Ein langer Bericht über mein neues Leben
Die_Susi schreibt in ihrem ersten Beitrag aus der Ferne, wie sie gut in Griechenland angekommen ist und wie die ersten Tage ihres neuen Lebens, das sie nun in den nächsten Monaten begleiten wird, verlaufen sind.
Also mal gleich vorneweg, das wird ein langer Eintrag, aber da ich die letzten Tage zu faul war zu schreiben und so viel passiert ist, muss das jetzt sein. Ich hab zwar so viel vergessen aufzuschreiben, aber für den Anfang reicht das erst mal. Dafür werd ich das ganze aber schön strukturieren, damit das Lesen angenehmer wird.
Wo ich lebe
Ich lebe hier in Vasiliko, das ist ein kleiner Ort auf einem Hügel in der Region Korionthia. Es ist ziemlich abgelegen und Busse gehen nur dreimal täglich und das vormittags, ohne hitchhiking ist man hier aufgeschmissen. Dafür ist es wunderschön hier, die Aussicht ist so gigantisch, dass der Ort in der Antike von Königen und den ganz großen Künstlern bewohnt wurde, weil man so majestätisch erhaben auf den Rest der Welt hinunterschauen kann. Der nächste größere Ort mit Supermärkten und einer Einkaufspassage ist Kiato. Wenn wir hier wegwollen führen unsere Wege immer dorthin. Relativ einfach zu erreichende und nennenswerte Orte in der Umgebung sind Xylokastro und Korinth.
Mit wem ich lebe
Katja: die einzige Freiwillige hier, die schon länger das ist, nämlich seit drei Monaten. Sie ist ein sehr lieber Mensch, der uns Neulinge an die Hand nimmt und alles erklärt und zeigt und uns hilft, uns einzugewöhnen. Ohne sie wären wir aufgeschmissen. Sie ist Estin und wir sind deshalb sehr bemüht, in ihrer Gegenwart nur Englisch zu reden, was aber bei vier Deutsch sprechenden Mädels nicht immer klappt. Arme Katja!
Anna: Eine der drei Deutschen, mit denen ich schon Zuhause per Mail Kontakt hatte und hier meine Zimmergenossin. Wir kommen sehr gut miteinander klar und bisher gab es keine Probleme in unserem Zimmer. Ich hoffe das bleibt so.
Ingrid: Eine sehr liebe und nette Österreicherin mit einem Laptop voll mit Musik, die eine tolle Abwechslung zu den drei CDs bietet, die wir hier haben. Ich muss leider zugeben, dass ich sie manchmal nicht verstehe, ertappe mich dafür aber ab und zu dabei, Worte im österreichischen Dialekt aussprechen zu wollen.
Kim: Sie ist gestern Abend erst angekommen und wir hatten noch nicht so viel Gelegenheit, uns kennen zulernen. Ich bin mir aber sicher, dass wir uns schnell anfreunden, weil sie sehr sympathisch ist. Ach ja, sie kommt auch aus Deutschland. ;-)
Wie ich lebe
Unser Haus ist gar kein Haus, wie ich gedacht hatte, sondern nur eine Wohnung im Erdgeschoss des Hauses, in dem Efthimios Eltern oben wohnen. Es ist sehr schön hier, allerdings gibt es nur ein Bad für fünf Mädels – definitiv zu wenig. (Ach ja, das Bad kann man nicht zusperren, weil der Schlüssel abgebrochen ist und das Klopapier darf man nicht runterspülen, weil die Leitungen das nicht aushalten, sondern muss es in einen Eimer neben dem Klo werfen.) Wir haben ein großes Wohnzimmer mit offener Küche, eine wundervolle Terrasse und drei Schlafzimmer. Eines teile ich mir mit Anna, in dem zweiten leben Kim und Ingrid und das kleinste bewohnt Katja alleine. Vielleicht schaffe ich es, mal Fotos einzustellen, aber ich glaub nicht, dass der Computer das packt.
Donnerstag, 04. 09.
Nach einer tränenreichen Verabschiedung ging mein Flug um 11:15 Uhr. An alle, die mich ausgelacht haben, weil Aegean Airline nach allerschrecklichster Billigairline klingt, denen sei hier gesagt, dass es ein geiler Flug war. Tolles, supermodernes Flugzeug und es gab richtiges Essen, nämlich Spaghetti Bolognese, eine Semmel mit Butter und Käse, ein Stück Schokokuchen und Cracker, einfach Hammer. Vom Athener Flughafen bin ich dann mit dem Bus nach Kiffissos, dem großen Busbahnhof bei Athen. Von dort aus dann mit dem nächsten Bus nach Xylokastro, wo mich Eva und Efthimios, meine Chefs, abgeholt haben und in mein neues Zuhause gebracht haben. Unterwegs haben sie mir das beste griechische Fastfood gekauft, das ich je gegessen habe. Schließlich war ich so um 20 Uhr in Vasiliko und habe gleich fünf andere Freiwillige kennen gelernt, von denen inzwischen aber leider vier abgereist sind. Der Abend endete mit einem Spaziergang zu einem wunderschönen Fleckchen Erde hier in Vasiliko, von dem man eine gigantische Aussicht auf das Tal und das Meer hat.
Freitag, 05. 09.
Ein recht ereignisloser Tag. Nach einer wachen Nacht (die Hitze und ein bellender Hund haben mich nicht schlafen lassen, inzwischen bin ich daran gewöhnt) hab ich erst mal in Ruhe ausgepackt und bin dann mit Ageliki, unserer Mentorin und Griechischlehrerin einkaufen gefahren – zu Lidl. Der Nachmittag war sehr ruhig und der Tag hat wieder mit einem Spaziergang geendet.
Samstag, 06. 09.
Das erste Mal baden im Meer! So um zehn Uhr haben wir uns per Anhalter auf den Weg nach Kiato gemacht und waren dann baden, es war einfach nur toll! Nachmittags bin ich dann mit Katja zurück und hab den Nachmittag sehr entspannt und ein bisschen gelangweilt verbracht. Abends hab ich versprochen auf die neuen Freiwilligen zu warten, weil die ausgegangen sind. Anna aus Deutschland und Ingrid aus Österreich kamen aber erst nach 23 Uhr, ich hab ihnen alles gezeigt und dann saßen wir auf der Terrasse und haben uns kennen gelernt.
Sonntag, 07. 09.
Ein toller Tag! Wir aus Vasiliko haben uns per Anhalter und Bus auf den nicht so kurzen Weg nach Xylokastro gemacht, um die anderen Freiwilligen von Orfeas zu besuchen. Es war echt super, die sieben Mädels kennen zulernen, sie sind alle total lieb und nett und ich hab das gute Gefühl, das wir Freunde werden können. Doro, die, wie wir alle eigentlich dachten, nach Vasiliko kommt, wohnt nun doch in Xylokastro und hat allen dort schon von mir erzählt und dementsprechend freudig wurde ich begrüßt, weil mich alle kennen lernen wollten.
Nach ein paar leckeren Sandwiches sind wir dann zum Strand, wir elf Mädels. Dort hatten wir echt eine tolle Zeit mit baden, sich sonnen und Café Frappe trinken und dabei uns besser kennen lernen und Pläne schmieden. Wir wollen z.B. nächstes Wochenende alle zusammen nach Korinth und wir haben vor, Themenabende zu machen. So soll jeder einen Abend lang etwas Typisches aus seinem Land kochen und so was. Doro und mir ist nur partout kein typisch deutsches Essen eingefallen, zumindest keins das unseren Kochfähigkeiten angemessen ist.
Der Abschied ist mir schwer gefallen, ich wäre gerne noch länger geblieben, aber wir sind ja auf die Busse angewiesen um nach Hause zu kommen. Nach einer Stunde Wartezeit kam auch einer und nach langem marschieren hat uns auch jemand mit dem Auto nach Vasiliko mitgenommen. Wir haben noch gemeinsam gekocht und den Tag ruhig ausklingen lassen.
Montag, 08. 09.
Um sechs Uhr früh aufstehen, weil Ageliki Anna, Ingrid und mich um sieben abgeholt hat, um uns ins Krankenhaus von Korinth zu fahren, wo wir uns Blut abnehmen lassen mussten (Der Arzt hat bei mir keine Ader gefunden und so lange nach ihr gesucht, das tut jetzt noch weh.). Im Krankenhaus haben wir die anderen Freiwilligen aus Xylokastro getroffen. Die ganzen Untersuchungen sind nötig, weil wir eine Art Gesundheitsausweis brauchen, in dem uns attestiert wird, dass wir mit Kindergartenkindern arbeiten dürfen.
Dann waren wir drei aus Vasiliko mit Ageliki einkaufen, wieder bei Lidl, haben Passfotos machen lassen, die wir für unseren Gesundheitsausweis brauchen und waren auf der Post. Zuhause angekommen haben Anna, Ingrid und ich erst mal die komplette Küche geputzt und sind dann zum Strand. Abends kam dann unsere letzte neue Freiwillige, Kim. Anna und ich haben angefangen, auf alle Gegenstände in der Wohnung Haftnotizen mit deren englischem und griechischem Namen zu kleben, in der Hoffnung, dass uns das beim Griechischlernen hilft.
Was mir hier fehlt:
- meine Familie
- meine Freunde
- mein Hund
- einen eigenen Hausschlüssel zu besitzen
- selbst Auto zu fahren
- das leckere Essen, das meine Mutter kocht
- die Sprache des Landes zu beherrschen
- ein eigenes Zimmer zu besitzen
Was hier viel besser ist:
- das Wetter (tagsüber 41 Grad, aber das ist nicht so schlimm, ich hab mich eingewöhnt)
- das Meer nur wenige Kilometer entfernt zu haben
- braun zu werden (jawohl an alle Ungläubigen, ich werde braun!)
- Hitchhiking/per Anhalter fahren (etwas, das ich Zuhause nie getan hätte, hier aber schon als selbstverständlich ansehe, zumindest in den nächsten Ort, nach Kiato – aber das ganze ist ein eigenes Kapitel wert)
- Oliven-, Orangen-, Granatapfel- und Aprikosenbäume überall, meistens ganze Felder
- andere Freiwillige kennen zulernen (hier sind wir fünf, in Xylokastro leben noch sieben weitere, die alle unglaublich nett sind. Wir haben schon viele Pläne geschmiedet für Unternehmungen und gemeinsame Abende)
- Nikos …, ein griechischer Sänger, dessen Nachnamen ich vergessen hab und dessen CD bei und rauf und runter läuft, und der so unglaublich romantisch “s’agapo” hauchen kann
Aber vor allem:
Das erste Mal in meinem Leben fühle ich mich richtig frei! Ich habe mein Leben endlich komplett selbst in der Hand und das ist so ein geiles Gefühl, unbeschreiblich!
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