Beringia, Kardon und Galjamaki in 20 Tagen
Innerhalb von nur 20 Tagen fand in Esso eines der längsten Hundeschlittenrennen statt, war ich wieder eine Woche am Kardon und danach 4 Tage am Galjamaki – See
1.3. bis 8.3.2011:
Am Dienstag ging es für mich wieder nach 10 Tagen Kardon wieder ins Büro auf Arbeit. Dort bekam ich dann von einigen Seiten so etwas wie ein Lob für meine 10 Tage Kardon (Ich find das hab ich mir auch verdient) und die Leute, allen voran Natalia Petrowna, freuten sich scheinbar mich wieder zu sehen.
Während der Woche arbeitete ich vor allem im bald zu eröffnenden „Beringia“ Museum. Dort platzierte ich noch einige Ausstellungsstücke, wie Fanwimpel, Plakate, Kunstwerke…
Außerdem standen natürlich wieder die normalen kleinen Tätigkeiten an wie Schneeschippen (diese Woche auch von einigen Dächern, da die Schneelast dort inzwischen zu groß war).
Nebenbei kümmerte ich mit Vera und Susan auch um den Verkauf von Punsch und Currywurst, der am Wochenende, zur „Berinigia“ (goßes Hundeschlittenrennen mit feierlichem Start in Esso), starten sollte. Es musste ein Werbeplakat entworfen werden und noch ein paar organisatorische Fragen geklärt werden.
Am Dienstagabend konnte ich außerdem noch einem Konzert mit russischer Volksmusik beiwohnen. Das Konzert mit Balalaika, Zieharmonika und anderen traditionellen Instrumenten war echt super.
Am Mittwoch stand natürlich wieder Russischunterricht und Schnitzen auf dem Plan. Nachdem ich in den 10 Tagen am Kardon nicht zum schnitzen kam, habe ich mich schon riesig gefreut endlich wieder das Schnitzmesser ins Holz zu drücken.
Am Freitag wurde ich dann zum Assistenzmechaniker. Ich half Jura, einem Inspektor des Parks, bei der Reparatur eines Schneemobils. Es mussten einige Rollen im Fahrwerk ausgetauscht werden, die verschleißt waren. Nachdem das Schneemobil wieder fahrtauglich war, sollte ich an einem Schlitten eine Kleinigkeit vornehmen, damit sich einige Schrauben nicht von alleine lösen.
Am Samstag sollte ich den Platz um das Museum aufräumen, da am Nachmittag die Eröffnung stattfand. Die Eröffnungszeremonie beinhaltete eine Segnung durch den Pfarrer, ein paar kurze Reden und eine Danksagung an alle, die zur Entstehung des Museums beigetragen haben. Also war das „Beringia“ Museum endlich eröffnet, aber dennoch würden über die Zeit immer wieder ein paar Sachen zu tun sein.
Am Sonntag war dann die feierliche Eröffnung der „Beringia“, des Hundeschlittens, das einst zu den längsten der Welt zählte und das in Esso beginnt und quer durch Kamtschatka führt.
Zu dieser Feier wollten Vera, Susan und ich die Reste unseres Weihnachtsmarktes (siehe Eintrag 12 Weihnachtsmarkt, Neujahr und viele Gäste) verkaufen.
Also bauten wir morgens im Park unseren Verkaufsstand auf. Ich war wieder fürs Grillen der Würstchen zuständig. Vera für Kasse und Punsch. Susan wurde von Natalia Petrowna nach Hause geschickt, da sie erkältet war. Bis zur Eröffnungszeremonie blieb sie aber noch.
Denn diese schauten auch wir uns an. Dazu schlossen wir unseren Verkaufstand und gingen zum Dorfplatz, wo die Eröffnung stattfand. In deren Rahmen gab es dann einige Reden, Tanzvorführungen von ewenischen und korjakischen Tanzgruppen, es wurden die Fahrer der einzelnen Hundeschlitten vorgestellt (darunter der Pfarrer, mit dem ich auch schon gefahren bin, und eine Fahrerin aus Deutschland). Außerdem wurden jede Menge Heliumballons verteilt, die dann auf Kommando in den Himmel entlassen wurden.
Am Rande verkauften Essos Kunsthandwerker ihre Kunstwerke, mit denen sie ihren Lebensunterhalt verdienen.
Dann gings zum Start des vorbereitenden Rennens. Dieses startete in Esso und ging nur ein paar Kilometer um Esso herum, erst am Montagmorgen würde dann der Hauptstart stattfinden.
Aber zunächst starteten die einzelnen Hundeschlitten mit ihren Lenkern unter den Anfeuerungsrufen des Publikums zu dieser kurzen „Aufwärmrunde“
Als die ersten Schlitten losgefahren waren gingen wir wieder zurück zu unserem Verkaufstand um noch bis ca. 16 Uhr zu verkaufen.
Da aber außer uns kein Mitarbeiter mehr im Park war, aber noch eine Tanzgruppe, die sich in den Räumlichkeiten des Parks umgezogen hatte und jetzt auf ihre Abholung warteten, mussten Vera und ich (Susan war ja wegen Krankheit zu Hause) noch bis ca. 18 Uhr im Park bleiben.
Als wir dann endlich nach Hause konnten waren wir schon ziemlich fix und alle. Schließlich standen wir seit 9 Uhr morgens auf den Beinen. Nach einem schnellen Abendessen gingen wir aber dennoch noch einmal los.
Im Kulturhaus fand ein Konzert anlässlich der Beringia statt. Aufgrund der Menschenmengen, die sich während der Beringia in Esso aufhielten, war das Kulturhaus ausnahmsweise bis auf die letzen Plätze belegt.
Das Konzert selbst war dann nicht ganz so gut wie das Volksmusikkonzert am Dienstag. Der Höhepunkt war aber ein Überraschungsauftritt von Sergej, unserem Kollegen aus dem Park, der ein Lied mit Gitarren zum Besten gab. Ansonsten sangen und spielten verschiedene Artisten, die einen besser die anderen schlechter. Alles in allem wars dann ein annehmbares Mittelmaß.
Am Montagmorgen ging ich dann schon um 7.30 Uhr ohne Frühstück aus dem Haus. Denn ich wollte dem Hauptstart der Beringia beiwohnen. Der fand laut Plakaten um 8 Uhr statt. Um 9 Uhr gings dann wirklich los. Eine kleine russische Zeitverzögerung eben.
Als ich dann um ca. 10 Uhr wieder zu Hause war wurde es dann aber auch Zeit fürs Frühstück.
Am Nachmittag bekamen wir dann Besuch von Mascha und Ruslan, die ich zum deutschen Kaffee eingeladen habe. (Ich habe von zu Hause jede Menge tolle deutsche Dinge geschickt bekommen, darunter auch echten Kaffee. Dazu lud ich die beiden nun ein, da es hier in Esso beinahe ausschließlich schlechten Instantkaffee gibt). Zufällig kam gerade auch Camille vorbei, die ein paar Dinge zum ausstatten ihrer Ski von uns ausleihen wollte. So blieb sie auch noch zu Kaffee und (deutschen und von Mama selbstgemachten) Keksen.
Für den Abend hatten wir uns bei Larissa verabredet. Dort schauten wir uns mangels Alternative einen Film an.
Am Dienstag war hier in Russland und der ganzen Welt dann Frauentag. Da dieser Tag in Russland groß gefeiert wird, dachte ich, ich werde Vera und Susan zumindest mit einem Frühstück überraschen. Also ging morgens früh in den Laden um noch ein paar Dinge einzukaufen. Das geplante „Menü“ verschoben wir dann aber auf den Mittag, da Vera und Susan schon beim Frühstück saßen, als ich zurückkam. Tja, war wohl nichts mit Überraschung.
Vorher ging ich mit Vera aber noch eine Runde Ski fahren. Ich wieder auf Jagdskiern, Vera auf normalen Langlaufskiern.
Ansonsten diente der Dienstag zum entspannen. Abends hatte Sergej anlässlich des Frauentages zum Abendessen eingeladen.
9.3. bis 16.3.2011:
Am Mittwoch ging es dann wieder normal zur Arbeit, nachdem die letzen Tage wegen Frauentag und Beringia frei waren.
An diesen freien Tagen hörte ich schon, dass irgendwann jemand zum Ishinskyi – Vulkan und zum Galjamaki – See fahren würde (Zweck: Monitoring = Tierbestand zählen).
Tatsächlich wurde dann kurzfristig während der Planjorka beschlossen, dass schon am Freitag eine Gruppe für 10 Tage zum Ishinskyi – Vulkan fahren würde. Während Vera und ich uns noch überlegten, ob wir nicht auch mit wollten. Den Ishinskyi – Vulkan wollten wir schon immer mal sehen.
Doch noch bevor wir Interesse bekunden konnte, wurde schon gefragt, wer dann Kostja am Kardon ablösen würde, da er ja mit zum Monitoring fahren würde. Schnell war klar, dass außer Vera und mir keiner in Frage kam. Wir hatten lediglich die Wahl, ob wir alleine oder zu zweit ans Kardon gehen würden.
Da wir aber beide gleich wenig Lust hatten innerhalb weniger Tage zum zweiten Mal ans Kardon zu müssen, beschlossen wir zu zweit hinzufahren.
Also mussten wir innerhalb weniger Stunden unsere Sachen für eine Woche zusammenpacken und das nötige Essen einkaufen. Um 17 Uhr wurden wir dann schon abgeholt.
So endete der Tag, der in Esso begonnen hatte, für uns beide ganz unerwartet am Kardon. Aber diese derartigen Überraschungen bin ich ja schon beinahe gewohnt.
Wenigstens war ich dieses Mal nicht allein am Kardon, sondern mit Vera, da ließ es sich dann doch besser aushalten als allein.
Die Woche am Kardon war dann, verglichen mit meinen vorherigen 10 Tagen (siehe vorhergehender Eintrag), eher ruhig.
Zweimal nutzen wir das sonnige Wetter um mit Langlaufskiern eine kleine Runde zu drehen. An einem Tag wärmte die Sonne dann schon so stark, dass wir uns Stühle vor die Tür stellten und uns mit einer Tasse Cappuccino die Sonne ins Gesicht scheinen ließen. Ganz ohne Mütze, Handschuhe, Jacke. Ich saß tatsächlich nur im Pullover da und die Hosenbeine konnte ich sogar noch hochkrempeln.
Nachts fiel die Temperatur allerdings doch noch auf minus 20 Grad und mehr.
Nachts geschah aber auch anderes: Es war gegen 23 Uhr. Wir lagen schon in den Betten und waren gerade eingeschlafen, da klopfte es vehement an der Tür. Wir vermuteten, dass da irgendein Typ, wahrscheinlich besoffen, zu Kardonsergej (der Inspektor des Kardons) wollte. Wir wollten die Tür natürlich nicht öffnen, wir konnten ja nicht wissen, was das für ein Typ war. Jedoch war die Tür wohl nicht richtig abgeschlossen. Auf jeden Fall stand der Typ dann plötzlich in der Hütte. Glücklicherweise trank er nur einen Schluck und während wir noch kurz befürchteten, er würde sich auch noch über unsere Essensvorräte hermachen, verschwand er und ging zu Fuß in Richtung Esso.
Leicht geschockt versuchten wir dann, nachdem wir die Tür richtig verschlossen hatten, wieder einzuschlafen. Auf Grund dieses Schocks und der weniger komfortablen Rentierfelle, die mir als Bett dienten, gelang mir das aber nur schlecht.
Dennoch war ich dann ein wenig weggeschlummert. Um 2 Uhr Nachts klopfte es aber abermals an der Tür. Dieses Mal noch stärker. Auch dieser Typ versuchte die Tür zu öffnen, aber sie hielt stand. Er klopfte auch an das Fenster der Schlafkammer und erzählte irgendetwas von aufwärmen. Als wir aber nicht öffneten zog fluchend und an die Tür tretend ab. Ich sah ihn noch eine Weile auf dem Gelände umherlaufen, dann verschwand er unserem Sichtfeld. Wir vermuteten jedoch, dass er sich in die Jurte gesetzt hatte, um sich dort aufzuwärmen. Inzwischen doch recht besorgt, befürchteten wir, dass der Typ, der wahrscheinlich auch besoffen war, irgendetwas anstellen würde. Schließlich klang er nicht freundlich, als er Tür und Fenster beinahe „eingeschlagen“ hatte.
Dennoch versuchten wir weiter zu schlafen. Aber schon um 3 Uhr ging das Spektakel weiter. Wir sahen und hörten ein Schneemobil, das vor der Hütte hielt. Dann vernahmen wir irgendwelche Stimmen. Schließlich fuhr das Schneemobil wieder ab. Wir wussten nicht, ob noch irgendjemand auf dem Gelände war oder ob alle mit dem Schneemobil abgefahren waren.
Kein Wunder also, dass ich inzwischen kaum ein Auge mehr zubrachte.
Um ca. 5 Uhr morgens fuhr das Schneemobil dann abermals an und hielt vor der Tür, wieder Stimmen und wieder fuhr das Schneemobil ab.
Dann war bis zum Aufstehen um ca. 7.30 Uhr nichts mehr zu hören.
Dennoch waren wir uns nicht sicher, ob vielleicht jemand in der Jurte übernachtet hatte, der uns nun unfreundlich gesinnt war, weil wir ihn nicht eingelassen hatten. Zu unserer Verteidigung muss ich aber sagen, dass mehrere Schilder und auch die Aussagen der Inspektoren ausdrücklich darauf hingewiesen haben, dass unbefugten der Zutritt zur Wohnhütte verboten ist und wir nicht dazu verpflichtet sind jemanden einzulassen.
Als wir dann aber doch vor die Tür gingen, sah die Jurte von außen recht verlassen aus.
Später vergewisserten wir uns, dass sie es auch tatsächlich war und dass nichts zerstört worden war.
Es war alles in Ordnung, wenn man auch sah, dass jemand da war. Allerdings stellten wir bei einem Blick in unsere „Speisekammer“, welche sich in einem anderen Haus befand, fest, dass uns in der Nacht ein Brot geklaut wurde. Zum Glück hatten wir genügend!
Ich muss echt sagen, dass ich in der Nacht so Muffensausen wie schon lange nicht mehr hatte. Die Situation am Kardon war beinahe so wie wenn du weißt, dass du der letzte Mensch auf Erden bist und es dann plötzlich an der Tür klopft.
Ansonsten nutzen wir die Zeit am Kardon noch, um ein Vogelhaus zu bauen und Ideen für die Ausstellung im Besucherzentrum, das hier entstehen soll, zu sammeln.
Am Dienstag bekamen wir übrigens noch unangekündigten Besuch. Drei Frauen wurden von Juri Nikolajewitsch ans Kardon gebracht. Sie hatten die Banja (russische Sauna) und die Jurte angemietet. Also mussten wir ganz schnell die Banja und die Jurte einheizen und für Ordnung und Wasser sorgen.
Am Mittwoch den 16. März wurden wir dann abgeholt (dieses Mal ohne dass man mich drei Tage länger sitzen ließ).
Wieder zu Hause hieß es dann schnell Wäsche waschen, duschen und etwas Essen. Dann liefen wir in den Park.
Denn am Montag hatte ich von Susan Bescheid bekommen, dass ich vielleicht mit zum Galjamaki –See fahren sollte. Deshalb würde man mich schon Dienstags vom Kardon abholen. Dieser Plan wurde aber scheinbar wieder verworfen und stattdessen erfuhren wir, dass ich am Donnerstag fahren würde. Zusammen mit Juri Nikolajewitsch und Igor Anatolewitsch.
Da aber auch Susan und Vera zum Galjamaki – See wollten und ich noch kaum Informationen hatte (wann, wie, wozu) über die Fahrt zum Galjamaki wollten Vera und ich schnell in den Park um dies abzuklären und zu fragen, ob Susan und Vera mitdurften.
Nachdem der Direktor sein Einverständnis gegeben hatte und wir wussten wie lange und wann wir fahren würden gingen wir los, um Essen zu kaufen.
Abends packten wir dann nach einem Abendessen noch schnell die Rucksäcke und versuchten schnell die Klamotten, die wir am Kardon eingesaut hatten, aber für die Fahrt zum Galjamaki brauchten, zu waschen.
So hatten wir also innerhalb weniger Stunden, nachdem Vera und ich vom Kardon gekommen waren, schon wieder für die Nächste Tour gepackt.
17.3. bis 20.3.2011:
Am Donnerstagmorgen sollten wir dann um 8.30 Uhr im Park sein oder um 9 Uhr zu Hause parat stehen. Da wir aber noch ein paar Dinge aus dem Büro brauchten, gingen wir in den Park. Dort angekommen waren die Schlitten noch lange nicht gepackt. Bis dies getan und genügend Benzin besorgt worden war, fuhren wir nach einer Teetrinkpause um ca. 10.30 Uhr los (statt wie geplant um 8.30 Uhr).
Es fuhren zwei Schneemobile mit Schlitten. Das eine wurde vom Direktor gefahren, das andere von Juri Nikolajewitsch. Außer Vera Susan und mir fuhr dann auch noch ein einheimischer Führer namens Petja mit.
Wir drei deutschen saßen anfangs auf dem Schlitten von Juri Nikolajewitsch. Die Mädels auf einer eigens dort angebrachten Sitzbank, ich auf dem Gepäck.
Die Fahrt führte uns dann zunächst die mir bekannte Strecke zum Ikar – See entlang. Dieser Teil des Weges war von Schneemobilen stark festgefahren und hart. So holperte der Schlitten kräftig auf, ab, hin und her. Das führte dazu, dass ich schon nach kurzer Zeit die Knochen meines Körpers stärker spürte als sonst, schließlich hatte ich keinen fünffach gefederten Autositz mit Sitzheizung, sondern saß nur auf einem Berg aus Rucksäcken.
Später, als wir in Gebiete kamen, die wenig und schließlich gar nicht mehr von anderen Schneemobilen befahren waren, wurde die Fahrt etwas weniger holperig, da der sehr viel Neuschnee gefallen war und man nicht mehr über eine festgefahrene Schneemobilspur fahren musste, sondern wir uns den Weg in verschneiten Tundra einfach aussuchten.
Außerdem saß ich dann auch überwiegend auf der Sitzbank, da Susan auf Grund daraus resultierender besserer Fahreigenschaften auf den Rücksitz des Schneemobils sitzen sollte. Der Nachteil der Sitzbank war, dass einem dann der eiskalte Wind, der in der Tundra wehte, einen direkt traf und auskühlte. Außerdem war die Sitzbank mit dem daraufgelegten Rentierfell enorm rutschig und man musste mächtig aufpassen, dass man nicht vom Schlitten fällt.
Nach ca. zwei Stunden Fahrt kamen wir an einer kleinen Hütte an, an der wir eine Vesperpause einlegten. Typisch Russisch mit Tee, Speck, Brot, Wurst, Käse und anderem deftigem Essen.
Wer jetzt dachte, man könnte da bequem auf dem Schlitten sitzen und sich durch die Gegend fahren lassen hat sich aber getäuscht.
Zwar waren wir mit Schneemobilen unterwegs, aber auch ein Schneemobil hat seine Grenzen. Diese Grenzen erreichten und überschritten wir auf der Fahrt einige Male.
Auf Grund des vielen Neuschnees sanken die Schneemobile oft tief ein. Wenn es dann eine Steigung zu bewältigen gab, mussten wir meistens absteigen und dennoch fuhr sich das Schneemobil im Tiefschnee (manchmal bis zu einem Meter weicher Schnee) fest.
Dann hieß es schieben, drücken, heben, ziehen bis das Schneemobil wieder frei war. Wenn mit Muskelkraft nicht mehr bei zu kommen war, mussten wir warten, bis Igor Anatolewitsch, der als Kundschafter voraus fuhr, zurück kam und uns ins Schlepptau nahm. Dann zogen zwei Schneemobile einen Schlitten den Berg hoch. Oben angekommen wurde der Schlitten abgekoppelt und der zweite Schlitten wurde geholt.
Als wir uns wieder einmal festgefahren hatten, sagte Igor Anatolewitsch zu uns Dreien, dass wir uns am Rand des „Weges“ aufstellen sollten. Wenn er dann mit dem zweiten Schneemobil im Schlepptau vorbei sauste, sollten wir auf den Schlitten, der am zweiten Schneemobil hing, springen. Denn zum anfahren musste der Schlitten leicht sein, damit sich die Schneemobile aus dem Tiefschnee graben und sich nicht noch weiter einfressen würden.
Allerdings war es nicht allzu einfach auf den fahrenden Schlitten zu springen. Da ich als erster sprang gelang es mir noch auf dem Schlitten zu landen. Die Mädels waren aber zu langsam und hatte auch keine Platz mehr, da ich irgendwo quer auf dem Schlitten gelandet war.
Am Berg oben angekommen, drehte Igor Anatolewitsch aber wieder um und holte die Mädels ab.
An einer anderen Stelle mussten wir einen kleinen Flusslauf überqueren, der nicht zur Gänze zugefroren war. Da die einzige Überquerungsmöglichkeit an einer Stelle lag, an der der Fluss sich etwas in die Landschaft eingegraben hatte, mussten wir zunächst im engen Flusstal mit den Schaufeln einen Fahrweg in den Schnee des Hanges graben, damit man dann am Hang entlang fahren konnte und die Stelle erreichen konnte, an der man den Fluss überqueren konnte.
Nachdem wir also eine Weile geschaufelt und festgetreten hatten, fuhr Igor Anatolewitsch als erster über den Fluss. Auf der anderen Seite angekommen, sollte ich mir eine Schaufel nehmen und mit ihm schon einmal voraus fahren. Nach ein paar Hundert Metern, kuppelten wir den Schlitten ab und er fuhr erst einmal alleine weiter. Nach einigen Minuten kam er zurück, fuhr aber gleich ganz bis zum Fluss zurück. Denn dort mühte sich Juri Nikolajewitsch, wie ich später erfuhr, gerade noch mit der Flussquerung und dem anschließenden Tiefschneefeld ab und brauchte wohl Hilfe.
Als dann alle wieder bei mir ankamen, sollten wir gleich weiterlaufen, da die nächste Wegstecke steil war und besser mit leichten Schlitten zu passieren war. Also musste ich wieder durch den Tiefschnee stapfen.
Oben angekommen konnten wir wieder auf dem Schlitten Platz nehmen. Es dauerte aber nicht lange, da saßen wir dann schon wieder im Tiefschnee fest und mussten uns wieder ausgraben, abschleppen usw. An dieser Stelle benötigen wir ca. eine halbe Stunde, bis beide Schneemobile mit Schlitten frei und die Stelle passiert hatten.
Das ganze freiwuchten hat mich dann ganz schön fertig gemacht. Aber wenigstens konnte ich mich dabei wieder warm arbeiten.
Die Fahrt wurde dann auch noch zusätzlich von einem Schneesturm, der uns auf der Fahrt begleitete, erschwert. Denn erstens war die Sicht ziemlich schlecht, die Schneetiefe nahm mehr und mehr zu und die Orientierung fiel dann schwerer.
Nach ca. 6 Stunden Fahrt kamen wir dann aber am Galjamaki – See an.
Dort bezogen wir dann erst einmal die Hütte, in der wir die nächsten Tage hausen würden. Nach einer Teetrinkpause fuhr Juri Nikolajewitsch mit mir einmal quer über den zugefrorenen See um Brennholz zu holen. Das fällten wir an der anderen Uferseite im Steilhang und brachten es dann zur Hütte, wo wir es klein machten und in die Hütte stapelten.
Abends gabs dann noch eine warme Mahlzeit, die Vera und Susan als die einzigen Frauen zubereiten sollten (ich habe ja schon einige Male erwähnt, dass die Rollen von Mann und Frau hier in Russland oder Esso noch ziemlich „rückständig“ definiert sind).
Am Freitag war das Wetter dann nicht besser. Immer noch blies ein starker Wind um die Hütte. Dennoch fuhren Igor Anatolewitsch, Juri Nikolajewitsch und Petja los, um einerseits Petja zu einer anderen Hütte zu bringen, wo er zeitweiße wohnt (Jagdhütte) und andererseits wollten sie eine Hütte, die auf einer neuen möglichen Wanderroute liegen soll, suchen.
Bis zum Mittag wollten Igor A. und Juri N. wieder zurück sein. Als sie am Nachmittag aber immer noch nicht zurück waren, fingen wir drei langsam an uns Sorgen zu machen. Schließlich war das Wetter ziemlich schlecht und wir hatten ja schon auf der Herfahrt gemerkt, wie schnell man mit dem Schneemobil in dieser Landschaft stecken bleibt und umkippen kann.
Am Abend um ca. 17 Uhr kamen die beiden dann. Allerdings nicht mit Schneemobil. Sondern ziemlich erschöpft und ausgekühlt mit Skiern. Auf unsere Frage, was mit den Schneemobilien, die uns ja wieder zurück nach Esso bringen mussten, los sei, meinten sie, dass sie kaputt seien. Sie verwendeten dabei das hier vielen bekannte deutsche Wort „kaputt“. Daher dachten wir zunächst, dass die Schneemobile nicht mehr fahrtauglich seien, mit Motorschaden oder ähnlichem liegen geblieben waren. Nachdem die beiden aber etwas getrunken, gegessen und eine Weile geschlafen hatten (sie waren gerade 10 km auf Ski durch Tiefschnee und einen starken Schneesturm gelaufen!) wurde aber klar, dass die Schneemobile nicht so kaputt waren, wie wir befürchteten. Anscheinend waren sie im Schneesturm einfach liegen und stecken geblieben.
Am Samstag wollten die beiden, wenn das Wetter gut werden sollte, zurück zu den Schneemobilen laufen und sie wieder flott machen. In der Nacht auf Samstag wütete der Schneesturm dann aber stärker als zuvor. Am Morgen jedoch klarte es auf und die Sonne kam raus. Der Wind hatte sich beinahe gelegt.
So liefen die beiden los um die Schneemobile zu holen. Tatsächlich kamen sie schon nach ca. zwei Stunden wieder zurück, mit Schneemobilen.
Nach einer Mittagsrast fuhren sie dann schon wieder weiter. Sie wollten die Hütte, die sie gestern nicht mehr gefunden hatten suchen.
Während die beiden unterwegs waren blieben wir drei in der Hütte. Am Vormittag unternahmen wir einen Spaziergang über den zugefrorenen See und schauten uns die Schneelandschaft um den Galjamaki an.
Außerdem konnten Susan und ich einige Zeit darauf verwenden, Mäuse zu fangen.
Denn die Hütte war natürlich nicht Mäusesicher und so hatten wir jede Menge Mäuse in der Hütte, die sich über unsere Vorräte hermachten und nachts über unsere Köpfe rannten oder in meinen Rucksack krochen um sich an den Nahrungsmitteln darin gütlich zu tun (in der zweiten Nacht fischte ich zwei Mäuse daraus hervor und hängte den Rucksack dann an die Decke). Tatsächlich erwischten wir einige der Viecher mit einem leeren Glas und setzen sie dann einige Meter von der Hütte entfernt wieder aus.
Lediglich eine fand den Tod, denn wir fanden sie plötzlich in unserem Schlaflager leicht zerdrückt herumliegen. Wir haben sie im Schlaf erdrückt.
Wenn einen die Mäuse nicht wachhielten, so war es das Schnarchen der anderen und natürlich die Kälte. Denn die Hütte verfügte zwar über einen Ofen, aber nachts war der aus und so wurde es recht schnell kalt und ich fror trotz gutem Schlafsack, Isomatte, Thermounterwäsche, Wollsocken, Mütze, Rollkragenpullover und leichter Skihose.
So waren die drei Nächte, die wir am Galjamaki verbrachten kaum an Schlaf zu denken. Ich weiß nicht, wie die beiden Männer das hinbekommen haben, aber die haben recht gut geschlafen. Zum Glück konnten wir drei aber tagsüber, wenn die beiden Männer weg waren ein paar Minuten Schlaf nachholen.
Zur Hütte kann ich sagen, dass sie recht einfach war. Zum Schlafen diente eine erhöhte Holzplattform, die den hinteren Teil der Hütte einnahm. Der restliche Platz wurde vom Ofen, dem Brennholz und einem kleinen Tisch mit einfachen Sitzmöbeln eingenommen. Die Rucksäcke lagerten wir ans Fußende der Schlafplattform. Klamotten konnten wir an Nägel in den Wänden hängen. An einigen Stellen war die Hütte undicht, es pfiff herein, Schnee rieselte manchmal rein und tagsüber tropfte Tauwasser herein. Igor Anatolewitsch gab sich aber Mühe, die Hütte wohnlich zu gestalten, indem er einige verschiedene Plakate aufhängte bzw. aufhängen ließ.
Am Samstagabend, als die Männer wieder zurück kamen, beschlossen wir, dass wir am Sonntag um 5 Uhr aufstehen würden, um möglichst zeitig los zu kommen. Das kam uns entgegen, da die unangenehme Nacht so schneller vorbei wäre.
So standen wir am Sonntag um 5 auf. Wir rechneten damit, dass wir zwischen 7 und 8 abfahren würden. Dass müsste ja für Frühstück und Packen reichen. Da wussten wir aber noch nicht, dass die Schneemobile eingefroren waren. Das eine wollte bei der Kälte einfach nicht sofort anlaufen und brachte ewig, bis der Motor dann warm war und ordentlich lief. Das andere ging schneller an, aber bewegte sich nicht von der Stelle, da die Bremse vereist und eingefroren war. Bis wir herausgefunden hatten, dass es daran lag, die Bremse mit Warmwasser aufgetaut hatten, den Keilriemen und die Zündkerzen getauscht hatten und eine Probefahrt über den See gemacht hatten war dann schon einige Zeit vergangen. Um 11 Uhr fuhren wir dann los.
Das Wetter war diesmal zwar kälter aber weniger windig. Der Wind der letzten Tage hatte außerdem den weichen Tiefschnee festgepresst und vereist. So flitzten die Schneemobile mit den Schlitten hinten dran nur so übers Eis.
Der Nachteil daran war, das der Schlitten, der jetzt auch einiges Leichter war und auf dem ich die ganze Zeit saß, zu einem wilden Hengst wurde und ich noch mehr als auf der Herfahrt fürchten musste, vom Schlitten geschleudert zu werden. Mit aller Kraft gelang es mir aber dies zu verhindern, wenn ich auch zweimal beinahe unten lag und meine Handschuhe vom Festkrallen am Halteseil gerissen waren.
Da Igor Anatolewitsch es eilig hatte, fuhr er recht schnell voran. Juri Nikolajewitsch dagegen konnte mit dem Tempo nicht ganz Schritt halten. Versuchte es aber. Das führte dazu, dass die Fahrt noch holpriger wurde. Zweimal kippten wir wieder um und dann mussten Susan und ich mit Juri N. das Schneemobil wieder aus dem Schnee aufrichten und wieder flott kriegen. Während ich auf dem Schlitten zwar durchgeschüttelt wurde, dass mir alle Knochen weh taten, flog Susan die beiden Male, als das Schneemobil umkippte mit in den Schnee, außerdem saß sie zeitweiße auch bei mir auf dem Schlitten. Vera dagegen saß bei Igor A. auf dem Schneemobil und musste mit dem rasanten Fahrstil des Direktors zurechtkommen.
Naja wie dem auch sei, auf jeden Fall kamen wir dann schon nach 2,5 Stunden Fahrt wieder in Esso an, zwar etwas ausgekühlt und ausgelaugt, aber unversehrt.
Glücklich, unser kleines Abenteurer erfolgreich abgeschlossen zu haben, gingen wir nach Hause, wuschen uns und unsere Sachen und fielen abends todmüde ins Bett.
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