Austausch Scheinfeld-Trbovlje Part II – Besuch der Slowenen in Deutschland
Wie im letzten Eintrag beschrieben, hatte ich die Möglichkeit dieses Jahr nochmal am Austausch und zwar von der anderen Seite aus teilzunehmen. Allein die Vorbereitung darauf machte mir wahnsinnig Spaß. Am Infotag der Schule für die Grundschulen, der einmal im Jahr stattfindet um neue Schüler anzuwerben, arbeiteten die Deutschlehrerinnen und ich mit den Teilnehmern des Austausches und erzählten nebenbei den Besuchern, was das Konzept des selbigen ist und was wir eigentlich machen.
So bereitete ich eine Präsentation über Scheinfeld, die umliegenden Ortschaften aus denen in diesem Jahr Partner kommen und über das Gymnasium Scheinfeld selbst vor. Wir sprachen viel über die Unterschiede zwischen den Schulen, z.B. werden in Slowenien Hausschuhe getragen und Handys sind erlaubt. Zudem übten wir Dialoge auf Deutsch, die dann so in den Familien vorkommen konnten. Da meine Schwester und beste Freundin zu diesem Zeitpunkt gerade zum Besuch da waren, halfen sie mit so dass wir drei authentische Deutsche zum Üben von Abendessen- und Freizeitsituationen hatten. Anfangs waren die Schüler natürlich recht schüchtern und trauten sich kaum Deutsch zu sprechen aber nach und nach tauten sie immer mehr auf, sodass wir am Ende auch viel zusammen lachten und generell viel Spaß hatten.
Nach noch einigen organisatorischen Vorbereitungstreffen ging es Mitte März dann los. Am Sonntagmorgen um 8 Uhr starteten wir vom Schulparkplatz aus Richtung Deutschland. Damit die Fahrt nicht zu langweilig wurde, dachte ich mir verschiedene Spiele aus, beispielsweise eine Selfiechallenge, bei der jeder Schüler mit jeweils fünf Personen ein Selfie machen musste (mit einer Lehrerin, einem Schlafenden, …). Zur Belohnung bekam jeder Absolvent der Aufgabe ein Notizbuch der Schule von mir überreicht. Außerdem übten wir auf der Fahrt das „Fliegerlied“, das ich schon in Slowenien mit den Schülern einstudiert hatte, um es am Abschlussabend in Deutschland dann vorführen zu können. Da meine Aufgabe auch die (kreative) Dokumentation des Austausches war und immer noch ist, fing ich schon im Bus an ein Video mit den Schülern zu drehen, in dem sie ihren derzeitigen Gefühlszustand mit einem deutschen Wort beschreiben mussten. Je näher wir Scheinfeld kamen, desto nervöser wurde die Gruppe. Ich versuchte immer von Schüler zu Schüler zu gehen und mich ein bisschen mit ihnen zu unterhalten, sodass die Spannung abfiel. Nach zehn Stunden Fahrt endlich angekommen, wuselten alle gleich wie die Ameisen zu ihren Gastfamilien davon und ich konnte in Ruhe zu meiner Familie nachhause gehen.
Am Montag begann dann der erste Tag in der Schule mit einleitenden Worten des Konrektors zum Programm und einer anschließenden kleinen Schulhausführung durch meine alte Schule. Wir machten Bilder vor der Europakarte auf der Deutschland, Slowenien und Frankreich (wegen der anderen Partnerschule) hervorgehoben sind. Danach erklärte der Direktor persönlich das bayerische Schulsystem und präsentierte den Schülern Fakten über das Gymnasium Scheinfeld. Die Slowenen trugen ihre Schul-Shirts und hörten aufmerksam zu und für mich war es spannend an meiner alten Schule zu Gast zu sein und mit meinen früheren Lehrern plaudern zu können.
Der nächste Programmpunkt war der Besuch beim Bürgermeister von Scheinfeld, der lange über die Geschichte des Schlosses Schwarzenbergs und die Adidas-Fabrik sprach. Letzteres beeindruckte die Schüler zunehmend. Doch auch sie hatten Fragen an den Bürgermeister und erkundigten sich beispielsweise nach der Integration der Flüchtlinge und etwas persönlicher nach seinem Leben als Bürgermeister. Nachdem jeder noch einen gratis Bleistift bekommen hat, waren wir gewappnet für die Stadtführung mit Quiz, die von zwei deutschen Austauschpartnern gehalten wurde. Es gab noch mehr Fakten über die Stadt und die von ihr zu bietenden Schulen und Einrichtungen, aber auch ein Eis-Stopp wurde eingelegt. Da die Slowenen das Quiz bravorös meisterten, durften sie als Belohnung im Schulgarten Ostereier suchen, was kleine Freudenausbrüche hervor rief. Den Nachmittag verbrachten die Schüler anschließend beim Shoppen und Sightseeing in Nürnberg und ich genoss die Zeit mit meiner Familie.
Tag Nummer zwei startete mit einer Übungsstunde der Lieder, neben dem Deutschen „Fliegerlied“ begannen wir noch ein Slowenisches „Na soncu“ zu üben. Meine Aufgabe während des Austausches war vor allem die Dokumentation, sodass ich immer die schuleigene Videokamera dabei hatte und bei jeder Gelegenheit kurze Videoclips mit den Schülern übte. Zudem machten noch entweder ich oder eine der Deutschlehrerinnen Bilder von allem Möglichen. Um auch an die Bilder der Schüler zu kommen, hatte ich schon zuvor eine Facebook-Gruppe erstellt, in der wir alle Bilder teilten.
Die zweite Stunde des Tages war eine Geographiestunde bei einem Lehrer, der früher selbst Schüler des Gymnasiums Scheinfeld war. Er gestaltete die Stunde über Erdbeben in Deutschland in Verknüpfung mit denen in Slowenien und erklärte zudem vieles über die Landschaft Deutschlands. Darauf folgte eine Stunde als Vorbereitung auf Rothenburg, wohin ein Ausflug gehen sollte. Die Stunde war auch als Deutschstunde gedacht, sodass die Schüler sich mit zusammengesetzten Nomen befassen mussten, von denen manche sogar mir einfach zu lang vorkamen. Anschließend führte die Kunstlehrerin die Schüler in das Thema Stadtfotografie ein und gab Tipps und Tricks wie man ein wirklich gutes Foto schießen kann. Ihr neu gewonnenes Wissen durften die Schüler gleich darauf in Scheinfeld unter Beweis stellen. Jeder von ihnen musste sein bestes Foto für einen Wettbewerb abgeben, welcher bei der Schlussveranstaltung stattfand. Während dieser kreativen Arbeitszeit blieb ich mit den Lehrerinnen im Lehrerzimmer, was am Anfang etwas befremdlich für mich war, aber dann doch ganz schön, da die meisten meiner ehemaligen Lehrer fragten, wie es mir so ergangen war, und wir uns so über meine Zeit im Ausland und auch meine späteren Berufswünsche austauschen konnten.
Als die Schüler zurück waren gab es ein gemeinsames Essen mit ihren Austauschpartnern in der Mensa, das von mir wieder mit – für die Schüler teilweise „nervigen“ - Bildern dokumentiert wurde. Danach kam der gemeinsame Sportunterricht an die Reihe und auch ich spielte mit „meinem“ Slowenischen Team Volleyball gegen das deutsche Team. Es machte uns allen riesig Spaß und die Stunden vergingen wie im Flug.
Am Mittwoch machten wir dann endlich den ersten Ausflug nach Würzburg, über das ich auch noch nicht so viel wusste – wie ich zugeben muss. Mit einem ehemaligen Lehrer der Schule begannen wir unseren Weg durch die Stadt, wobei er uns immer einiges erklärte, so waren wir am Käppele, in der Residenz, im Kiliansdom und auf der alten Mainbrücke. Bei jeder Sehenswürdigkeit lies ich einige Schüler ein kurzes Video drehen, in dem sie sagen mussten, wo wir waren, was wir besuchten, was sie darüber interessant fanden und am Schluss mussten sie die Sehenswürdigkeit noch irgendwie körperlich darstellen. Nachdem das ganze Sightseeing geschafft war, hasteten die Schüler zu McDonalds und ich trank mit den Lehrerinnen Kaffee. Auf der Heimfahrt stand dann noch der lang ersehnte Besuch bei Haribo in Mainbernheim an. Ich selbst war auch noch nie dort gewesen und muss sagen, dass es wirklich beeindruckend ist, wie viele verschiedene Sorten an Gummibärchen es dort gibt. Wir verbrachten eine geraume Zeit dort, bis jeder alles gefunden hatte. Manche Schüler kauften ganze Einkaufswägen voller Süßigkeiten, die sie Familie und Freunden mitbringen wollten. Ich hielt mich dann doch ein bisschen zurück.
An diesem Nachmittag lud ich meine „Kolleginnen“ zu mir nachhause ein. Wir fuhren gleich von Scheinfeld aus los und tranken dann in Schlüsselfeld angekommen erst einmal mit meiner Mutter und meiner Schwester Kaffee, sodass sich alle ein bisschen besser kennenlernen konnten. Anschließend zeigte ich ihnen unser Haus und wie wir wohnten, bevor wir dann in die Innenstadt fuhren und Schlüsselfeld besichtigten. Selbstverständlich ließ ich sie auch das beste Eis überhaupt in unserer Eisdiele probieren, wobei meine Behauptung auf Zustimmung traf. Beim anschließenden Abendessen stieß auch noch mein Vater zu uns und den zwei Sloweninnen schmeckten die Fränkischen Käsespätzle sehr gut. Für mich war es sehr schön, die Möglichkeit zu haben sie auch mal einzuladen und ihnen ein bisschen von dem, was sie in Trbovlje für mich machen, zurück zu geben. Ich habe mittlerweile ein sehr gutes Verhältnis zu ihnen und wir reden auch viel über Privates. Generell fühle ich mich von ihnen sehr herzlich aufgenommen und weiß, dass ich mich jederzeit an sie wenden kann.
Als nächstes kam am Donnerstag dann der Ausflug nach Rothenburg ob der Tauber an die Reihe. Bevor wir aber dort ankamen, machten wir noch bei der Backstube Bräuninger in Burgbernheim halt, wo wir eine professionelle und höchst interessante Führung durch die komplette Backstube bekamen und anschließen sogar einiges Gebäck und Brot kosten durften. Dies war sowohl für die Schüler als auch für mich ein neues Erlebnis, das sehr gut ankam und geschmeckt hat es uns natürlich auch. Besonders die Bilder die entstanden, als wir die Schutzkleidung tragen mussten, gehören zu meinen persönlichen Highlights der ganzen Fahrt.
Zurück zu Rothenburg: Diese Stadt hat für die Slowenen eine besondere Bedeutung, da der slowenische Priester Primoz Trubar hier den Katechismus und das Abecedarium auf Slowenisch übersetzte, was die ersten gedruckten Bücher überhaupt in dieser Sprache waren. So besuchten wir natürlich seine Gedenktafel und auch ein dort gedrehtes Video durfte natürlich nicht fehlen. Selbiges machten wir auch am Kriminalmusem, wo es den Schülern natürlich Spaß bereitete sich im wahrsten Sinne des Wortes an den Pranger zu stellen. Die kurze Freizeitphase verbrachte ich hier mit einer Mädelsgruppe, deren Aufgabe es war, das Video über traditionelle Spezialitäten Rothenburgs zu drehen. So kauften wir Schneeballen, umarmten die Teddybären und filmten sogar heimlich im Käthe Wohlfahrt. Insgesamt verstehe ich mich mit den Teilnehmern am Austausch super und habe nun eine ganz andere Bindung zu ihnen als zu den „normalen“ Schülern entwickelt. Sie trauten sich nach und nach auch sich mit ihren Problemen an mich zu wenden und offen mit mir zu sprechen. Manche versuchten es sogar auf Deutsch und besonders liebenswert fand ich es, wenn einige Mädchen die Jungen immer ermahnten Deutsch oder zumindest Englisch zu sprechen, wenn ich dabei war, sodass ich auch verstand um was es ging.
Am Abend hatten die Schüler ihren Abschluss-Bowling-Abend zu dem sie mich auch einluden, ich entschied mich aber dann doch dafür den letzten Abend noch mit meiner Familie zu verbringen. Am nächsten und letzten Tag bereiteten wir uns für die Abendveranstaltung vor. Das hieß nochmal Lieder üben (für mich vor allem das Slowenische) und auch Plakate über die vergangenen Tage in Kleingruppen zu gestalten und die Präsentation dieser zu proben. Meine Aufgabe bestand darin mit Ziga, einem slowenischen Schüler, einen Film über die letzten Tage mittels der Videos und Bilder zusammen zu stellen. Er ist zum Glück ein kleiner Technikfreak, der sein ganzes Equipment, also vor allem Laptop mit den entsprechenden Programmen dabei hatte. Er hat wirklich Ahnung von so etwas – im Gegensatz zu mir - sodass ich hauptsächlich die Bilder aussuchte, die wir verwenden wollten und immer wieder meinen Senf dazu gab, wie ich mir den Film vorgestellte habe, während er die eigentliche Arbeit machte. Ich war und bin ihm wirklich dankbar dafür, dass er das so gut hinbekommen hat, denn am Abend konnten wir wirklich einen klasse 8-minütigen Film vorzeigen, der dem Publikum, das aus Partnern und Familien bestand sehr gefiel.
Außerdem wurde dort noch das beste Stadtbild Scheinfelds gekürt, das die Eltern voten durften. Insgesamt gab es drei slowenische Gewinner, die kleine Preise erhielten. Es wurden noch ein paar Ansprachen gehalten und wir sagen unsere Lieder, ich mit ein bisschen Stolz auch das Slowenische mit. Die deutschen Partner führten noch den bekannten Cupsong vor, bevor sich alles aufs fränkische Buffet stürzte. Meine Familie war auch dabei und ich aß noch mit ihnen zu Abend, bevor sich die Slowenen inklusive mir natürlich wieder auf die Heimreise machten. Ich muss ehrlich gestehen, dass mir der Abschied von meiner Familie ziemlich schwer fiel, auch wenn sich die Rückfahrt nach Slowenien fast ein bisschen wie „heimfahren“ anfühlte, eine andere Art von heimfahren zwar, aber dennoch. Ich bin hier in diesem slowenischen Ort mittlerweile wirklich angekommen und fühle mich sehr wohl und einfach dazugehörig. Als wir am Sonntag in den frühen Morgenstunden wieder ankamen, war es auch ein wunderschönes Gefühl endlich in mein Bett zu können und wieder daheim zu sein. Natürlich ist meine Heimat woanders, im fränkischen Schlüsselfeld, aber im Moment bin ich hier in Trbovlje ein Stück weit zuhause.