Das Kloster Geghard
Ein Ort der Geschichte und des Gebetes
Im Jahr 2000 wurden einige bedeutende Kulturschätze Armeniens ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen, darunter auch das Kloster Geghard, das nah zum Garni-Tempel im Süden der Hauptstadt Jerewan liegt. Es wurde im 4. Jahrhundert n. Chr. an einer Quelle erbaut, die Gründung wird dem ersten Katholikos und Patron der armenisch-apostolischen Kirche, dem Heiligen Gregor dem Erleuchteten, zugeschrieben. Charakteristisch für das Kloster sind die zum Teil in Felsen gehauenen Räume, die eine besonders gute Akustik geben. Auch meine Begleitung und ich ließen es uns nicht nehmen das ein oder andere Lied anzustimmen. Überall auf dem Gelände findet man typische Zeichen der armenischen Kunst wie den Chatschkar, einen kunstvoll behauenen Reliefstein, der das für Armenien typische, längliche Kreuz zeigt. Von innen sind die Gotteshäuser dafür nur wenig geschmückt, da die Kirche arm ist.
Immer wieder stößt man auf Gebetsnischen, in denen man nur durch ein kleines Loch hindurch ein Heiligenbild erspähen kann und in denen Mönche oft tagelang im Gebet ausharren, wenn sie gesündigt haben oder um ein besonderes Anliegen bitten. Anders als in Deutschland leben die Mönche aber nicht in der Klosteranlage sondern in nahen Dörfern und kommen nur zur sonntäglichen Messe oder zum persönlichen Gespräch mit Gott zum Kloster. Auch heute wird noch jeden Sonntag ein Gottesdienst abgehalten.
Hinter dem Gebäude an der erwähnten Gründungsquelle befindet sich eine kleine Höhle mit Steintürmchen, die zur Messung von Erdbeben dienen. An Büsche geknotete Tücher stehen für Träume und Wünsche von Menschen. Nahe der Kirche kann Gott, so sagt man, diese Sehnsüchte besonders gut sehen und wird sie dann hoffentlich auch erhören.
Vor der Klosteranlagen warten Verkäufer und Taxifahrer auf die (im Frühjahr recht seltenen) Touristen, um ihnen aus Fruchtsaft hergestellte Süßigkeiten, Brotwaren und Souvenirs zu verkaufen oder sie zurück in die Stadt oder zumindest zur nächsten Busstation zu bringen.
Auch heute gehören nicht nur etwa 94 % der Bevölkerung der armenisch-apostolischen Kirche an, sondern ist Religiosität auch tief in den Menschen, ihrer Kultur und Geschichte verwurzelt, insbesondere da Armenien das erste Land der Welt war, das 301 n. Chr. das Christentum zur Staatsreligion erhob. Heute garantiert die armenische Verfassung selbstverständlich Religionsfreiheit, der Kirche werden aber bestimmte Sonderrechte eingeräumt und viele Gläubige nehmen die Worte des Katholikos sehr ernst. Religiöse Minderheiten sind die armenisch-katholische Kirche, die Molokanen als Abspaltung der russisch-orthodoxen Kirche und der von den Kurden und Aserbaidschanern praktizierte Islam.