Die Relativität der Zeit
Über mein On-Arrival-Training in Stockholm, neue Freundschaften, unvergessliche Erlebnissen und das Gefühl sich schon ewig zu kennen.
Vergangenen Dienstag saß ich noch im Zug nach Stockholm ohne genau zu wissen,was mich dort erwarten würde. Jetzt gerade befinde ich mich in der selben Umgebung, nur dass es diesmal zurück nach Åmål geht und zwischen Dienstag und heute nicht nur 5 Tage, sondern gefühlt Wochen liegen. In dieser Zeit habe ich Menschen kennengelernt, die man einfach ins Herz schließen muss, Momente erlebt, die ich so schnell nicht mehr vergessen werde, und wieder einmal gemerkt, wie relativ Zeit eigentlich ist. Es fühlt sich an, als würde ich Marylou, Ben und Benedikt schon ewig kennen, als wäre das nicht mein erste Mal in Stockholm gewesen, als hätten die letzten Tage nicht nur 24 Stunden gehabt.
Mein Dienstag begann bereits um 5 Uhr. Eigentlich war ich es die vergangenen Jahre gewohnt so früh aufzustehen, aber mittlerweile fühlt sich 5 Uhr an wie finstere Nacht. Den Schlaf holte ich dann auf der Zugfahrt zum On-Arrival-Training, dem Seminar zu Beginn des Europäischen Freiwilligendiensts, in Stockholm nach. Das ganze begann erst 12 Uhr, man kann sich also ausrechnen, wie lange die Zugfahrt gedauert hat. Nach dem Mittagessen gab es erst einmal eine kleine Vorstellungsrunde, bevor wir die restlichen Stunden mit Erlebnispädagogik verbrachten. Dabei hat das Wort „unmöglich“ für uns bei dem ein oder anderen Spielen noch einmal eine komplett neue Bedeutung bekommen.
Fun Fact an dieser Stelle: von 14 Freiwilligen kam die Hälfte aus Deutschland, zwei weitere konnten ebenfalls ohne Probleme Deutsch sprechen, wobei Benedikts österreichischer Dialekt mich dann ab und zu doch vor Probleme stellte. Zwar war Englisch natürlich die Hauptsprache, aber bei so vielen Deutschsprachigen wechselten wir bei persönlichen Gesprächen untereinander doch gerne mal ins Deutsche.
Nach einem ausgiebigen Frühstück im Hotel (mir läuft immer noch das Wasser im Mund zusammen, wenn ich daran denke) beschäftigten wir uns den Mittwoch über mit unseren persönlichen Zielen und dem YouthPass, aber wie das bei solchen mehrtägigen Seminaren meistens der Fall ist, passieren erst nach dem offiziellen Teil die wirklich coolen Dinge. Für uns bedeutete das ein Abend in der Stockholmer City. Dieses Gefühl lebendig zu sein und einfach im Moment zu leben… Was wünscht man sich mehr, wenn man mit tollen Menschen zusammen ist, die kalte Nachtluft im Gesicht spürt und genau vor sich glitzerndes Wasser hat, in dem sich die Lichter der Stadt spiegeln?
Auch den Donnerstag verbrachten wir in Gamla Stan, Södermalm und Co., dieses Mal aber auch wirklich laut dem Zeitplan des On-Arrival-Trainings. Zwar bestand die gesamte Gruppe aus super netten Leuten, aber trotzdem kann man sagen, dass ich besonders mit vier von den Freiwilligen auf einer Wellenlänge war (wobei ich Jonas natürlich schon vorher kannte) und einfach einen wirklich unvergesslichen Tag mit ihnen verbrachte, der sich kaum in Worte fassen lässt. Also Ben, Benedikt und Jonas, wenn ihr das hier lest, ein riesiges Dankeschön an euch! Natürlich auch an Marylou, aber mein Französisch beschränkt sich leider auf wenige Worte und auf Englisch bräuchte ich für diesen Text mindestens doppelt so lange. Eine Kurzzusammenfassung für den Donnerstag: wir besuchten das Army Museum (eher gezwungener Maßen als freiwillig), waren im Museum of Photography, dass uns alle inspirierte, aßen mit Blick auf die Stadt im Licht des Sonnenuntergangs in einem veganen Restaurant, liefen singend durch die Stadt, entspannten in der beeindruckenden Stadtbibliothek Stockholms und spielten Karten in einer internationalen Bar. Zwar kann ich nicht beschreiben, wie schön die einzelnen Momente waren, weil mir dazu einfach die Worte fehlen, aber ich glaube es lässt sich erahnen.
Am Freitag musste sich ein Teil von uns Freiwilligen leider schon verabschieden, während der Rest, mich eingeschlossen, für das Wochenende Zimmer in Hostels gebucht hatte. So konnten wir auch den Samstag und den Vormittag des Sonntags zum Shopping, einem Besuch im Skansen-Freilichmuseum mit Elchen und Rehntiern und einer Free-Walking-Tour durch die City nutzen. Jetzt kann ich stolz erzählen, zu wissen, woher Stockholm seinen Namen hat, was genau es mit dem Stockholm-Syndrom auf sich hat und warum der Einzige richtige Schwede in der schwedischen Königsfamilie früher Fitnesstrainer war.
Am liebsten hätte ich jetzt eine Zeitmaschine, um die letzten Tage noch einmal zu erleben, aber so ist das mit der Zeit: sie dehnt sich, Tage erscheinen im Rückblick wie Wochen, Minuten ziehen sich zu Stunden, aber nichts lässt sich wiederholen. Immerhin wollen wir uns schon in einem Monat wieder in Göteborg treffen, aber jetzt kommt mir das noch total weit entfernt vor. Da bleibt nur zu hoffen, dass die Relativität der Zeit an dieser Stelle in die richtige Richtung wirkt.
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