Zurück in der Realität
Wie schnell die Zeit vergeht! Kein halbes Jahr ist es her, dass Helena noch als Europäische Freiwillige in Irland weilte. Wie hat sie den Abschied und das Wiederzurückfinden gemeistert?
Tja, so schnell kann’s gehen: Auf einmal ist schon wieder so viel Zeit vergangen und ich finde mich in einem völlig neuen Kapitel meines Lebens wieder. Vor fünf Monaten steckte ich noch mittendrin in meinem Leben in Irland und jetzt sitze ich in der Fachhochschule in Münster und warte darauf, dass meine nächste Vorlesung anfängt.
Ich habe einen Platz im European Business Programme bekommen und hör mir jetzt Vorlesungen über Steuern, Buchführung und Bilanzierung, Personalwirtschaft und Wirtschaftsenglisch an. Hätte ich vor einem Jahr auch noch nicht gedacht :-) Wie man schon am Namen sieht, machen Auslandserfahrungen irgendwie süchtig und wenn alles klappt, geh ich in zwei Jahren für zwei Semester nach Hull, England.
Geschrieben hab ich übrigens so lange nicht, weil ich nicht wusste was und wie. Der Abschied aus Irland war wirklich ein ganz schöner Einschnitt. Allem, was ich dort lieb gewonnen hatte auf unbestimmte Zeit Lebewohl zu sagen ging, wie ich es befürchtet hatte, sehr tränenreich vonstatten. Jedes Mal, wenn ich wieder irgendwas zum letzten Mal gemacht hab, hätte ich weinen können. Meine Mitbewohnerin aus Schweden ist fünf Tage vor mir abgereist und das hat mir wirklich endgültig bewusst gemacht, dass meine Tage in Irland mehr als gezählt waren. Es ging alles so schnell. Plötzlich musste ich Packen, mich von meinen Residents verabschieden, meine Lieblingsplätze verabschieden und mich langsam an den Gedanken gewöhnen, in die Realität zurückzukehren.
Wir (also alle, die im Haus gewohnt haben) haben unser Haus in Galway die "Vortex" genannt. Es war für uns alle eine Welt, die mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun hatte. Zu unglaublich und besonders war alles, was passiert ist, was wir hatten erleben dürfen. Es war wie ein einziger Traum und ich hab dann leider auf einmal gemerkt, dass die Nacht irgendwann vorbei geht.
Das Schlimmste beim Verabschieden von meinen Mitbewohnern war, zu wissen, dass es nie wieder so sein wird, wie diese letzten neun Monate, egal wo und wann wir uns wieder treffen. Wir werden nie wieder alle zusammen in "unserem" Haus am Lough Atalia wohnen, dort zusammen kochen, DVDs gucken, uns gegenseitig verfluchen, trösten, umarmen, singen oder lachen. Es war schwer, das aufzugeben.
Mittlerweile, mit ein bisschen Abstand, kann ich auch dem Positives Abgewinnen. Die Zeit kann uns niemand nehmen. Alle unsere Erfahrungen und Erlebnisse bleiben auf Fotos, in Tagebüchern, in der Erinnerung und in unserem Herz. Es klingt schrecklich kitschig, aber es ist so :-)
Nachdem ich den ersten Monat wirklich Heimweh nach Irland hatte und bei so vielem meine Familie damit in den Wahnsinn getrieben hab, indem ich ständig erzählt hab, in Irland haben wir das so gemacht/ Paprika so geschnitten/Kaffee so gekocht oder das Spiel so gespielt, hab ich mich inzwischen wieder eingewöhnt. Ich hab auch schon einige meiner Mitbewohner wieder getroffen und es war super! Ich weiß, das wird nicht bei allen klappen und wie sich alles entwickelt, weiß ich auch nicht. Aber ich bin unendlich dankbar und glücklich, wenn ich an die Zeit zurückdenke, über Sprüche, Partys und sonstige kleine Dinge, die mir plötzlich wieder einfallen lache und wenn ich die Handabdrücke angucke, die ich von meinen Mitbewohnern zum Abschied bekommen hab.
Es ist immer noch ein kleines bisschen Wehmut dabei, aber das Leben geht weiter und ich hab wieder Spaß an was Neuem und wieder einen Platz in meinem neuen alten Leben gefunden. Am schwierigsten war es, meine Freunde zu sortieren, zu sehen, dass sie sich verändert haben und dass ich mich verändert hab. Von einigen hab ich mich entfernt und anderen bin ich viel näher gekommen. Aber das gehört dazu und inzwischen hab ich auch das geschafft.
Jetzt geh ich mal zu meiner Spanischvorlesung, mich auf meinen nächsten Auslandsaufenthalt vorbereiten. Denn den gibt’s bestimmt! Die Welt ist viel zu interessant, um zu Hause zu bleiben!
Also macht’s gut und träumt was Schönes!
Liebe Grüße, Helena
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