Winterwunderland
Von meiner Weihnachtsstimmung und unserem Kurztrip nach Harbin
In den letzten Wochen, auf den Weihnachtsveranstaltungen im SLZ und den „Weihnachtsmärkten“ stellte sich mir immer wieder die Frage: „Wie wird wohl mein Weihnachten dieses Jahr? Ohne Familie, kann ich überhaupt in Weihnachtsstimmung kommen?“
Dank toller Freunde, viel Weihnachtsmusik und gutem Essen – ja, konnte ich. Am Heilig Abend kaufte ich am Morgen noch schnell die letzten Geschenke und Snacks ein. Am Nachmittag fuhr ich dann in die Wohnung meiner Freundin. Sie hatte gerade Besuch von einer Freundin aus Changchun, die uns beim Geschenke-Verpacken und Baum-Schmücken half. Den Plastik-Baum konnten wir netterweise aus dem SLZ ausleihen. Mit quietsche-gelbem Lametta und silbern-glitzernden Weihnachtsmännern war es zwar nicht der hübscheste Baum, aber es war wenigsten ein Baum. Um 18 Uhr trafen wir drei uns dann mit zwei chinesischem Freunden und einem New Yorker vor einem russisch-chinesischen Restaurant. Wir bestellten acht verschiedene Gerichte: Tomatensuppe mit frischem Brot, süß-saures Fleisch, Aubergine mit Fisch, Brokkoli, Pilze, Leber, Barbecue-Spieße, Kartoffelsalat mit sauren Gurken. Klingt vielleicht nicht sonderlich ausgefallen, aber alles war speziell zubereitet und gut gewürzt, also wirklich sehr sehr lecker. Mit vollen Mägen gingen wir beim Obstladen vorbei und kauften Erdbeeren, Orangen, Äpfel. Daheim stand das restliche Obst und die Schokolade für das perfekte Schokofondue bereit. Für die absoluten Süße-Fans wie mich gab es sogar noch selbstgemachte Schokocrossies, Vanillekipferl und Marzipanplätzchen. Nebenbei tranken wir fleißig Glühwein. Dann kam die kleine Bescherung, eingeleitet durch Flaschendrehen. Auf wen die Flasche zeigt, der bekommt sein Geschenk. Nach vielen freudigen Gesichtern und Umarmungen gingen wir dann zu den Weihnachtsliedern über. Als sich unsere Gruppe halbierte, begann der etwas verrückte Teil. Wir überlegten uns einen echt coole Performance zu „Last Christmas“. Die Nachbarn waren darüber vermutlich weniger froh, aber wir mussten uns dann einfach herausnehmen. Es war schließlich Heilig Abend. Nach den Anfangsszenen von „Die Weihnachtsgeschichte“, die wir im Anschluss guckten, war ich dann aber doch zu müde und verabschiedete mich ins Bett.
An diesem Abend wusste ich wirklich sehr zu schätzen, ein/zwei Deutsche an meiner Seite zu haben, die den Wunsch nach Weihnachtsstimmung und vertrauten Ritualen mit mir teilen. Gleichzeitig war es auch sehr schön unsere Traditionen, die wir so sehr lieben, mit unseren Freunden zu teilen.
In China ist Weihnachten zwar bekannt und wird ordentlich kommerzialisiert, wird aber eigentlich nicht gefeiert. Die Studenten gehen höchstens in einen Club, aber niemand versteht Weihnachten als Familienfest.
Am 1.Weihnachtstag verbrachte ich den Abend bei internationalen Freunden in einer witzigen Runde mit ebenfalls wirklich gutem Essen. In der Nacht fuhr ich noch zum Bahnhof und traf zwei Freundinnen. Die Eine hatte zur Zeit Besuch von einer Studentin aus London, die uns ebenfalls begleitete. Zu viert macht wir uns also auf ins weiße Wunderland in Harbin. Harbin ist bekannt für das größte Eisfestival der Welt. Es wird eine Stadt komplett aus Eisblöcken aufgebaut, die zuvor aus dem Fluss geschlagen wurden. Naja, wir haben die Türme der hohen Eisgebäude gesehen. In der Stadt selbst waren wir leider nicht. Im Internet stehen überall unterschiedlichste Öffnungszeiten, sodass wir im Endeffekt vor verschlossenen Türen standen.
Unser Alternativprogramm war auch sonst von Höhen und Tiefen durchzogen:
Da sich unsere chinesischen Mädels leider wenig mitteilten und wir aneinander vorbeiredeten, landeten wir in zwei teuren Parks. In dem einen waren fast alle Shops und Fahrgeschäfte geschlossen. In dem anderen konnte man mit verschiedenen Schneemobilen (darunter auch ein Panzer) herumfahren und dabei einen wirklich tollen Blick auf die Stadt genießen.
Besonders schön fand ich dafür die Altstadt Shenyangs. Durchzogen von Altbauten und russischer Architektur. Überall kleine Läden, die mit Überschriften wie „historisch“ oder „lokal“ die ausländischen Kunden veräppeln. Einfach herrlich. Hier trank ich auch den schlechtesten Milchkaffee überhaupt. Das Witzige dabei: Ich fragte nach etwas mehr Milch und bekam als Antwort: „Mei you“(Haben wir nicht). Tatsache ist, dass mein über 3€ Milchkaffee (Starbucks-Preisniveau) mit einer in Wasser aufgelösten Milchtablette gemacht worden war. Na super.
Ich konnte auf jeden Fall viele neue Eindrücke sammeln. Unter Anderen auch die, in einem 1m-Bett im Nachtzug zu schlafen, in einem Kapsel-Hotel zu nächtigen und wie blöd es ist, den Zug zu verpassen. Außerdem habe ich jetzt ein ganz anderes Verständnis von „Kälte bekommen“. Shenyangs Temperaturen würde ich mittlerweile als „angenehm“ bezeichnen.
Abgesehen von der Reise bin ich insgesamt froh, Weihnachten überstanden zu haben und freue mich schon tierisch auf den Silvesterabend. In dem Sinne wünsche ich euch allen einen guten Rutsch! Bleibt neugierig!
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