"Bis Weihnachten!"
"Bis Weihnachten!" - das sage ich sonst Ende September eher selten. In diesem Jahr habe ich es jedoch ziemlich oft gesagt.
Am Donnerstag geht mein Flug. Damit war es ein Wochenende, indem ich so oft "Bis Weihnachten!" gesagt habe, wie zuvor noch nie im September, und vor mir liegen drei Tage voller Koffer packen, noch ein letztes Mal die besten Freunde treffen und noch einmal etwas Zeit mit der Familie verbringen, bevor es dann trotz geplantem Weihnachten in Deutschland für meinen neunmonatigen EVS nach Spanien geht. Verrückt, oder? Ich finde schon!
Ein letztes Mal etwas mit Freunden unternehmen, eine letzte Nacht zusammen durchtanzen, alle wiedersehen, die man in den Wochen nach dem Abi nicht mehr so oft getroffen hat. Da sind so unglaublich viele letzte Male, das letzte Mal Autofahren, das letzte Mal bei der besten Freundin übernachte, das letzte Mal verschlafen am Sonntagmorgen frühstücken, das letzte Mal einen gemütlichen Sonntagabend mit der Familie genießen.
Beinahe spanisch bin ich am Samstagabend eine halbe Stunde zu spät bei einer Freundin aufgetaucht, so ganz spanisch gab es zum Abschied schon einmal vino tinto de verano, genauso spanisch sind wir so kurz vor Mitternacht noch losgezogen und mussten dann enttäuscht feststellen, dass die Band jedoch ganz deutsch um eins Schluss machte, die Lichter angingen und wir uns eine neue Bleibe für den Rest der Nacht suchen mussten.
Der Koffer ist noch lange nicht gepackt, meine Kleidung stalpet sich inzwischen auf meinem Schreibtisch. Ich finde immer mehr Sachen, die ich eigentlich gar nicht mitnehmen wollte, aber dann überlege ich doch noch, ob es nicht vielleicht so kalt wird, dass ich gerne meinen Schalfsack dabei hätte, ob ich nicht doch das Glätteisen unbedingt brauche, egal wie viel Platz es wegnimmt, und ob es wirklich so kalt wird, dass ich in meiner Daunenjacke fliegen will, auch wenn ich die dicke Jacke aus Platzgründen eigentlich nicht in meinem Koffer haben möchte.
Von meinem Projekt kommen regelmäßig total liebe E-Mails. Mein Betreuer warnte uns noch einmal, dass Madrid nicht immer so wunderbar warm ist, wie man es von Spanien vielleicht erwarten könnte, fragt, womit wir unseren Kühlschrank denn gerne gefüllt hätten, und schickt Fotos von der zukünftigen Wohnung und einen Ablaufplan für die ersten Tage. Die Wohnung sieht fantastisch aus, kleine Zimmer, aber dafür Küche und Wohnzimmer sowie zwei Bäder, einen Luxus, den die Freiwilligen im letzten Jahr nicht hatten.
Einen Schlussstrichen ziehen ist dringend nötig, habe ich das Gefühl. Und doch trifft man Menschen zum allerletzten Mal und verabschiedet sich doch mit dem Satz, "Ach, wir sehen uns bestimmt noch!" Dafür werden schon einmal Geschenke verpackt, damit alle Geburtstagskinder im Oktober ihr Geschenk schon jetzt bekommen, Briefe geschrieben, Postkarten eingepackt, Briefpapier, weil die Großeltern sich so freuen würden, mal etwas zu hören, auf allen Familienlaptops noch Skype installiert und für jeden einen Account gemacht.
Nur das Spanisch - das bleibt bei alldem auf der Strecke. Bei all dem Packen, dem Verabschieden, dem irgendetwas-noch-einmal-zum-letzten-Mal-tun, da ist einfach keine Zeit, um noch in dem Spanischbuch zu büffeln. Vor zwei Wochen hatte ich noch das Gefühl, das ein oder andere schon ganz gut ausdrücken zu können, jetzt habe ich das Gefühl, total raus zu sein. Wenn ich von meinem EVS erzähle, werde ich spontan gefragt, ob ich denn schon Spanisch kann, und kaum jemand will mir glauben, dass meine Sprachkenntnisse tatsächlich noch zu kaum etwas reichen.
Da kann ich nur hoffen, dass mir in den nächsten drei Tagen noch etwas Zeit dazu bleibt, ein bisschen zu lernen.