonderlich traurig würde, schließlich hatten wir noch gar nicht realisiert, dass Verena nicht einfach nur in den Urlaub fährt.
Bei der vorletzten Umarmung ging es mir noch super in meinem Halbschlaf (für eine halbe Stunde waren wir doch eingenickt). Ich hätte ihr gerne noch irgendetwas Tiefgründiges gesagt, aber als ich auch nur diesen einen Satz dachte „Es war schön mit dir!", habe ich gemerkt, dass mir die Tränen in die Augen schossen. Also, nichts wie eine zweite Umarmung und Tür zu! Auf einmal konnte ich nicht mehr und hab Rotz und Wasser geheult.
Als ich heute Morgen um 12.30 Uhr aufgewacht bin, war die Welt wieder einigermaßen in Ordnung, bis ich Verena’s Abschiedsbrief gefunden habe.
Man ey, Du kannst mir doch nicht einfach so einen lieben Brief schreiben, ohne mir ein großes Paket Taschentücher dazu zu legen! Wie soll ich überhaupt den Brief lesen, wenn mir schon nach der ersten Zeile alles vor den Augen verschwimmt? Zu Deinem Brief kann ich Dir gerade nur zwei Sachen sagen: Danke und gleichfalls!
Du wirst mir ganz schrecklich doll fehlen! Ich glaube, es gibt kaum eine Person, die mich so gut kennt und die ich so gut kenne, wie Dich. Du wirst mir in meiner verbliebenen Zeit hier fehlen!
Mit wem soll ich denn nun stundenlang über alles, wirklich alles, quatschen? Meinetwegen auch schwätzen. Mit wem soll ich so viel Scheiß bauen? Wer wird unsere Beach-Flat-Insider verstehen? Wer wird lachen, wenn ich so etwas sage wie „always check and close the door"? Wer wird vom Bad aus begeistert mit einfallen, wenn ich in unserem Zimmer anfange „otan tha pao" zu trällern? Zu wem werde ich vor dem Einschlafen „kali nichta" murmeln? Wenn werde ich morgens mit meiner grenzenlosen Verplantheit und meinem Getrödel nerven? Wer wird mich vor den gefährlichen Hunden beschützen? Wessen Deospray werde ich morgens hören? Wer wird jeden morgen so geräuschvoll Cornflakes essen, dass ich es bis in mein Bett höre? Wer springt mit mir ins kalte Wasser? Für wen werde ich jeden Abend ein paar Minuten warten, bis ich das Licht ausmachen darf? Wer wird mich in Notzeiten mit Schokolade versorgen? Für wen werde ich ohne Zwiebeln kochen? Wen darf ich trösten und wer wird mich trösten? Vor wem müssen mir die peinlichsten Dinge nicht peinlich sein?
Ich werde diese tolle Zeit mit Dir niemals vergessen. Sie wird mir immer als ein ganz besonders Erlebnis in Erinnerung bleiben.
Ich hab Dich ganz doll lieb, Vereniza mou!
Me agapi, Karenaki
PS: Zum Glück wohnen wir in Deutschland auch nur über 600 km auseinander...