Balaton – einst Sehnsuchtsort der Deutschen, doch auch heute durchaus noch eine Reise wert
Ungarn ist vor allem bekannt für Folgendes: seine Hauptstadt Budapest, ungarisches Gulasch bzw. gulyás, (wobei das, was wir als Gulasch kennen für die Ungarn eher „pörkölt“ wäre,) die Puszta und natürlich – den Balaton.
Er war einst der Ort, an dem sich Ost- und Westdeutsche bis zur Wende fanden bzw. nach langer Zeit wiedersehen konnten. So wurde hier in Zeiten des Kalten Krieges, also in den 1960er bis -80er Jahren, im Sommer am Balaton, der bei den Deutschen vielleicht eher unter dem Namen Plattensee bekannt ist, „deutsche Einheit gelebt“, bevor es am 3. Oktober 1990 zur Deutschen Wiedervereinigung kam. Noch heute scheint es so, als schwelgten manche Ungarn in Nostalgie beim Zurückdenken an diese touristische Blütezeit.
Doch auch heute steht der Balaton als Urlaubsziel wieder hoch im Kurs. Seit 2014 werden wieder „steigende Besucherzahlen“ gemeldet und im ersten Halbjahr 2016 seien die Besucherzahlen besonders in den Tourimushochburgen Siófok, Keszthely und Balatonfüred stark gewachsen oder zumindest auf einem enorm hohen Stand geblieben. Einerseits ist das sehr schön, da der Plattensee in vielerlei Hinsicht Einiges zu bieten hat: Da wäre zunächst der Balaton-Felvidéki nemzeti park, auf Deutsch Nationalpark Oberungarn, der im Jahr 1997 gegründet wurde und auf einer Fläche von etwa 57000 ha eine äußerst vielfältige Flora und Fauna beherbergt. Hinzu kommen sehenswerte, historische Städte wie Balatonfüred, Keszthely, Siófok oder die Halbinsel Tihany mit ihrer Abtei, alle rund um den Balaton gelegen und beispielsweise die etwa 15 km vom Nordufer entfernte „Stadt der Königinnen“, Veszprém. Und natürlich ist auch das Heilbad Héviz nicht außen vor zu lassen in Anbetracht der Tatsache, dass Ungarn gerade wegen seiner Thermen und Heilbädern bei vielen Touristen äußerst beliebt ist.
Andererseits ist die übergroße Rolle des Tourismus in dieser Region auch kritisch zu betrachten. Siófok mit seinen rund 25.000 Einwohnern beispielsweise verzeichnete in den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 269.710 Gästeübernachtungen in Hotels, Pensionen und Privatunterkünften und im Verlauf des Jahres 2015 insgesamt sogar erstmals über eine Million. Dies zeigt, dass die Städte rund um den Plattensee im Sommer voller Touristen sind, während die Besucher im Winter ausbleiben, wodurch manche Straßen richtig leer werden. Eine Lehrerin der Schule in Balatonfüred, die in Csopak, einem weiteren sehr beliebten Reiseziel am Plattensee, wohnt, erzählte mir, dass ihre nächsten Nachbarn jetzt im Winter auf der einen Seite des Hauses vier und auf der anderen acht Häuser entfernt wohnten. Sie habe somit momentan keine direkten Nachbarn, da sie in einer Straße voller kleiner Ferienhäuser lebt und fühle sich dadurch oft ein bisschen einsam.
Meiner Auffassung nach brauchen die Ungarn den Tourismus zwar, dennoch fühlen sie sich bei all den neuen Hotels, Pensionen und den vielen Touristen manchmal etwas zurückgelassen, alles dreht sich in gewisser Weise um den Profit. Umso mehr freuen sie sich, wenn man sich etwas um das Erlernen ihrer durchaus sehr schweren Sprache bemüht und ihrer gastfreundlichen Art etwas entgegenkommt.
Besonderen Schaden vor allem durch die „übermäßige Bebauung“ nehme bzw. nahm nachweislich vor allem die Natur rund um den Balaton. So ging bereits eine beträchtliche Menge der „wichtigen Schilf- Seggen- und Grasgebiete verloren“. Der Naturschutz stehe daher beispielsweise für den Balaton-Felvidéki Nationalpark an oberster Stelle, was besonders wichtig ist, da Ungarn vor allem Dank seiner wunderschönen Natur weiterhin ein beliebtes Reiseziel ist.
Eine abschließende Empfehlung meinerseits für all diejenigen, die den Balaton gerne mal von einer ganz neuen Seite kennenlernen möchten, ist ein Besuch im Winter. Mit etwas Glück – so wie jetzt – kann man auf dem zugefrorenen Balaton, zumindest aber auf dem wesentlichen kleineren Teil des Balatons im Bereich der Halbinsel Tihany bei einer sehr angenehmen Stimmung, Glühwein und Musik Schlittschuhlaufen. Das einzige Manko sind dann höchstens die äußerst niedrigen Temperaturen.
Quellen: http://www.bpb.de/mediathek/701/deutsche-einheit-am-balaton; http://www.tourismusnews.com/besucherzahlen-am-balaton-wachsen-wieder; http://www.balaton-zeitung.info/3847/mehr-gaeste-in-den-staedten-am-balaton/; https://www.bfnp.hu/de/generelle-information