Die erste Woche
Die erste Woche ist um, und sie war sehr spannend. Viel Spaß beim Lesen :)
Nun ist schon eine Woche hier in Gyumri um (und natürlich auch überall sonst). Der erste Tag war, wie manche beim Lesen vielleicht festgestellt haben, ziemlich scheiße. Der Abend wurde tatsächlich nicht besser. Nach dem ziemlich fürchterlichen Abendessen bin ich recht früh ins Bett gegangen, um mich in den Schlaf zu weinen. Ich habe dann aber entschieden, dass das jetzt aufhören muss, und ich gefälligst positiver sein sollte. Ich meine noch schlimmer ging ja nicht, also konnte es nur besser werden, und es wurde besser.
Am Dienstag war ich das erste mal im Büro von YIC, um es ein wenig kennenzulernen, und um zu erfahren, was genau ich eigentlich mache (Tatsächlich wusste ich das nicht wirklich, und hab immer irgendetwas erzählt, wenn man mich fragte, was ich den in Armenien wolle). Auf jeden Fall war ich gegen 12.00 Uhr im Büro, und als erstes gab es eine Vorstellungsrunde. Ich liebe es ja total über mich zu reden und im Mittelpunkt zu stehen, während mich 10 Leute auffordernd anstarren, und so war es mir überhaupt nicht unangenehm. (Das war ein Witz. Meine Alpträume handeln von Vorstellungsrunden.) Aber irgendwie konnte ich diese Situation meistern. Ich hab zwar vermutlich hin und wieder verzweifelt gelacht, damit nicht alle merken, dass ich am liebsten wo ganz anders wäre, aber irgendwann war es fertig und jeder machte sich an seine Arbeit.
Tatsächlich ist das YIC mega cool (Und das sage ich nicht nur, weil ein paar von dort schon angekündigt haben meinen Blog mithilfe von Google Translate zu lesen). Die Leute sind alle echt nett und lustig und versuchen wirklich mir ein gutes Gefühl zu geben. Naja, die ersten Tage ging es dann darum, dass ich alle und alles kennen lernen sollte, um dann Anfang Oktober wirklich mit der Arbeit zu beginnen (Das Kennenlernen bestand eigentlich aus Harry Potter und Facebook.)
Am Freitag bin ich dann doch zu dem Schluss gekommen, ich sollte mal nachfragen, ob ich nicht doch auch was anderes machen könnte. Und tatsächlich: Ich bekam die Aufgabe mir Gedanken über den Deutsch Club zu machen und ein Poster und Anzeigentext zu erstellen. (Wirklich produktiv war ich aber trotzdem nicht. Sie machen einfach viel zu gerne Pausen…) Mit meiner Gastfamilie wurde es auch besser. Die Kommunikation ist zwar immer noch nicht einfach, aber inzwischen können wir uns bezüglich der grundlegenden Dinge verständigen, und ich gewöhne mich langsam an die armenischen Kultur. Es wurde mir erklärt, dass eine typische armenische Oma sich immer um das Wohlbefinden sorgt, und sie deshalb manchmal die Privatsphäre "verletzten". Das bedeutet, ich soll es nicht persönlich nehmen, wenn sie mich mit "Heil Hitler" begrüßt, denn sie hat einfach versucht mir das Gefühl von Heimat zu geben, und leider ist das das einzig deutsche, was sie kennt.
Inzwischen kann ich sogar schon alleine Bus fahren, ohne eine Panikattacke zu haben. Vor den kleinen Bussen habe ich zwar immer noch ein wenig Angst. Man stoppt nicht mit einem Knopfdruck sondern durch rufen. (Ich vermisse die Stoppknöpfe, ich habe sie nie wirklich zu schätzen gewusst, aber jetzt vermisse ich sie unglaublich) Und man bezahlt, wenn man aussteigt. Wenn ich die Möglichkeit habe, dann nehme ich immer die großen Busse, aber manchmal musste ich auch schon einen kleinen Bus nehmen. Das ist ein spannendes Erlebnis, besonders, wenn es voll ist. Die kleine Busse sind nämlich nicht besonders groß, und man steht mit einer sehr ungesunden Körperhaltung im Bus. Für noch größere Menschen als ich muss das wirklich schrecklich sein. Und es gibt auch keine Festhaltemöglichkeiten, also werde ich wohl bald mal hinfallen. Am Sonntag haben wir eine Exkursion gemacht. Das war ein Angebot von YIC, für das sich jeder anmelden konnte. Insgesamt waren wir um die 23 Personen. Es wurde ein extra Bus gemietet und ich durfte während der Busfahrt das erste mal die Armenier von ihrer verrückten Seite kennenlernen. Der Bus hatte nur Platz für 20 Personen, aber das war kein Grund nur 20 Personen mitzunehmen, es wurden einfach noch ein paar extra Hocker in den Bus gestellt. (Ich dachte ja am Anfang, dass das ein Witz ist, aber nein, sie haben das wirklich gemacht.) Eigentlich waren die Hocker recht unnötig, da die meiste Zeit gesungen und getanzt wurde. Es war super laut und die Lieder waren sehr armenisch. Eine Reihe von 5 Mädchen hat in dem nicht wirklich breiten Bus traditionell armenisch getanzt, während der Rest mitgesungen (eher mitgeschrien) und mitgeklatscht hat. (Und es war kein Alkohol im Spiel. Die Vorstellung, dass in deutschen Bussen ohne Alkoholeinfluss einfach spontan ein deutscher Tanz zu deutscher Musik getanzt wird ist echt absurd) Der Busfahrer hat fleißig mitgesungen und mitgeklatscht. Ja, während dem Fahren hat er mitgeklatscht. (Ich hatte Angst).
Wir haben drei wirklich schöne Orte außerhalb von Gyumri besucht. Als erstes ein altes Dorf, welches in Mitten von tiefen Schluchten gelegen hat (Ganz toll für Leute mit Höhenangst. Ich hab mich sehr wohl gefühlt) und als zweites ein altes, verlassenes Kloster mitten im Nichts. Das war mein Lieblingsort, da es so wunderbar friedlich und hübsch war. Der letzte Ort war der langweiligste. Es war ein Park, also eigentlich ein Wald mit lauter verschiedenen Bäumen und Pflanzen aus der ganzen Welt (Ich finde, es sah genau so aus, wie jeder Wald in Deutschland). Ein bisschen anstrengend war, dass die armenischen Mädchen sehr gerne Fotos von sich selbst gemacht haben. Mir kam es so vor, als würden sie, die teilweise echt schönen Orte überhaupt nicht wahrnehmen, da sie ständig auf der Suche nach dem perfekten Motiv für ein Foto waren. Irgendwann im Park hatte ich echt keine Lust mehr alle 5 Meter für 10 Minuten stehen zu bleiben, sodass jedes Mädchen ein Foto von sich vor dem Baum hat. Und es konnte nicht nur ein Foto sein, es waren 5 bis 10 Fotos in unterschiedlichen (teilweise echt albernen) Posen. (Ehrlich! Was macht man mit so vielen Fotos? Ich verstehe es wirklich nicht) Aber irgendwann war auch der Park vollständig besichtigt.
Zwischen den Besichtigungen gab es Mittagessen. Das war auch eine spannende Angelegenheit, da mir gesagt wurde, dass sich jeder etwas mitbringen soll. Die Realität war, dass jeder etwas für sich mitgenommen hat, und für alle anderen auch. So war der Tisch vollgepackt mit Plastiktüten voller Brot, Wurst, noch mehr Brot, Tomaten, Käse, ein bisschen Brot, Gurken, Eier, Trauben, und natürlich Brot. Manche hatten extra Reisetaschen voller Essen mit dabei. Und natürlich gab es auch noch reichlich Nachtisch. (Das war Kuchen, es ist immer Kuchen, sehr trocken, aber sie stehen auf Kuchen. Manchmal gibt es zum Frühstück Kuchen und zum Mittagessen auch. Ich weiß noch nicht, ob mir das gefallen wird). Abends haben wir noch einmal Pause gemacht, um ein wenig zu entspannen. Sie hatten einen Ball dabei, und ich musste Volleyball spielen. (Gott sei dank habe ich in den letzten 5 Jahren in der Schule ständig Volleyball spielen müssen, so dass ich mich nicht allzu sehr blamiert habe.) Ansonsten gab es nochmal etwas zu essen (Wassermelone! ❤❤❤❤) und es war scheißkalt und ich habe gefroren. So gegen 8 Uhr waren wir wieder in Gyumri und machten uns auf den Heimweg. Bevor dieser Blogeintrag beendet ist, sollte ich noch anmerken, dass der andere Freiwillige (natürlich heißt er Christian) aus Dänemark angekommen ist. Es ist sehr nett (aber ich befürchte, dass wir nicht den selben Humor haben) und wir werden sicher gut zusammen leben können. Das war es dann vorerst. :)
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