Das Ende naht!
Auch für dielene heißt es nun Abschied nehmen - zumindest von „ihren Kindern“ und den Menschen im Altenheim. Dem Land kehrt sie erst in einem Monat den Rücken, denn es gibt noch viele Orte zu entdecken.
Hallo zusammen!
Was soll ich sagen? Bei mir ist es soweit: Es heißt Abschied nehmen!
Die Kleider sind schon im Koffer verstaut, die letzten Fotos habe ich gerade noch auf CD gebrannt; das letzte Frühstück gerade eingenommen in der Wohnung, die neun Monate lang mein Zuhause war...
Ein verdammt komisches Gefühl. Da ist natürlich zum einen Traurigkeit, all die Leute und Orte, die man liebgewonnen hat, verlassen zu müssen und zu wissen, dass man sie vielleicht (wahrscheinlich?) nie mehr wiedersieht. Aber natürlich auch Vorfreude auf das, was kommt. Auf "das Leben danach" sozusagen.
Dieses "Leben danach" sieht bei mir so aus: Ich werde erst mal noch im Land bleiben und ein bisschen rumreisen. Zunächst werde ich eine Woche in Pärnu, Estlands "summercapital" an der Westküste, mit meinen Eltern Urlaub machen, dann bei einem gemütlichen Barbecue-Abend in Tartu das WM-Eröffnungsspiel anschauen, in Tallinn die weißen Nächte unter anderem zu den Klängen von Metallica unter freiem Himmel genießen, und dann noch zehn Tage auf Saaremaa, der größten estnischen Insel, verbringen. Ab dem 26. Juni hat die Heimat mich dann wieder.
Im Moment versuche ich noch, den Sommer in Deutschland ein bisschen zu planen, mich um einen Praktikumsplatz (was von Estland aus, wenn man nicht einfach mal kurz anrufen kann, reichlich kompliziert zu organisieren ist), oder Workcamp zu kümmern. Aber das ist alles gefühlsmäßig noch ewig weit von mir weg und auch wenn ich mich natürlich sehr darauf freue, Euch alle daheim wiederzusehen, mag ich eigentlich noch so wenig wie möglich daran denken, wie es wird, wenn ich zu Hause bin.
Schließlich bin ich noch fast einen Monat in Estland (wenn auch nicht mehr in meinem Projekt, so doch irgendwo "on the roads") und dieses Leben hier will ich noch so richtig genießen.
Heute allerdings steht erst mal noch der Abschied von "meinen Kindern" im Waisenhaus an, der mir bestimmt schwer fallen wird. Ich werde sie wirklich vermissen! Auf jeden Fall werde ich nachher noch ganz viel Eiscreme für die Kiddies kaufen; vielleicht muntert das ein bisschen auf ;). Letzte Woche habe ich mich schon von den alten Leuten im Krankenhaus verabschiedet, und obwohl ich dort erst vor zwei Monaten angefangen hatte, war ich richtig traurig! Aber da kann man nichts machen, c’est la vie.
Noch kurz will ich Euch schreiben, was ich in den letzten Wochen so gemacht habe: War eigentlich gar nicht so viel. Ich war die meiste Zeit (und sogar an den Wochenenden!) in Sillamäe und hab es genossen, einmal ein bisschen mehr Ruhe und Zeit zu haben. Ich war oft am Strand und beim Besuch von anderen Freiwilligen waren wir natürlich wieder einmal in Narva und führten außerdem nächtelange Diskussionen (Puuhh!). Ich machte alleine einen Ausflug an den Peipsi-See (im Osten Estlands, gar nicht weit von mir weg, circa fünfmal so groß wie der Bodensee), wo ich den ganzen Tag mit Spazieren gehen, Muscheln suchen und in der Sonne dösen am Strand verbrachte, aber nicht einer einzigen Menschenseele begegnete - also wirklich Natur pur!
Am Donnerstag war ich bei Katharina in Tallinn und wir besuchten ein super Konzert: russischer Reggae und estnischer Ska in der "Van-Krahli-Bar". Solltet Ihr irgendwann mal nach Tallinn kommen, kann ich diese Bar nur empfehlen; da sind eigentlich immer tolle Veranstaltungen und es ist ausnahmsweise mal keine so typische Touristen-Kneipe. Nachts wird es übrigens gar nicht mehr richtig dunkel und als wir Freitagfrüh mit der ersten Tram um fünf Uhr heimfuhren, war es schon wieder taghell!
Freitag habe ich meine Eltern vom Flughafen abgeholt und wir bestaunten noch einmal so richtig krass den Kontrast zwischen Altstadt, also Touristen-Zentrum, und den Plattenbausiedlungen in den Außenbezirken (Lasnamäe), wo sich für die meisten Einheimischen das eigentliche Leben abspielt. Außerdem konnten wir Biberdämme und weite Moore im wunderschönen Lahemaa Nationalpark bewundern; Wasserfälle, Klippen, Burgen und Herrenhäuser. Besonders eindrucksvoll war für mich das orthodoxe Nonnenkloster in Kuremäe, das total abgeschieden irgendwo in der Pampa liegt. Wir waren dort ziemlich früh am Vormittag, und in der Morgenstimmung bei Sonnenschein schien innerhalb der Klostermauern wirklich ein Stückchen "heile Welt" wie aus dem Bilderbuch bewahrt zu sein! Schöne Backsteingebäude mit grünen Türmchen, Blumenbeete und Vogelgezwitscher, zwischendrin die arbeitenden Nonnen mit ihren weißen Kopftüchern - alles total idyllisch und besinnlich. Ich spürte richtig, wie ich selbst innerlich ruhig wurde und in dieser Atmosphäre kam mir schon das Geräusch meiner Schuhe auf den Kieswegen als viel zu laut vor! Meine Eltern sind jetzt gerade in Tartu, wo ich mich morgen wieder mit ihnen treffen werde. Jetzt muss ich noch ein paar Sachen erledigen: Bank, Bücherei, und so weiter, bevor ich dann meine letzten Sachen in den Rucksack stopfe.
Bis bald! Eure Lene