Das Ende ist nah!
Die Nachfolgerin steht fest – eine Tatsache, die bei Johannson bereits jetzt Abschiedsschmerz auslöst, obwohl der Rückflug noch einige Monate dahin ist. Außerdem hat er tapfer seinen ersten Einsatz in Gibside, jeglicher Erkältung zum Trotz, hinter sich gebracht und einen Beitrag bei der Verhaftung Feuer legender Jugendlicher geleistet, neben etwa tausend anderen Aktivitäten.
Abschied auf Raten
Wahrlich, ich sage Euch, dass Ende ist nah. Jetzt steht es fest: Rebekka wird der neue Johannes, so wie ich die neue Mareen war. Es ist furchtbar. Ich komme mir schon fast wie auf dem Rückflug vor. Warum habe ich nur diese furchtbare Konzentration auf die schlechten Nachrichten in mir? Wieso kann ich nicht die verbleibende Zeit genießen und alles danach aus dem Bewusstsein streichen?
Nun ja, der Hof kommt in gute Hände, so wie es aussieht. Ich hab Euch ja von den Bewerbern erzählt, Leute die drei seltene Arten gerettet haben, bevor sie aus dem Flugzeug gestiegen sind. Nicht so jemand wie ich, der sich am liebsten darüber unterhält, die Küste ganz einfach in Parkplätze und Büros zu verwandeln. Oder sich möglichst grausame Wege ausdenkt, die Gänse zu töten.
Vitaminbombardement
Morgen geht es los zu meinem Working-Holiday, der jetzt auf einmal nicht mehr in Wales sondern nahe Manchester ist, was mir einiges Ticketgeld hätte sparen können. Aber egal. Wenn ich wenigstens etwas Zeit hätte, die Freiwilligen dort besuchen zu können. Deshalb schreibe ich jedenfalls noch schnell einen Eintrag, weil ich weiß, dass ich es sonst alles in den nächsten einfügen werde. Und es ist durchaus Einiges passiert.
Da ist zuerst mein erster Einsatz auf Gibside. Das war letzten Freitag, und ich im Kampf gegen meine Erkältung, was den Sinn der Sache etwas in Frage stellte. Aber da ich Ostern aussetzen musste und so der nächste mögliche Termin einen Monat weg war, habe ich mich Donnerstagabend doch in den Zug gesetzt und bin nach Newcastle gefahren. Das war nicht so wirklich angenehm, weil ich mich zu diesem Zeitpunkt in warmen Räumen wie Zugabteilen überhaupt nicht wohl fühlte. Übernachtet habe ich bei Peter Brabban, nachdem ich mir noch ein Sandwich und eine Portion Fish&Chips als gesundes Abendbrot besorgt hatte. Wie immer zu spät ins Bett gekommen konnte ich ohnehin ewig nicht einschlafen, was mich am nächsten Morgen etwas nervös machte. Aber der Tag lief dann ziemlich gut, Peter hat mich nach Gibside gefahren, wo ich zuerst eine Einführung bekam und mich dann einem der Freiwilligentrupps anschloss.
Wo die Queen Urlaub machte
Gibside ist nämlich weit größer als die Farm. Im Südwesten und etwas außerhalb der Stadt gelegen umfasst es ein weites Gebiet, hauptsächlich auf einem Hügel gelegen. Als ehemaliger Sommersitz der königlichen Familie hat es ein Stallhaus, eine recht bekannte Kapelle, eine Orangerie und ein kleines Wohnschloss. Wobei die letzten beiden genannten ziemlich kaputt sind und demnächst renoviert werden. Ich hatte es mir ja etwas bebauter vorgestellt, aber den allergrößten Teil des Landes macht Wald aus, zusammen mit einigen Wiesen. Mitten im Forst steht die Freiheitssäule, mit breiten Schneisen, die wie Strahlen in alle Richtungen ausgehen, ist sie durch den Wald von jedem Ende Gibsides zu sehen. Besonders schön ist die Sicht zwischen Kapelle und der Säule, wo man eine lange breite, Gras überwachsene Eichenallee entlang blickt. Ja, ich stand tatsächlich in einem richtigen, gebirgsähnlichen Wald, einem sehr schönen sogar. Es hat mich etwas an den Harz erinnert.
Die beste Suppenküche
Mein Team hat mich eher an unsere ILM Truppe erinnert, der Umgangston und die Aufmachung von Bauarbeitern. Wo ich Euch gerade erst von Geordie erzählt habe, hier habe ich es das erste Mal voll in Aktion gehört. Trotzdem hatte ich recht wenige Verständnisprobleme. Was vielleicht auch daran lag, dass jedes zweite Wort verlässlich das böse F-Wort war.
Wir haben uns den ganzen Tag mit einem Stück Strasse beschäftigt, direkt unter einem kleinen See mit einem sehr hübschen, Kirchen ähnlichen Gebäude auf einem terassierten Hügel dahinter. Für meine Begriffe haben wir recht wenig gemacht, auch wenn sonst jeder sehr zufrieden schien. Aber es war ja auch Freitag. Theoretisch haben sie dort auch eine Stunde Pause wie wir, nur dreigeteilt und durch den An- und Abmarschweg vom Arbeitsplatz zu ihrer Hütte wird das fast verdoppelt.
In der Mittagspause bin ich mal ins Besucherzentrum gegangen, um die hausgemachte Suppe zu probieren, die letztens wohl einen Preis gewonnen hat. Juhu, als NT Freiwilliger habe ich sogar einen guten Rabatt gekriegt.
Der Ursprung allen Übels
Netterweise hat es nur in den Pausen geregnet und gehagelt, wenn ich ein Dach über dem Kopf hatte. So rau meine Kollegen auch erschienen, so habe ich später doch erfahren, dass achtzig Prozent selbst Freiwillige und sehr motiviert sind. Wirklich traurig zu sehen war ein immer ziemlich verwirrter älterer Mann. Wie ich erfuhr, war das ein Alzheimerpatient und früher ein sehr fähiger Ingenieur in der Marine. Unser Leiter, der mir das erzählte, ist wohl auch nicht so ganz gesund. Seine Stimme verriet ihn jedenfalls als lebenslangen Raucher. Der hat mit fünfzehn die Schule verlassen und ist in die Minen gegangen. Das ist noch nicht mal ein Extrem hier. Eine Freiwillige auf Bill Quay Farm hatte auch die Schule geschmissen und die war erst dreizehn.
Aber wisst Ihr, was ich erfahren hab? Die geplanten EVSler kommen jetzt nicht mal mehr im Juli. Eine einzige Spanierin ist bekannt. Und die kommt im September. Das kann doch kein Zufall sein! Ich weiß ganz genau, irgendwo in einer dunklen Ecke sitzt ein kleiner hässlicher Gremlin, der mich überall hin verfolgt und mir das Leben zur Hölle macht, wo er nur kann.
Stadt unter Glas
Ich hab gestaunt, wie gut ich den Tag überstanden hatte. Auf meinem Rückweg gegen halb fünf hab ich den Bus bis zum Metrocentre (ein riesiger Einkaufskomplex) genommen, der sogar dort Draußen alle paar Minuten fährt. So hab ich diese Kirche des Konsums das erste Mal selbst gesehen. Bisher hat es mich nie dorthin gezogen, da man vermutlich in keinem der zehntausend Geschäfte irgendwas besonders billig kriegt.
Es ist wirklich riesig, wahrscheinlich eine größere Fläche als ganz Easington und auch noch mehrstöckig. Restaurants, Pubs, Cafés, sogar ein Zahnarzt waren zugegen. Wegweiser sind nötig, um von einem Ende zum anderen zu finden und es hat einen eigenen Interchange, wo Busse und Züge halten (ironischerweise gibt es keinen Metroanschluss).
Während ich auf meinen Zug wartete, habe ich in der Zwischenzeit einen kleinen Rundgang durch die Hallen gemacht. Tja, was soll ich sagen? Hochglanz. Die Geschäfte wie auch die Kunden. Hier traf man schätzungsweise die Hälfte der kurz rasierten Charver der Region mit ihren Puppen an der Hand, die in ihren rosa Daunenjacken vor sich hin stöckelten. Für mich ist dort nicht viel Interessantes zu finden, auch wenn der Komplex bis neun Uhr auf hat, was zugegebenermaßen ein Vorteil ist. Allerdings bin ich über einen Stand für Baklava gestolpert und hab etwas mitgenommen.
Verreisen leicht gemacht
Trotz Verspätung ist irgendwann mein Zug gekommen und ich hab mich auf den Weg nach Hause gemacht. Zumindest habe ich es versucht. Als ich nach einer halben Stunde die Augen wieder aufmachte, sah ich auf einem Bahnhof aber einen mir noch nie aufgefallenen Ortsnamen. Oh je, im falschen Zug! Ja wieso sagt mir auch keiner, dass ich in Newcastle Hauptbahnhof umsteigen muss, wenn die Linie ganz eindeutig in die richtige Richtung ausgeschildert ist? So etwas Ärgerliches.
So bin ich in Morpeth ausgestiegen, etwa 20 Meilen nördlich der großen Stadt. Das soll ein schöner Ort sein, leider hatte ich nur eine Viertelstunde Zeit und krank keine besondere Motivation, ihn mir anzugucken. Glück für mich: der gleiche Zug drehte um und der Schaffner ließ mich ohne neues Ticket wieder zurück fahren. Schätze mal in Deutschland wäre ich wegen Schwarzfahrens auf dem nächsten Bahnhof rausgeschmissen worden.
Das war alles nicht so besonders schlimm, nur nervig, da ich so meinen letzten Bus von Seaham nach Hause verpasste und Paul mich abholen musste. Auf der Farm bin ich dann ziemlich schnell in mich zusammen gesackt, als der Tag dann doch seinen Tribut forderte. So habe ich mal Morpeth gesehen.
Smoke on the water
Was die fanatischen aber leider abgelehnten Umweltschützer jetzt auf die Palme treiben wird: Samstag habe ich mich vorwiegend ausgeruht und nichts gemacht. Nein, keinen einzigen Baum hab ich geschützt. Das wäre aber nötig gewesen, denn es ist Osterzeit und Easingtons sympathische Jugend geht in die Felder, um uralten Traditionen nachzugehen. Zum Beispiel Feuer legen. Paul war gerade am Curry kochen, als der auch gerade anwesende Jim brennende Felder bei Foxholes Dene meldete. Furchtbar... warum machen sie das immer, wenn er gerade Essen macht? Es waren zwar nicht so viele Brandherde, aber ein gutes Stück unseres Landes und die Strände waren in Rauch gehüllt. Paul ist mit dem Landrover los auf die wenig aussichtsreiche Jagd. Offenbar ist die Osterzeit hier immer am schlimmsten und nie kriegt man die Bande. Und die eigentlichen Ferien sind noch zwei Wochen hin.
Englische Traditionen: Die Osterfeuer
Aber diesmal haben wir Gefangene gemacht. Während Paul unterwegs war, haben wir von der Farm aus mit Ferngläsern und einem Teleskop die Charver entdeckt (und uns über die Vorteile weit reichender Präzisionsgewehre unterhalten) und Paul über Funk gemeldet. Was man kaum für möglich hält, aber mit der Hilfe von Spaziergängern aus Easington konnten wir alle sieben festnageln. Scheinbar bewegt sich doch was im Verhältnis mit der lokalen Gemeinde.
Dann hab ich die Aufgabe gekriegt, die Polizei zu rufen. Man war ich nervös, so etwas hab ich noch nicht mal in Deutschland gemacht. Die haben dann auch eine halbe Stunde bis zu Paul gebraucht. Immerhin wurden dann auch drei Mann (oder besser zwei Mädchen und ein Junge) eingesackt und mitgenommen. Passieren wird ihnen nichts, aber immer noch besser, als sie laufen lassen zu müssen. Auch wenn sie das eher als Trophäe betrachten werden.
Paul war sehr angetan von diesem Erfolg und ich fand es auch ziemlich cool. Das Curry wurde immer noch gut und ich hab mich nach dem Konsum meines Baklavas endlich mal früh ins Bett begeben.
Der Nächste bitte!
Sonntag ging es mir dann auch wieder richtig gut. Den Schnupfen hab ich offensichtlich an Paul abgegeben :-) Gerade rechtzeitig zum großen Fußballspiel. Wir marschieren ja gerade durch die Ränge. Im UEFA Cup sind wir im Viertelfinale, nachdem Olympiakos in zwei Spielen mit insgesamt 7:0 abgefertigt wurden.
Sonntag ging es wie angekündigt gegen Tottenham Hotspurs um das Halbfinale im FA Cup. Das erste Mal, dass ich das Stadion voll erlebt habe. Und Newcastle gut spielend. Nach zehn Minuten haben wir das 1:0 geschossen und obwohl es bei dem Ergebnis blieb, waren wir auch für den Rest des Spiels überlegen. Bis auf die Schlussphase, als Spurs drückte wie verrückt und unser Schwachpunkt, die Abwehr in Not war. Aber wir haben es den Londonern mal wieder gezeigt. Erst Chelsea, jetzt Spurs, wir schicken sie alle nach Hause.
Ich mag den englischen Fußball, hier herrscht noch ordentliche Feindschaft. Und wir saßen direkt unter den Gastfans. Ich hab mir meine gerade erst wieder gefundene Stimme kaputt geschrieen und gesungen. Es war einfach super, die Cogneys zu beleidigen. Ich hoffe, keiner erinnert sich an mich, denn nächstes Wochenende bin ich ja bei ihnen unten. Aber man hat einfach gespürt, wie viel es den Leuten im Norden bedeutet, dem Süden zu zeigen, was eine Harke ist. Ein Mann vor uns wurde am Ende von seinem kleinen Sohn nach Draußen gezogen, bevor er Probleme mit den Spurs Fans bekam. Ach, das war toll.
Jetzt sind wir im Halbfinale und leider müssen wir gegen ManU (das englische Bayern München) ran. Sogar Fans wie Paul und Peter sind skeptisch. Aber was soll’s. Ganz England wird mit uns sein.
Angst und Hoffnung
Man glaubt es ja nicht, aber auf der Farm geht es voran und das sogar schnell. Nicht nur, dass der Frühling mächtig zum zweiten Versuch bläst, ich habe jetzt sogar Mareens Report in der Hand. Eine Anfrage bei unserem Manager am Morgen und Montagnachmittag hatte ich ihn in der Hand. Mir ist ja fast die Kinnlade auf den Boden geklappt, so schnell geht das sonst nie. Sie muss ihm wirklich Angst gemacht haben; wenn es um EVS geht, muss ich nie auf etwas warten. Danke Märiin :-)
Jetzt muss ich selber zusehen, in die Gänge zu kommen. Sie selbst hat so ziemlich gleich nach ihrer Ankunft angefangen, als ich noch jeden Tag durch die Gegend getourt bin bis mir die Beine abgefallen sind. Jetzt hab ich kein halbes Jahr mehr und hoffe inständig, ihr nicht zuviel versprochen zu haben. Irgendwo muss ich lernen, Lebendfallen zu bauen, um die Kleintierstudie weiterzuführen.
Wider das Vertrauen
Während ich vor dem Büro stand hat Rocky übrigens eine Maus gefangen. Ich hab ihm etwas geholfen, gut, aber war hinterher dann doch ziemlich angewidert, als er sie immer wieder aufgenommen und weitergekaut hat. Bäh. Als wenn das nicht genug gewesen wäre, kam später Denis Frazer, mit dem wir im Caravan arbeiteten, und erzählte uns, dass er vorher auf eine dieser Horrordosen getreten sei... Zum Glück hatte ich noch Schnupfen.
Ach ja, im Wohnwagen haben wir gerade den zweiten Raum eingerichtet, Linoleum verlegt, Bodenlatten eingebaut und die Spüle rein gebracht. Letzteres hat Paul gewissenlos ausgenutzt. Ich hatte ein etwas schlechtes Gewissen, weil ich den Nachmittag über ziemlich schläfrig und unaufmerksam gewesen war. Als wir den Abfluss getestet haben, bin ich deshalb pflichtbewusst raus gesprungen, um von außen zu sehen, ob er funktioniert. Zuerst ist nichts aus dem Rohr gekommen. Ich dachte, es gäbe ein Problem, und Paul rief, ich sollte von unten ins Rohr gucken. Ihr seht schon wo das hingeht, aber ich dachte wirklich, etwas wäre nicht okay, und Paul klang absolut ernst. Ich hab mich natürlich etwas über die Order gewundert, es dann aber getan. Bis ich das Wasser rauschen hörte. Zum Glück bin ich in einem gottgleichen Reflex zurück gesprungen und nicht nass geworden, aber die beiden hatten was zum Lachen.
Ah! Rebekka, traue diesem Mann nicht! Niemals. Hinter den Vertrauen erweckenden Brillengläsern lauert das pure Böse. Und unter dem haarlosen Haupt überlegt ein niemals schlafender Geist, wie er seinen deutschen Freiwilligen als nächsten schädigen kann. Na, zumindest funktioniert die spontane Schimpfwortreaktion auf Englisch schon sehr gut.
Der bunte Zigeuner
In den letzten beiden Tagen hab ich die erwähnten Leisten bemalt, was immer ewig lang dauert, da man Tapete und Boden möglichst nicht mitfärben soll. So hab ich allein gestern vier Stunden lang auf dem Boden gelegen, die Farbbüchse direkt unter meiner Nase, und wer weiß, was ich da alles eingeatmet habe. Wundert Euch also nicht, wenn ich etwas Komisches schreibe. Außerdem bin ich voll mit Farbklecksen und sehe aus wie ein Zigeuner. Macht sehr viel Spaß in meiner Arbeitskluft durch Easington zu laufen.
Aber wir staunen alle, was wir aus dem Wagen gemacht haben. Damit könnten wir Geld verdienen. Und ich bin ein bisschen stolz, weil die meiste Malerei von mir gemacht wurde. All Ihr zukünftigen Freiwilligen, denkt gar nicht erst daran, irgendetwas zu ruinieren. Ich werde Euch den Frettchen zum Fraß vorwerfen. Schlimm genug, dass ich von hier vertrieben werden.
And the winner is...ME!
Etwas absolut Ungewohntes ist an diesem Tag auch noch geschehen. Ich habe gewonnen! Vor zwei Wochen im Gosforth College, in der Pause des Französischexamens, hab ich ein Los für eine Art... also ich habe ein Los gekauft. Ein Mädchen ging rum und hat die angeboten, der Erlös finanziert ihr einen Kurzaufenthalt in, ich glaub, Brasilien. Viel kürzer als EVS und man muss sich das Geld selbst organisieren.
Jedenfalls hab ich einen Preis erwischt, nämlich Tickets für ein Pferderennen. Ich hoffe, dass das nicht gerade an den Wochenenden ist, wenn ich weg bin. Ich bin noch nie bei so etwas gewesen und Paul meinte, die in Newcastle wären gar nicht schlecht. So wird sich also Euer aller Lieblingsverwandter/-freund/-bekannter unter die Schönen oder zumindest Reichen begeben, mit denen er ja später ohnehin verkehren wird, wenn er erstmal an der Weltherrschaft ist. Die Karten werd ich Montag abholen. Übrigens habe ich gerade erfahren, dass die mündlichen Prüfungen erst im Juni sind, sodass ich die Ergebnisse scheinbar erst kurz vor der Rückkehr erfahren werde.
Und sonst? Im Moment versuche ich gerade, Hanni auf die EVS-Schiene zu helfen, aber die türkische Nationalagentur ist alles andere als hilfreich, sodass wir noch nicht einmal eine Liste möglicher Entsendeorganisationen haben. Von Rebekka hab ich gerade wieder erfahren, wie einfach es mir damals gemacht worden ist. So staple ich die Hoffnungen für Hanni also mal lieber tief. Die hat ohnehin nicht soviel Glück und mal wieder Probleme mit ihrer Gastfamilie. Die hab ich ja mal gesehen, reiches Volk, hat uns nicht einmal guten Tag gesagt. Eine Schande, dass man nach meinen Informationen auf Entsendeorganisationen aus dem eigenen Land angewiesen ist. Sonst könnte man laut Paul einfach mal den Trust fragen.
Glück und Können
Ach ja. Vor Kurzem schien sich Paul wohl ernsthaft mit dem Gedanken zu beschäftigen, den durch die Auslagerung des Büros frei gewordenen Raum in ein weiteres Schlafzimmer zu verwandeln, um einen zweiten Freiwilligen aufzunehmen. Das wurde wahrscheinlich von den unglaublich guten Bewerbungen für die EVS-Stelle hier unterstützt – wir hatten mindestens vier Leute, die er am liebsten alle genommen hätte. So viel Begeisterung und Zielstrebigkeit und nur einer kommt durch.
Es gibt Leute, das glaubt man einfach nicht. Heute hab ich von einer gehört, die radelt aus Umweltgründen jeden Morgen 30km zur Schule (O-Ton: „Ich kann größere Strecken am Tag auf dem Fahrrad zurück legen: 180km.“) und macht auch ansonsten alles, um keinen Grashalm zu knicken.
Ich bin so froh, mich gerade letztes Jahr beworben zu haben und nicht gegen die Mareens und Rebekkas dieser Welt antreten zu müssen. Was hätte ich sagen sollen? „Ich kann größere Teile des Tages verschlafen (24h).“ Aber so wird den Zukünftigen alles geliefert. Gesellschaft, die Leute auf Gibside, und wenn ich meine Vorhaben in die Tat umsetze, ein Ratgeber mit meinem Wissen über die Region. Das Schicksal hasst mich.
Blaues Band
Nein es hasst mich nicht, sonst wäre ich gar nicht hier. Und könnte nach dem kurzen und fantastischen Winter nicht diesen Frühling sehen. Heute war wieder Walking Group und wir sind ein zweites Mal durch Hawthorn Dene gegangen, auf dem selbsterklärenden Schneeglöckchen-Lauf. Besonders schön finde ich die hier überall wachsenden Osterglocken. Den Weg hinunter zur Farm stehen sie in Gruppen am Rand, gelbe Flecken auf den grünen Wiesen. Auch im Wald stehen sie, zusammen mit den weißen Schneeglöckchen und den Boden deckenden, wenn auch noch nicht blühenden Anemonen, unter grünen Bäumen voller Efeu. Hawthorn ist wirklich schön mit seinem kleinen Bach durch die Mitte zum Meer. Und hier soll ich also wieder weg.
Heut hab ich auch wieder was zum Angucken für Euch. Gucken ist gut. Gucken ist viel einfacher als Lesen. Heute guckt Ihr auf Madzia. Und auf Rocky, der steht neben Madzia. Das war am Tag, als Joanna, Madzia und Debby auf die Farm kamen. Madzia und Rocky sind gute Freunde geworden. Wirft Mazia ihm Stöckchen, freut sich der Hund.
Es ist beinahe Mitternacht und ich habe noch nicht gepackt. Ich mach mich auf, bis nächste Woche.