Der Machtwechsel in den USA und dessen Bedeutung für Europa
Die Trump-Ära ist vorbei: mit dem Regierungswechsel in den Vereinigten Staaten warten auch auf Europa und die EU Veränderungen.
In Zusammenhang mit den diesjährigen Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten fällt regelmäßig das Wort „schicksalshaft“, wodurch die weitreichende Relevanz, sowohl zeitlich als auch geographisch, herausgestellt werden soll. Die politische Vormachtstellung der USA lässt sich nicht negieren und so beeinflusst das Wahlergebnis im Sinne multilateraler Zusammenarbeit die bevorstehenden politischen Entscheidungen und Handlungen auf globaler Ebene entscheidend.
Die Bedeutung des Wahlausgangs sollte nicht auf die vierjährige Dauer der Amtszeit reduziert werden, denn in Bezug auf den Klimawandel, die Etablierung autoritärer Herschaftsregime und damit die Schwächung demokratischer Werte, bestimmen die kommenden Jahre wesentlich über unser aller langfristige Zukunft.
Bereits die vergangene Zeit unter Trump hat den Ton in der Außenpolitik besorgniserregend verschärft und die Grenzen des Sag- und Machbaren in vorher undenkbare Sphären verschoben. Der amerikanische Staatschef hat die Politik wie kein anderer emotionalisiert und den Schwerpunkt von der eigenen politischen Programmatik, zuletzt besonders sichtbar im Kanditatenrennen gegen Joe Biden, auf das Ausschalten ideologischer Gegner bzw. Andersdenkender verlagert.
Im Hinblick auf die zunehmende Isolierung der Vereinigten Staaten Amerikas, steht die Europäische Union vor notwendigen außen- und sicherheitspolitischen Reformen.
Joe Biden hat sich als angehender Präsident gegenüber den europäischen Partnern für eine „Wiederbelebung“ der Beziehungen ausgesprochen. Anders als Donald Trump der sich im Sinne der Parole „America first“ von Europa distanzierte, pocht Biden nun darauf die Verbindungen zu stärken, um den aktuellen Krisen gemeinsam entgegenstehen zu können. Biden steht der Idee und Konzeption der EU deutlich offener und verständnisvoller entgegen als sein Vorgänger, für den Deutschland und Europa vornehmlich eine Zielscheibe für seine Tiraden darstellte, als einen strategischen Partner. Neben strategischen und sicherheitspolitischen Abhängigkeiten, nehmen die Vereinigten Staaten auch im Rahmen einer zukunftssichernden Klimapolitik eine unverzichtbare Stellung ein. Als der weltweit zweitgrößte Umweltverschmutzer, sind unmittelbare Anstrengungen und Maßnahmen nötig, um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten. Joe Biden ließ bereits verlauten dem Pariser Klimaschutzabkommen, aus jenem Trump sich demonstrativ ausgeklinkt hatte, wieder beizutreten. Der Glaube an einen vorbildhaften Kurswechsel und die Entwicklung hinzu einem führungsgebenden Klimaretter ist durch die Amtsjahre unter Trump erstickt worden. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2050, Kern des Pariser Klimaschutzabkommens, fordert einen deutlichen Wandel. Der Ausbau erneuerbarer Energien muss dabei unweigerlich mit einem Abbau besonders klimaschädlicher Industrien einhergehen. Wenn weiterhin an den überfälligen Strukturen festgehalten wird, können das die sonstigen Anstrengungen nicht kompensieren. Gasförderung durch Fracking hat eine lange Tradition in den USA, ist aber nicht ohnehin in Deutschland verboten, da es durch Freisetzung gefährlicher Chemikalien der Umwelt Schaden zufügt. Doch ebenjene Methodik soll auch unter Biden weitergeführt werden, ließ die Vizepräsidentin Kamela Harris durchscheinen. Eine vollständige Karbonisierung fordert Kompromissbereitschaft und das Ablassen von veralteten Traditionen. Wenn die erforderlichen Schritte nicht möglichst zeitnah umgesetzt werden, warten auf uns in der nahen Zukunft noch viel weitreichendere, einschneidende Veränderungen. Werden heute die richtigen Investitionen und Vorkehrungen getroffen, kann das den immensen direkten und indirekten, zum Beispiel finanziellen, Schaden des Klimawandels zumindest verringern.
Die Zusammenarbeit über den Atlantik ist die Handelspolitik betreffend deutlich enger als bei der Umweltpolitik. Rund 45 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung werden über den Export eingefahren. Doch auch die Aufstellung des europäischen Binnenmarktes hat bis dato wirtschaftliche Stärke erwiesen. Mit der Corona-Pandemie ist die Wirtschaftskraft zurückgegangen, doch will die EU die Krise mit dem Wiederaufbauprogramm auffangen.
Die finanzielle Hilfe lindert zunächst die akuten wirtschaftlichen Einbrüche, für eine langfristige Relevanz auf dem globalen Handelsmarkt ist aber weit mehr die technologische Adaptation an die Anforderungen der modernen Zeit von Bedeutung. Um nicht den Anschluss an den Weltmarkt zu verlieren sollte die Investition in neue Technologien mehr unterstützt und damit vorangetrieben werden.
Auch wenn der bevorstehende Machtwechsel und damit das Ende der Trump-Ära viele positiv in die Zukunft blicken lässt, werden einige der transatlantischen Konfliktlinien weiter Bestand haben. Zu nennen ist die stark entgegengesetzte Einstellung zur Rüstungspolitik, die von Deutschland als Mitglied der NATO weiterhin Kompromisse fordern wird.
Die NATO steht schon länger in der Kritik, unter anderem aufgrund der starken Einflussnahme autoritärer Staaten, darunter die USA. Viele der dominierenden NATO-Mitglieder im Sicherheitsrat handeln ausschließlich zum eigenen Vorteil, um die eigenen strategischen und geopolitischen Ziele durchzusetzen, ohne jegliche Skrupel. Die Sicherheit der europäischen Staaten steht durch die herrschende Willkür in der NATO in Gefahr.
Europa kann sich nicht im vermeintlichen Windschatten hinter den Vereinigten Staaten Amerikas zurückfallen lassen. Im Gegenteil sollte die EU ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, die eigenen der Institution fundamentgebenden Anforderungen an die Mitgliedstaaten durchsetzen und die gemeinschaftliche Idee weitergreifend umsetzen. Um nicht zum Spielball der aufstrebenden Weltmächte zu werden, sollte die EU eine selbstständige, alternative Sicherheitspolitik entwickeln, auch um die europäische Integrität zu wahren. Die Zukunft der EU-Mitgliedstaaten muss von den poltischen Entscheidungen in Washington, Moskau und Peking entkoppelt werden. Europa kann und muss die eigene Handlungskraft und -fähigkeit stützen, mit dem Ziel die wirtschaftliche als auch militärische Sicherheit von den globalen Fronten zwischen den aufbegehrenden Imperien abzuschirmen.
Quellen:
https://www.welt.de/politik/ausland/us-wahl/article218983170/US-Wahlen-2020-Was-fuer-Europa-auf-dem-Spiel-steht.html
https://www.fu-berlin.de/sites/ub/ueber-uns/un-eu/veranstaltungen/BED-5/index.html
https://www.nw.de/nachrichten/politik/22889075_Was-bedeuten-die-US-Wahlen-fuer-Europa.html
https://www.nzz.ch/international/ungarn-die-eu-und-korruption-gott-glueck-und-viktor-orban-ld.1588960?reduced=true
https://www.dw.com/de/gastkommentar-die-us-wahl-ist-ein-warnsignal-f%C3%BCr-europ%C3%A4er/a-55535330
https://www.andreas-sturm.com/aktuelles/die-bedeutung-der-us-wahl-fuer-europa/
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