Wünsche und Alltag - nicht immer passt es zusammen
Die Polin Angnieszka hat während ihrer Zeit in Deutschland gelernt, wie stark sie ist. Doch da seien auch Dinge gewesen, die sie störten.
Agnieszka sitzt auf der Couch, die Teetasse in der Hand. Selbstbewusst, kämpferisch, aber auch nachdenklich und ein bisschen zweifelnd. „Ich habe über mich gelernt, dass ich sehr stark bin, und die Bestätigung erhalten, dass ich, wenn ich mir ein Ziel setze, dieses auch erreichen kann.“
Was ihre großen Erfolge sind in diesem EFD-Jahr (Europäischen Freiwilligen-Dienst) im brandenburgischen Strausberg, kann sie ohne langes Nachdenken aufzählen. Da ist zum einen das deutsch-polnische Theatercamp mit der Strausberger Gruppe „Siedepunkt“ der Lise-Meitner-Gesamtschule in Brandenburg. Mit Agnieszkas Organisation wurde die Veranstaltung für alle Beteiligten zum tollen Erlebnis. Zum anderen ist da der Sprachkurs in Berlin, den sie mit einem Zertifikat abgeschlossen hat, das sie nun zum Studium in Deutschland berechtigt. „Das zu erreichen, war mir schon sehr wichtig“, sagt Agnieszka.
Im Arbeitsalltag habe sie sich mitunter ein wenig unterfordert gefühlt. „Ich bin ja nicht zum Putzen gekommen, sondern um etwas über Organisationen, über Jugend- und Kulturmanagement zu lernen“, betont sie und ist im nächsten Augenblick erschrocken über die deutliche Kritik. Nein, natürlich habe es ihr gefallen, habe sie viele Kontakte geknüpft und allerhand gelernt. Doch da seien auch Dinge gewesen, die sie störten.
Womöglich liegt ein Teil des Problems darin, dass die Polin mit sehr festgefügten Vorstellungen und Zielen dieses Jahr angetreten ist. Nicht immer konnte die Realität am Projektplatz damit Schritt halten. Das weiß sie nun. „Es war ein sehr unregelmäßiges Leben. Man wusste ganz oft nicht, was den nächsten Tag läuft“, sagt sie. Doch daran hat sie sich gewöhnt. Nicht gewöhnen konnte sie sich allerdings an die Situation, nicht immer alle ihre Fähigkeiten voll einsetzen zu können.
Aber vielleicht ist das alles auch eine Mentalitätsfrage, versucht Agnieszka eine Erklärung zu finden: „Der Unterschied zwischen Deutschen und Polen liegt darin, dass viele meinen, ich hätte sehr viel geschafft, obwohl ich selbst das in etlichen Punkten gar nicht so sehe.“
Für das kommende Projektjahr will sie deshalb allen Beteiligten als Ratschlag geben, sich vorher noch intensiver übereinander zu informieren, um Missverständnissen und Enttäuschungen vorzubeugen, um individuell stärker auf die Leute mit ihren Stärken und Möglichkeiten eingehen zu können. Für die Freiwilligen heißt das, so locker und offen wie möglich zu sein, sowie die eigenen Erwartungen nicht in unerreichbare Höhen zu schrauben.
„Ich habe gelernt, mich anzupassen und Probleme nicht ganz so ernst zu nehmen“, sagt Agnieszka. Gern fahre sie in Kürze nun heim, „aber ich werde Deutschland auf alle Fälle sehr vermissen – wenngleich Berlin wohl noch mehr als Strausberg“. In der Hauptstadt seien die Leute generell offener. An ihrem 26.000 Einwohner zählenden Projektort stieß ihr mitunter negativ auf „wie desinteressiert und träge gerade einige Jugendliche sind“. Auch wenn sie genug Gegenbeispiele kennen gelernt habe, störe sie das Fehlen an Ehrgeiz und Engagement. Als eine Frau, die sich für Geschichte und Politik wenig interessiert, sei ihr das Begleitprogramm zu stark auf diesen Themenbereich fokussiert gewesen. Sie hätte sich mehr Kultur gewünscht. Doch gingen Interessen nun einmal auseinander, räumt sie ein. Ein besonderes Lob sprich sie den beiden Projektkoordinatoren aus: „Conny und Bernd haben sich in dieser ganzen Zeit so viel Mühe gegeben und so viel für uns getan und sich gekümmert.“