Der Winter kommt
Der November war - auch ohne Schnee - mit den Feiertagen ein erlebnisreicher Monat.
Die letzte Oktoberwoche war arbeitstechnisch wenig aufregend. Auch wenn wir viel Blätter geharkt haben und viel Zeit darauf verwendet haben, ein großes Beet des Gartens zu vermessen und Wege festzulegen. Nach der Schule jedoch waren wir bei einer Aufführung des Gymnasiums von Ogre und haben sowohl lettische Tänze als auch einen Chor gesehen. Auch haben wir mit einer anderen Freiwilligen, die auch hier in Ogre wohnt, Laugenbrezel selbst gebacken.
Am Wochenende sind wir nach Cēsis gefahren, waren auf dem sehr zugigen Kirchturm und anschließend im Schloss. Dort haben wir immer zu zweit eine Laterne bekommen und konnten so auch in dunkle Schächte hinabklettern.
In der nächsten Woche ging es dann weiter mit den Herbstvorbereitungen: Ich habe also mit den Kindern, aber auch allein Tulpenzwiebeln versteckt, verschiedenste Erbsen und Bohnen rausgerissen und auf den Kompost geworfen. Eine weitere Tätigkeit die auch noch weit in den November hineingereicht hat, war das Öffnen von Bohnen. Wir haben so unglaublich viele. Auch haben wir in der Küche geholfen beim Rote Beete schälen und reiben und Kartoffel schneiden. Das war jedoch eine Ausnahme.
Das auf diese Woche folgende Wochenende sind wir in unserer üblichen Gruppe nach Jelgava gefahren und haben eine andere Freiwillige von dort getroffen, die uns ein bisschen durch die Stadt begleitet hat. An diesem Samstag fanden gerade die Weltmeisterschaften im Winterschwimmen statt! Wir haben den ganzen Tag auch ohne im Flusswasser zu schwimmen gefroren- uns hat das Wasser aus den Wolken gereicht. Außerdem sind wir zu einer Wildpferdekoppel gelaufen und hatten Glück, dass die Tiere gerade sehr dicht am Eingang waren und wir sie nicht erst suchen mussten. Danach hat spontan noch eine andere Freiwillige zu Sonntag bei uns übernachtet.
In der darauffolgenden Woche habe ich dann weiter Bohnenpflanzen ausgerissen. Außerdem haben wir in unseren Europastunden die Geschichte „Goldlöckchen und die drei Bären“ vorgelesen. Am 10.11. war dann Martiņdiena. Das ist zwar zu einer ähnlichen Zeit wie unser Martinstag, hat aber miteinander nichts zu tun. Den Tag haben wir in der Schule gefeiert, indem es ein Konzert gab bei dem alle Kinder etwas gesungen haben und eine Geschichte aufgeführt wurde. Danach haben die Kinder einen Markt veranstaltet, bei dem jedes Kind etwas selbstgemachtes, sei es Süßes oder auch gebastelte Kleinigkeiten, verkauft hat. Das Geld ging in die Klassenkasse, wovon die Schüler dann nächstes Jahr einen Ausflug machen werden. Wir sind, auch wenn die meisten Schüler mit ihren Eltern nach Hause gegangen sind, noch in der Schule geblieben. Dort haben wir dann die Übernachtung mit den ältesten Kindern vorbereitet bzw. die Nachtwanderung, die wir mit ihnen gemacht haben. Als die Kinder dann nach und nach wieder kamen, haben wir Süßes gegessen, verstecken gespielt in der Schule und vieles mehr. Abends haben wir dann auch unsere Nachtwanderung auf dem Grundstück der Schule gemacht. Danach haben die Kinder noch zwei Filme gesehen wobei wir in der Zeit eher Tee getrunken haben.
Ein paar wenigen Stunden Schlaf später haben wir dann aufgeräumt, Schlüssel wiedergefunden und sind nach Hause gefahren. Nach einer kleinen Ruhepause ging es dann aber direkt wieder los nach Riga, da am 11.11. Lāčplēša Diena ist, der Tag des Bärentöters. Das ist ein Tag an dem gefallenen Soldaten gedacht wird, vor allem denen des ersten Weltkrieges. Wir haben an einer Veranstaltung des Erasmus Student Network teilgenommen, bei der wir mit der Straßenbahn auf den „Brüder Friedhof“ gefahren sind, dann dort Kerzen angezündet haben und von Letten, die das Event geleitet haben, weitere Infos zum Tag bekommen haben. Der Friedhof ist ziemlich beeindruckend geplant, insofern, dass wenn man am Eingang steht, nur die Frau, die Lettland symbolisiert sieht, welche sich zu gefallenen hinabbeugt. Erst wenn man weiter auf den Friedhof, der ausschließlich für gefallenen Soldaten ist, geht, sieht man etwas abgesenkt die Gräber. Dort auf dem Friedhof gab es dann eine Ansprache und anschließend wurden mit der Feuerschale, die auch dort steht, die Fackeln angezündet, welche man sich vorher nehmen konnte. So sind wir dann mit der Fackel in der Hand einem großen Umzug folgend etwa 5km durch Riga zur Freiheitsstatue gelaufen. Dort gab es dann wieder eine Ansprache, viele Leute haben Blumen niedergelegt und ein Chor hat gesungen. Zur Feier des Tages gab es verschiedene Konzerte von lettischen Chören, aber wir mussten uns erst einmal wieder aufwärmen, nachdem uns der eisige Wind auf dem Weg zu schaffen gemacht hatte. Deshalb sind wir am Ende nur noch an den Fluss Daugava gegangen und haben zugesehen, wie ein brennendes Floß auf den Fluss geschickt wurde.
Dieser Tag und der 18.11. sind der Grund weshalb im November an jedem möglichen und unmöglichen Ort lettische Flaggen aufgehängt werden. Der 18.11. ist nämlich der Unabhängigkeitstag Lettlands. Diese Zeit hat mir noch einmal sehr deutlich gezeigt, wie wenig Patriotismus in Deutschland normalerweise vorherrscht oder gezeigt wird. Denn es wurden nicht nur Flaggen überall aufgehängt, an sehr viele Laternen sowohl im Ort als auch vor Shopping Centern, sondern haben sich auch viele Letten eine Schleife in den lettischen Flaggen an die Kleidung geheftet. So konnte man alles in den lettischen Farben kaufen, aber es gab z.B. auch in einem Supermarkt diese Flagge zum Anheften kostenlos an der Kasse. Da der 18.11. aber ein Samstag war, haben wir den Unabhängigkeitstag Lettlands schon am Freitag davor in der Schule gefeiert. Wir haben vorher in der Woche mehrmals geübt mit der ganzen Schule zwei Lieder zu singen und so wurden am Freitag dann von allen Klassen aber auch den zwei Vorschulgruppen ein Gedicht und/ oder ein Lied vorgetragen, anschließend haben wir noch die zwei geübten Lieder gesungen und die lettische Hymne. Danach wurden die Tische sehr schön geschmückt, während ein wenig Unterricht war und die ganze Schule hat ausnahmsweise zusammen Mittag gegessen. Die Tischdekoration war auch in den Farben der lettischen Flagge gehalten, also die Blumen auf dem Tisch, die Servietten, aber auch der Rote Beete Salat hatte einen Saure-Sahne-Streifen in der Mitte, sodass er die Flagge dargestellt hat. Und zur Feier des Tages gab es dann auch zum Kaffee eine schicke Torte mit vielen Lagen mit Kirschen und Sahne, ganz in den Farben der Flagge. Ich denke, ich habe jetzt rüber gebracht wie Stolz die Letten auf ihr Land sind.
Am Abend sind wir dann noch zu Staro Riga gefahren, einem Festival of Lights, bei dem es also verschiedene Projektionen an Häuserwänden gegeben hat zu verschiedensten Themen. Aber natürlich gab es, wenn schon die Feier in der Schule so groß war, zum 18.11. auch eine Feier in Riga. So sind wir dann am Samstag, nachdem wir den Vormittag in Adaži verbracht haben abends nach Riga gefahren, wo es sogar noch einige Erweiterungen des Staro Riga gab und eine Ansprache und Chorgesang an der Freiheitsstatue. Abends gab es dann noch am Daugava ein großes Feuerwerk. Am Sonntag sind wir dann hier ins Theater gegangen und haben uns Matilda angeschaut.
In der folgenden Woche war, nach einem freien Montag, Dienstag der spanische Abend zweier anderer Freiwilliger hier aus Ogre. Das war ziemlich unterhaltsam und wir haben gleichzeitig auch noch Freunde von den Freiwilligen vor uns kennengelernt.
Den Samstag danach sind wir nach Lielupe an die Ostsee gefahren. Dort haben wir nach einem kleinen Snack einen Spaziergang gemacht, der uns auf dem Hinweg durch den Wald und zu einem Freilichtmuseum geführt hat und auf dem Rückweg an der Ostsee am Strand entlang. Das Wasser hier in der Rigaer Bucht ist fast nicht salzig und wir hatten sogar Glück mit dem Wetter und Sonnenschein! Nach einem gemütlichen Tee sind wir dann noch weiter nach Adaži gefahren und haben bei anderen Freiwilligen übernachtet mit denen wir dann auch den Sonntag verbracht haben.
Letzte Woche war am Montag der Dirigent eines sehr berühmten lettischen Liedes in der Schule und hat den Kindern ein wenig etwas erzählt. Am nächsten Tag war dann jemand aus Myanmar da und hat von den dortigen freien Schulen, die er geholfen hat aufzubauen erzählt und wie unterschiedlich das Leben dort ist. Das war sehr interessant. Ansonsten habe ich Apfelbäumen Feinstrumpfhosen angezogen, die Bohnen soweit erstmal fertig sortiert und angefangen die Bücher unserer Gartenbibliothek zu sortieren.
Am Freitag sind wir dann am Abend nach Riga gefahren und am Samstag mit dem Bus um kurz vor 2 nach Tallinn gefahren. So waren wir dann gegen 7 am Morgen in Tallinn, nur leider hatte noch fast nichts offen. Dennoch konnten wir so beobachten, wie es langsam hell wurde und eine leere Stadt betrachten. Tallinn hat etwa 700 000 Einwohner und ist dementsprechend nicht so groß. Trotzdem ist es eine sehr schöne, verwinkelte und alte Innenstadt oder zumindest sieht sie alt aus, denn wie wir auf der Free Tour, an der wir teilgenommen haben, gelernt haben, wurde die Stadt häufig und viel zerstört. Außerdem haben wir noch zwei andere Freiwillige von der Fähre in Tallinn abgeholt, die aus Finnland mit uns Tallinn erkundet haben. Auch wenn der Weihnachtsmarkt in Tallinn nicht so besonders groß ist, lohnt sich ein Besuch. In Tallinn gab es den ersten Tannenbaum, der zu Weihnachten aufgestellt wurde. Am Sonntag haben wir dann noch die Markthalle auf der neueren Seite von Tallinn besucht und sind anschließend zurück gefahren.
Diese Woche waren dann am Montag Kinder aus anderen Schulen bei uns und haben Sprüche über Lettland vorgetragen. Außerdem war ich einen Tag bei den Vorschulkindern und wir haben beim Sportunterricht bei den kleinsten mitgeholfen die Kinder wieder auf die Ski zu ziehen. Denn wer Ski mit in die Schule bringt, darf diese im Sportunterricht aber auch in den Pausen nutzen. Ansonsten fahren wir viel Schlitten. Morgen haben wir dann einen Weihnachtsmarkt in der Schule, bei dem Eltern verschiedenste Dinge verkaufen können.
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