Abschiedsstimmung liegt in der Sommerluft
Theaterabschluss, Jahresversammlung, Sommergenießen
Der erste Abschied ist da.
Am Mittwoch habe ich meinen letzten Workshop mit meinen Theaterkindern, den letzten des Jahres.
Die Kleinen haben Süßes mitgebracht, wir sitzen auf dem Boden im Kreis und picknicken.
Seid ihr zufrieden mit eurer Aufführung ? Jaaaaaaaa ! Das könnt ihr auch, ihr wart genial.
Wir reden über das Wochenende, weißt du noch, wie viele Menschen da waren ? So viele, dass wir Stühle dazustellen mussten ? Und als es plötzlich anfing zu Gewittern ? Und dass hinter den Kulissen doch einiges los war ? Und wir waren soooooo aufgeregt.
Das ganze Jahr war so schön. Mit den Spielen und den Sketchen und der Aufführung.
Ich schenke ihnen „la petite Sarah“ – die kleine Sarah –, eine Puppe, die man mit der Hand spielen kann. Eigentlich ist es Rotkäppchen, aber jetzt ist es die kleine Sarah, die bleiben wird, wenn ich weggehe.
Wer macht nächstes Jahr weiter ? Die Arme gehen in die Luft. Natürlich, sagen die Kleinen, keine Frage für die einen, schüchternes Zögern bei ein paar anderen.
Auf der Bühne spielen wir zum letzten Mal zusammen Theaterspiele. „Ich bin ein Baum“, das ich mitgebracht habe, und das sie lieben, und Flüsterpost.
Nein, Sarah, du darfst nicht gehen. Du musst doch nächstes Jahr wieder mit uns Theater spielen !
Wir kidnappen sie einfach, dann muss sie dableiben.
So tauschen wir mit manchen Kontakte aus und sagen uns trotzdem salut.
Wenn ich übernächstes Jahr in der Nähe bin muss ich vorbeikommen, mindestens zur Aufführung. Unbedingt.
Und weiter geht das Abschließen. Wenn auch noch nicht endgültig.
Freitagabend ist „Assemblée générale“ – Jahresversammlung – von La Fédé. Vor der MAPAR treffe ich erst einmal meine Freunde, bevor die Fédéler nach und nach eintrudeln und es in der Eingangshalle ein lautes Hallo gibt. Die Menge findet sich langsam im Saal ein und der Raum ist restlos gefüllt. Dieses Jahr ist die Versammlung etwas Besonderes – obwohl sie wohl nicht so bunt ist wie sonst.
François, der Präsident, beginnt mit dem „rapport moral“, und stellt im Großen und Ganzen die aktuelle Situation vor. Die finanziellen Schwierigkeiten und das große Loch im Budget. Die gezogenen Konsequenzen mit vier Entlassungen und Umstrukturierungen. Und dass La Fédé trotzdem versucht in die Zukunft zu schauen.
Bruno, unser Direktor, übernimmt den „rapport d’activité“ – Bericht der Aktionen –, redegewandter und persönlicher, aber auch merklich gedämpft von der Stimmung. Er hebt hervor, dass es eindeutig nicht an der Qualität unserer Angebote oder der Trainer liegt, dafür aber an fehlender Unterstützung von oben.
Stephan, ebenfalls vom Vorstand, redet dann über die Jahresabrechnung. Ich verstehe nicht viel, einzig, dass es schlecht steht, aber nicht hoffnungslos.
Weiter geht es mit Abstimmungen, zu den Berichten, zum Vorstand, zu etwas, das für mich nach ehrenamtliche Unterstützergruppen klingt.
Schließlich ergreift Bruno das Wort. Als Direktor, der bald nicht mehr da sein wird, hält er eine Abschiedsrede. Oder versucht es zumindest. Denn schon nach ein paar Sätzen hat er keine Stimme mehr. Er steht da und weint, und ich kann das Mitgefühl und die Bewunderung wie auch Zuneigung von allen Seiten spüren.
François übernimmt seine Rede für ihn, über seine Arbeit als Trainer und schließlich Direktor von La Fédé, 10 Jahre lang ist er dabei. Über erlebte Aktionen und Workshops und Projekte. Über entstandene Freundschaften und ihm wirklich wichtige Menschen. Am Ende schafft er es doch, sich selbst zu bedanken – und der ganze Saal applaudiert, und einer nach dem anderen erhebt sich, bis die Menge geschlossen steht.
Er wird fehlen.
Wir stehen außen, Wein und Chips zum Apéro, und reden. Abschied und Abschluss – und doch noch eine Saison abzuschließen, zusammen.
Dafür genießen wir trotzdem den Sommer.
Sonntagnachmittag fahren wir nach La Gacilly, eine wunderschöne kleine Stadt in der Nähe. Dort ist während des Sommers eine Fotoausstellung im Freien in der ganzen Stadt. Und dazu ist an diesem Sonntag auch die „Fête des fleurs“ – das Fest der Blumen. Die Sommersonne scheint, und wir gehen durch die Stadt spazieren. Ein bunter Umzug zieht durch die Straßen voller Menschen. Überall finden wir große Fotos, wunderschön, aus verschiedensten Ecken der Welt. Musik spielt und es liegt Sommerstimmung in der Luft.
Wir genießen die Sonne und das Treiben, Sonntagsfreiheit.
Abends tragen wir Tisch und Stühle nach draußen auf unsere improvisierte Terrasse und essen zusammen Abend. Und reden, bis die Sonne hinter dem Hausdach verschwunden ist.
Sommerglück.