Atmen wollen wir schließlich alle, oder?
Über das große Potential und die Schattenseiten von Solidarität.
Das Licht erhellt/ der Geist beseelt/ das Ziel verfehlt/
doch klar/ sichtbar
dargeboten/ was wir suchten
letztendlich
Solidarität wird vom französischem „solidaire“ und darüber vom lateinischen Wort „solidus" abgeleitet, was soviel bedeutet wie:
fest, gediegen, echt.
Mit jemandem für gemeinsame Ziele und Ideen einstehen. Dadurch eine Verbundenheit fühlen. In meinem romantischen Weltbild gibt es für mich noch eine andere Wortherkunft: Und zwar von den lateinischen Wörtern „sol“- der Sonne und „dare“- geben. Sich gegenseitig Sonne bzw. Licht geben, für einander brennen ohne zu verbrennen.
Auf der einen Seite dieses nicht greifbare Licht und auf der anderen, dieses feste, gediegene- ein Kontrast in sich selbst, der sich unterstützen kann, oder?
Aber vielleicht ist dieses kollektive Licht auch das wärmende Feuer der Urzeit, das wir aufgrund deutscher Ordnungsgesetze löschen mussten. Gemütlich im Kreis sitzen wir nun drumherum, in dem Wissen mit etwas nicht alleine zu sein. Der Mensch als Sozialwesen braucht dieses Gemeinschaftsgefühl - in jeglicher Hinsicht.
Und es tritt vielen verschieden Ebenen auf:
Lokal, mit den Nachbarn, die sich regelmäßig zum gemeinsamen Straßenfest treffen und gemeinsam dafür kämpfen, dass der Bürgersteig vergrößert wird. Regional, über den Fußballverein, für den man zusammen das Glas erhebt und die Tabelle beschwört. Es kann aber auch ganz andere Formen annehmen. Zum Beispiel national: Zusammen kämpfen sie für„Unser Volk, unsere Arbeitsplätze, unsere Frauen!“
Oder Kontinental: „Hauptsache uns geht es wirtschaftlich gut, innerhalb der europäischen Grenzen!“
Und global? Ah, ne global- da denkt man gar nicht erst hin. Das macht doch gar keinen Sinn. Oder? Weder positiv noch negativ. Globale Solidarität sollte auf globalen Interessen aufbauen. Zum Beispiel, sollte jeder von uns doch daran interessiert sein, dass diese Erde weiter existiert. Die Solidarität einer Spezies, gibt es das?
Aber dieses Thema betrifft nicht nur eine Spezies, sondern darüber kommt für mich vor Allem auch die spezienübergreifende Solidarität mit ins Spiel. Der Moment, wenn ich mich mit Tieren oder Pflanzen identifiziere, in dem es mir nicht egal ist, dass für unsere Ernährung, allein in Deutschland 745. Mio Tiere pro Jahr getötet werden. Und in dem es mir nicht egal ist, dass pro Tag bis zu 150 Pflanzen- und Tierarten aussterben.
Atmen wollen wir schließlich alle, oder?
Was würde also zukunftstechnisch geschehen, wenn ich auch versuche „sie“ zu fühlen, die an die man am wenigstens denkt?
Wie man sieht: Solidarität birgt also unglaublich viel Potential. Aber auch eine dunkle Seite. Diese entsteht dann, wenn man das wärmende Feuer unbedacht weiter schürt, es ausufert und man statt, der Gemeinschaft im Fokus, plötzlich „die Abwesenheit der anderen“ im Fokus hat: „Die da draußen, die, die nicht dazugehören!“ Wenn man sogar Angst hat, dass sie rein kommen könnten, die Vorteile UNSERER Interessengemeinschaft mit nutzen und man zu dem Schluss kommt, dass teilen, zu einer kleineren Ausbeute und nicht zu einem größeren Potential führt. Dann wärmt es nicht nur uns, die im Kreis sitzenden, sondern wird zur Waffe, verbrennt die, die außen stehen. Oder weiter gedacht, wenn der Lichtkegel des Feuers nur noch uns beleuchtet, wir jegliche Aussicht auf Weitsicht verlieren, nur noch unsere Gruppe wahrnehmen und kein Gefühl mehr für die anderen entwickeln können. Dann kann „solidus“ wortwörtlich zur einer Mauer, einer Grenze errichtet werden:
Gediegen, echt, fest.
Dann wird Schaden zugefügt und kann uns verblenden.
Und meist kommt die schmerzvolle Einsicht, dass dieses ungezähmte Feuer nicht dazu führte nachhaltig unsere Interessen zu vertreten, recht spät. Das wärmende Feuer, war auch Scheiterhaufen, auf den jeder seinen Holzscheit warf, in dessen Glut man pustete, an dessen Füßen man ausharrte.
Solidarität baut letztendlich auf diesen entscheidenden Fragen auf:
Wie identifiziere ich mich mit meiner Umwelt und mit welchem Ziel und mit wem möchte ich sie beeinflussen?
Aus schwarz/weiß- Denken, kann man auch ein hell/dunkel- Denken werden lassen. Hell und dunkel entsteht nur im Vergleich, muss immer wieder neu festgelegt werden, im Angesicht der aktuellen Situation.
Gleißendes Licht
Kann zu Schatten werden
Im Angesicht der direkten Sonne
Tiefste Nacht zu Licht
Beim Anblick eines schwarzen Loches
Und wie oft stolpern wir schon über schwarze Löcher,
ich bitte euch?
Licht gibt es überall- mal mehr, mal weniger stark.
Und die Flexibilität der Begriffe hell und dunkel können unser Bewusstsein dafür öffnen, aus unserer fiktiven Grenze nur einen momentanen Zustand zu machen.
Demzufolge sollte neuzeitliche Solidarität von „solidus“ Abstand nehmen, und uns eher dafür öffnen, wo es Licht gibt, welche Schatten man erhellen kann, mit wem man wer ist und wann. Es sollte uns die eigene Sonne entdecken lassen, bevor wir sie auch mit anderen teilen.
Aber am besten findet ihr eure eigene Definition und wenn ihr offen damit umgeht, bestimmt auch jemanden, der diese mit euch solidarisch teilt.