Aus Lodz und seinem Vorland
Übers Wochenende besucht Johannson Lodz. Ungünstig nur, dass die meisten seiner Freunde gerade woanders sind. Bei guten Gesprächen und Spaziergängen hat er aber trotzdem viel Spaß.
Ich war ein Wochenende in Lodz. Was aber nicht sehr effektiv war, da fast alle Freunde ausgeflogen waren, ärgerlicherweise z.t. ausgerechnet nach Warschau und Sochaczew. Wenigstens zwei befreundete Anias haben ich getroffen und wir waren trinken und tanzen, die dritte Ania war leider durch ein Familienessen gebunden. Aber ich habe bei Kasia, meiner guten Tandempartnerin, übernachtet und wir hatten wieder eine gute Zeit. Themen: langsam reichts mit der Trauer; warum redet man nicht über Kaczorowski und Walentynowicz; der Filmklassiker "Ich mag keine Montage" und ein sonniger Spaziergang im Mieckiewicz Park.
Samstagmittag bin ich allein etwas über den nahen Basar im Ghettoviertel Baluty gelaufen und bin durch die Parks bei der wegen Trauer geschlossenen Kunstakademie gestromert. Ach, Trauer, Trauer, alle Parties abgesagt, naja, fast alle. Aber mein Lodz, kaum war ich aus dem Zug gestiegen, war da schon ein neues Cafe, klar ausgestattet mit den Design-Exponaten, die ich auf dem entsprechenden Festival der Kunstfabrik noch bewacht hatte. Hier sagt man nicht "Guten Tag, was kann ich für Sie tun" sondern "Hey, was magste denn?". Und dann habe ich noch einen Kunsthandwerker kennen gelernt, der abends im Hinterhof seinen Laden vor Schluss ausräumte.
Warszawa da się lubić
Wenn Warschau mit etwas begeistert, dann mit seiner Fahrradinfrastruktur. Neu gemachte Wege, mit so vielen Fahrern, dass man sich an Ampeln manchmal staut. Und die Menschen reagieren auf Klingeln, gleich beim ersten Mal, selbst von weitem schon.
Manchmal kann man Warschau sogar mögen. Es gibt tatsächlich gute Orte für einen Kaffee nach der Arbeit, die sind zwar nicht zentral, aber man findet welche, wenn man einfach durch die Seitenstraßen fährt. Nur verlassen kann man sich darauf nicht, und darum steht man am Samstagabend weiterhin ratlos da.
Arbeit
Ich fahre zum Arbeiten jetzt sehr gerne in die Bibliothek des Analysebüros. Da spielt man RMF Klassik, ich bin ganz allein umgeben von Büchern, ohne Internet und die Bibliothekarin macht mir Tee. Zurzeit übersetze ich ein Urteil des BVG. Zwei Stunden pro Seite wenn ich gut bin.
Dazu habe ich die Magisterarbeit meines Bürochefs gelesen, der hatte für einen Aufbaustudiengang unseren Ausschuss analysiert. Außerdem lese ich die Magisterarbeit einer Freundin aus Lodz Korrektur.
Bürokratie
Ich habe es endlich geschafft, meinen Aufenthalt in Polen offiziell zu melden. Mein Gott was für eine Bürokratie sogar für EU Bürger.
Der Beata Moment
Eine willkommene Entwicklung: mit Sophie kann man sogar ordentlich trinken gehen und seiner verlorenen Jugend nachtrauern. Geht eben nichts über einige Zeit bei Motyka.
Der Cheribum Moment
Und ich hatte mich so gefreut. Die neuen Praktikanten sind da. Drei Ukrainer, vier Litauer. Alle aus der polnischen Minderheit, schon dreisprachig aufgewachsen, fünf Jahre ehrenamtlich engagiert, stapeln ihre Diplome auf den Tisch unter den sie mich trinken. Unterstreichen das ganzen Ausmaß meines Abstiegs der letzten Jahre. Ich frage mich konstant warum ich meine Hausaufgaben nicht gemacht habe.