Weihnachten In Estland oder In Deutschland?
Natürlich dreht sich bei diesem Blogeintrag alles um Weihnachten und Silvester. Wie ich Weihnachten verbracht habe und besonders wo könnt ihr alles hier nachlesen.
Der Dezember wurde sehr stark durch ein bestimmtes Ereignis geprägt: mein Flug nach Hause. Ich tat mich erst sehr schwer damit, zu entscheiden, ob ich Weihnachten in Estland oder in Deutschland verbringen möchte. Letztendlich entschied ich mich gegen ein Weihnachtsfest im Ausland und wenn ich ehrlich bin, bereue ich es keine Sekunde. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich irgendjemandem etwas beweisen musste wie, dass ich ein ganzes Jahr von zuhause wegbleiben konnte, denn das hätte mir nur geschadet. Mir war von Anfang an bewusst, dass ein Weihnachten ohne meine Familie mich wirklich nicht glücklich machen könnte, wie denn auch? Dennoch die Zeit vor Weihnachten war wirklich wundervoll in Tallinn. Ich verbrachte viele Stunden auf dem Weihnachtsmarkt im Zentrum der Oldtown und wanderte durch die Stadt bei Schnee (sofern es denn mal ab und zu geschneit hat). Außerdem habe ich zwei wirklich tolle Freundinnen gefunden, mit denen ich immer enger wurde. Aber je näher mein Flug nach Hause rückte, desto aufgeregter wurde ich. Ich war noch nie so eine lange Zeit von zuhause weg gewesen. Ich habe mich gefragt, ob sich etwas verändert hat oder ob ich mich gar verändert habe.
Doch bevor es so weit war, wieder Richtung Deutschland zu fliegen, stand noch einiges auf meinem Plan. Anfang des Monats wurde eine Weihnachtsfeier für alle Freiwilligen in Estland organisiert. Es gab Massen an gutem Essen, estnische Spiele und ein Menschenbingo. Also alles in allem war es eine wirklich gute Feier und ich habe viele gute Bekannte wiedergetroffen, die eigentlich nicht in Tallinn, sondern verteilt in ganz Estland leben. Und trotzdem habe ich auch wieder neue Freiwillige kennengelernt. Es ist schon immer wieder überraschend, wie viele Menschen sich dazu entscheiden genau in Estland ihr EVS zu machen. Es werden immer mehr. Somit ist es fast unmöglich alle kennenzulernen (aber ich gebe mir wirklich mühe). Danach gab es noch ein großes Ereignis direkt vor meiner Abreise: die Weihnachtsfeier in meiner Arbeitsstelle. Die Kinder haben zu diesem Anlass einiges für die Familien und Angestellten vorbereitet: von einer Modenschau bis über einen Flashmob war alles dabei. Auch ein Weihnachtsmann war Teil der Feier.
Bevor die Kinder ihr Geschenk bekamen, mussten sie ein Lied oder ein Gedicht aufsagen. Es war wirklich süß zu sehen, wie viel Mühe sich sogar die Kleinsten dabei gaben. Zum Abschluss gab es dann noch ein riesiges Weihnachtsessen mit allen zusammen: Eltern, Geschwistern, Angestellten, Großeltern und den Kindern. (Falls es jemanden interessiert, das typische estnische Weihnachtsessen besteht aus Kartoffeln, Sauerkraut, Blutwurst und Steak.) Trotzdem muss ich ehrlich zugeben, dass ich mich weniger wie ein Gast gefühlt habe, mehr als eine Angestellte, da wir hauptsächlich anwesend waren um bei allem zu helfen. Das Gefühl zum Peeteli dazu zu gehören, zu den Angestellten und zu den Kinder, das fehlt mir immer noch.
Und dann ging es auch schon für eine Woche nach Deutschland. Sie hat damit angefangen, dass mein Gepäck nicht aufgetaucht ist und ich völlig übermüdet und schlecht gelaunt zuhause ankam. Doch das legte sich schnell. Ich versuchte so viele Leute wiederzusehen wie möglich und so viel Aufmerksamkeit und Zeit meiner Familie zu schenken, wie sie es verdient haben, doch es war schwer. Ich hatte Angst, die Zeit in Deutschland nicht optimal genutzt zu haben. Als es dann wieder nach Estland ging, fiel mir der Abschied sehr schwer. Ich bin immer davon ausgegangen, dass es mir leichtfallen wird, nach meinen 18 Jahren in Deutschland für ein Jahr weg zu sein, aber da habe ich mich wirklich grundlegend in mir getäuscht. Der zweite Abschied von meiner Familie hat wirklich weh getan und erst da habe ich realisiert wie sehr ich sie eigentlich vermisst habe.
Trotz allem habe ich mich auch wieder auf Estland gefreut, denn mir stand Silvester bevor. Ich habe gemeinsam mit 30 anderen Freiwilligen in einem Haus gefeiert, das als Zuhause für 12 EVS Leute dient. Jeder hat etwas zum Essen und zum Trinken mitgebracht. Es war fantastisch. Zum Jahreswechsel sind wir auf einen Platz im Zentrum gefahren, wo ich mich mit meinen guten Freundinnen abgekapselt habe, um das riesige Feuerwerk anzuschauen. Es war atemberaubend. Danach ging es wieder zurück. Als es dann anfing zu schneien, beschlossen wir das neue Jahr mit einer Schneeballschlacht zu beginnen. Also alles in allem war mein Silvesterabend einer der schönsten, die ich bis jetzt erlebt habe (trotz des bisschen Heimwehs).
Also ich wünsche euch allen einen guten Start ins neue Jahr.