"A noche volviendo a casa" - Poesie im Menü
Granada ist der einzige Platz auf der Welt, wo man im sinnlichen Ambiente, ergänzt durch ein Poesie Drei-Gänge Menü, einen unvergesslichen Abend erleben kann!
Der in Granada lebende Poet Nicolás Ramajo kooperiert seit kurzem mit der Bar Papua Retrofusion. Hier kann man an manchen Donnerstagen, zu den typisch spanischen Esszeiten (20:00 – 23:55) ein poetisches Drei-Gänge Menü bestellen.
Erster Gang ein Vers, geschrieben live auf einer antiken Schreibmaschine. Auf der Wand lässt sich das Entstehen seines Werks zeitgleich miterleben. Zweiter Gang – ebenfalls ein poetisches Fest für die Sinne. Das Dessert macht satt und das ohne eine einzige Kalorie? Eine geniale Idee!
Ich bin Nicolás zum ersten mal nachts, auf dem Weg nach Hause begegnet. In Granada, auf dem Paseo de los Tristes, einer touristenbewanderten Straße. Da saß er, der junge Straßenpoet. Immigrant aus Argentinien, der wenig vom Geld hält und sonst auch eher kritisch auf die Welt blickt. Von den allgegenwärtigen Hippies in Granada hält er ebenfalls nicht viel. Er sitzt mitten in dem ganzen Straßentrubel, sein Gesichtsausdruck ist wach, doch distanziert. Er nimmt die Rolle eines neutralen Beobachters ein und schon längst hat er sich in das Stadtbild Granadas eingeschrieben. Vor ihm ausgestreckt auf einer bunten Tischdecke ein verlockendes Angebot: Gedichte gratis!
Daneben Bücher, Posters, T-Shirts, lange Gedichte, kurze Gedichte, erotische Gedichte, Stickers, Kurzgeschichten, Komplimente... Alles schön zusammengefaltet in Dreiecke, Vierecke und selbstverständlich original auf der Schreibmaschine getippt. Ich suche mir ein hübsches Dreieck aus. Es ist ein Kurzgedicht.
A noche volviendo a casa
sentí
cantar los pájaros en la lluvia en la cara.
„Hört sich doch nach einem Haiku an.“
Der Autor korrigiert mich, es ist ein Senryu. Auch eine japanische Gedichtform, doch eben nicht nur der Natur zugewandt. Senryu befasst sich mehr mit dem Menschlichen, Persönlichen und Emotionalen.
Nachts auf dem Weg nach Hause fühlte ich das Singen der Vögel im Regen auf dem Gesicht.
Das ausgeloste Gedicht gefällt mir gut. Ich falte das Kärtchen vorsichtig in meinen Händen und kann das Gefühl nicht loswerden, dass die von den Straßenpoeten geschriebenen Worte in einem magischen Zusammenhang mit den zufällig vorbeilaufenden Passanten stehen. Ob das Absicht ist, oder einfach nur Zauber des Augenblicks?
Ich erfahre auch, dass Nicolás interessante Lieblingsworte hat. Eines davon ist Jacarandá. Die Jacaranda stellen eine Gattung innerhalb der Familie der Trompetenbaumgewächse dar. Es handelt sich um interessante Bäume mit Hauptverbreitungsgebiet in Brasilien, deren auffälige Blütenpracht von einem intensiven, transzendentalen Lila ist. Eine Wahnsinnsfarbe! Schon wieder was Neues dazugelernt.
Ich schmeiße eine Zwei-Euro Münze in seinen Schreibmaschinenkoffer und bin mir gar nicht sicher, ob das genug ist. Ob Geld jemals genug sein könnte, für Bescherungen wie diese.
Auf seinem Blog kann man noch mehr Verse und Grafiken bestaunen:
http://nicolasramajochiacchio.blogspot.com.es/