Wie gewonnen - so zerronnen
Es schien alles so perfekt: nach langen Entbehrungen hatte mart sich gefreut, nach dem Umzug endlich wieder mit heißem Wasser duschen zu können. Pustekuchen! Doch die Not macht erfinderisch und so wird selbst die neu eroberte Liebste ganz unromantisch unter dem Gesichtspunkt „Duschmöglichkeit“ betrachtet…
Dienstag war der Tag, an dem ich meinen besten moldawischen Freund (und ersten Wohngenossen hier) mal wieder besucht hatte. Nicht, ohne ihm vom neuen warmen Wasser vorzuschwärmen.
Ein langer Tag geht zu Ende, ich komme nach Hause. Jetzt duschen! Hier in Moldawien sind schon höllische Temperaturen, wie soll das nur im Sommer mit 35 Grad werden. Ich drehe den Wasserhahn auf und – verdammt, ja, ich bin Warmduscher! Also, eine Woche nach dem Umzug ist alles wieder beim Alten: kalte Duschen. Und kalt heißt eiskalt! Die Kopfhaut zieht sich zusammen, mit ihr die Augenbrauen... Und das noch drei Monate lang, täglich? Teuflische Verschwörungstheorien werden erdacht, und wie ihnen zu entrinnen sei.
Nun hat sich das so mit meiner neuen Liebe – nun sagen wir erstmal: Freundin – ergeben... und unwillkürlich lenkt sich nach zwei Tagen ein Gespräch dahin, ob sie zu Hause einen Boiler besäße... Jaja, so ist das, wenn es mangelt: Man versucht, Nutzen aus Anderen zu ziehen. Und so ist das, wenn man Gebirgsseeerinnerungen beim Duschen hat: man beginnt, nur noch auswärts zu Duschen.
Abgesehen davon geht es hier voran, das Leben wird schöner: Nicht nur zwei Klassikkonzertbesuche (zum Beispiel mit österreichischen Musikern, die nach zwei Zugaben winkend den Saal verlassen) und ein Besuch bei einem Gershwininterpreten aus New York, der den Saal zum Beben bringt, haben die Woche versüßt. Ebenso die Tatsache, dass es in meinem Projekt – wie so oft zuvor – mal wieder Lichtblicke gibt: Wir haben eine Ausstellung an einer Universität begonnen, wo ich gleich wieder hingehen werde. Und dann haben wir eine Podiumsdiskussion, um endlich mehr Freiwillige zu bekommen. Seit ich richtig laut meine NGO kritisiert habe regen sich die scheintoten Mitglieder jetzt doch. Und morgen, Samstag, haben wir ein langes Meeting.
Das Ganze findet statt, nachdem ich (nach dem Genuss eines französischen Films) von Cristina in die Disco mitgeschleppt werde, und bevor ich bei einer moldawischen Hochzeit eingeladen bin. Die wiederum hoffentlich die Gelegenheit für klasse Fotos sein wird. Und eine gute Gelegenheit für eine weitere schlaflose Nacht – wann soll ich nur meine Russisch- und Rumänischhausaufgaben machen?