Bende
Nicht einmal zwei Wochen hat die Türkei gebraucht um mich zu umschlingen. Mein erster Tagebucheintrag: eine Ode an das Land Atatürks.
Hayatı basit yaşamak.
Sich treiben lassen ohne zu erwarten, zu hoffen oder zu planen - das ist mein Leben in Ankara. Es ist kein neues Leben, denn das würde ja bedeuten, dass ich mir ein neues Kleid übergestreift habe, das ich in der naechsten Saison wieder in die hinterste Ecke des Kleiderschranks verbanne. Nein, mein Leben in Ankara ist gegenwaertig und lebendig. Die Tage unterbrechen nicht irgendeinen anderen Prozess, sondern jeder Tag, jedes sözcük türkiye, jeder Schluck Çay, jeder Bissen Ciğköfte ist ein Farbtupfer, ein Dufthauch oder ein Ton in dem Bild meines Lebens.
Meine Stunden sind erfüllt mit dem Gesang der Muezzine, dem Allahuekber, von zwinkernden Augen, vom süssen Rauch der Nargile, vom herben Geschmack des Bieres, EFES.
Von zehn Uhr morgens bis fünf Uhr nachmittags gehe ich (im Moment) einem völlig trivialen Bürojob nach. Dann wünsche ich allen İyi akşamlar (guten Abend) und stürze mich ins Herz der Hauptstadt: Kızılay.
Sogar auf dem Weg dorthin, in der Metro, treffe ich Menschen - weil meine Hose zu weit unten haengt oder weil ich völlig fasziniert einem schwulen Paerchen zuschaue.
Es ist meine eigene kleine devrim (Revolution). Mich einzulassen, endlich wieder zu wagen...sich laecherlich machen, den Deutschen mimen; aber HİER SEİN - bende.