Con Ballarò. Contro ogni forma di violenza
Demonstrieren gegen jede Form der Gewalt.
Schon von weitem hört man sie schreiend ihre Waren anpreisen; die Händler von Ballarò sind unüberhörbar. Genau dieses bunte Treiben gepaart mit Jahrhundert alter Tradition ist es, was die Touristen anzieht. Es riecht nach Fisch, nach Fleisch, Käse und Gewürzen. Abgesehen davon kann man auch alles andere für wenig Geld kaufen. Das fängt bei Kleidung an und hört bei Armaturen fürs Badezimmer auf. Aber Ballarò ist weitaus mehr als ein exotischer Touristenmagnet, mehr als bloß der bekannte Markt, an dem man sich auch nach dem dritten, vierten oder auch fünften Besuch nicht sattgesehen hat. In erster Linie ist Ballarò ein Stadtviertel von Palermo und zwar ein Problemviertel, wenn man so will. Auf den zweiten Blick sieht man Schmutz hinter all den bunten Farben: Die Anzahl der Einwanderer in Ballarò ist enorm, selbst für palermitanische Verhältnisse und der Zusammenprall der Kulturen fördert Konflikte. Gewalt und Kriminalität gehören zum Alltag in Ballarò, vor allem Drogen sind ein großes Problem. Als Frau wird einem immer wieder geraten diese Gegend zu meiden, wenn man alleine ist. Insbesondere bei Nacht. Vor ein paar Tagen ist es wieder einmal passiert; ein junger Immigrant wurde in der Nacht auf dem Nachhauseweg vom Fußballplatz kaltblütig in den Kopf geschossen – absolut grundlos. Das Entsetzten in der Bevölkerung ist groß und die Initiative SOS Ballarò ruft daraufhin zu einer. Demonstration „Gegen jeder Form der Gewalt“ auf.
SOS Ballarò macht sich dafür stark den Stadtteil Ballarò wieder zu einem Ort ohne Angst und Gewalt zu machen. So wird zum Beispiel eine Modernisierung der Straßenbeleuchtung bei Nacht gefordert. Außerdem organsiert die Initiative diverse Veranstaltungen um die Bevölkerung näher zusammenzubringen. Eine dieser Veranstaltung ist das sonntägliche Kochevent, bei dem erst auf dem Markt eingekauft wird und im Anschluss wird gemeinsam das Essen zubereitet und geteilt. Teilnehmen darf und soll jeder, der Interesse, Vorurteile oder auch Ängste hat, das sagen die Veranstalter ausdrücklich; Ballarò soll sich öffnen für alle, nahbar werden und durch den Kontakt zu der Bevölkerung sollen Ängste genommen werden. Die Demonstration findet an einem sehr verregneten Samstagvormittag statt, was die Leute aber nicht davon abhielt zahlreich zu erscheinen. Sie bringen Banner mit und dank der Regenschirme war die Demonstration bunter als sie vermutlich bei Sonnenschein gewesen wäre. Ursprünglich war geplant, dass die Demonstranten durch die vielen kleinen Gassen des Stadtteils laufen, da aber weitaus mehr Menschen kamen als erwartet wurde Ballarò wird einmal umrundet, danach geht es auf einer der größten Straßen über den Markt direkt ins Herzen des Viertels, wo diverse Redner ihre Stimme erhoben haben. Die Stimmung ist gelöst, niemand kommt auf die Idee sich über das Wetter zu beschweren. „Als Bürger von Palermo ist es unsere Pflicht heute hier zu sein und ein Zeichen zu setzten“, sagen viele Leute, denn die Palermitaner wissen wie viel Einfluss sie mit solchen Demos auf die politische Situation nehmen können. Die Menschen in Palermo haben unter der Herrschaft der Mafia vor über 20 Jahren eine ganz besondere Mentalität entwickelt und gelernt, dass man als große Menge gemeinsam etwas bewegen kann, wenn man den Mund aufmacht. Zum ersten Mal ist das passiert, nachdem die Bekannten Anti-Mafia-Juristen Paolo Borsellino und Giovanni Falcone im Jahr 1922 ermordet wurden. Danach gingen die Palermitaner unter dem Motto „Wie tolerieren euch nicht mehr, diesmal seid ihr zu weit gegangen!“ auf die Straße und der Erfolg gab ihnen recht. Die Mafia verschwand in den Hintergrund und wurde immer leiser. Heutzutage ist sie fast. unsichtbar, sowohl für die Touristen und als auch für viele Einwohner