Was bisher geschah...
Kleine Ruhephase, neue/wichtige Leute und bewegende Geschichte.
Hallo Leute, mein letzter Bericht ist nun schon etwas her, aber es passiert einfach fast jeden Tag was Neues und Spannendes, so dass ich kaum Zeit zum schreiben habe… Dieser Bericht ist für die Tage vom 28.10.-10.11.
Am Wochenende (vom 30.10-01.11.) wollte ich eigentlich meine Freunde in Bassano besuchen und mit ihnen eine Wandertour machen. Hab mir jedoch leider am Donnerstag davor eine Grippe eingefangen und musste mal wieder das Bett hüten… Daher habe ich es in der darauf folgenden Woche eher ruhiger angehen lassen und keine Termine / Verabredungen getroffen. Vermute mal, dass die letzten Wochen doch einfach etwas zu viel waren… Das hat richtig gut getan und nun geht´s mir auf jeden Fall wieder gut :-)
Am Sonntag (02.11.) hatte ich beschlossen, meine Kollegen und Freunde auf einen kleinen Umtrunk in meine Wohnung einzuladen. Damit ich noch ein paar Tage zur Vorbereitung hatte, hab ich den Aperitivo für Donnerstag (05.11.) angesetzt. Hab gleich am Montag angefangen, einen leckeren Gewürzkuchen (alla Alma) zu backen. Dienstag war dann der Großeinkauf bei Coop dran. Ich wollte ein paar deutsche Kleinigkeiten/Fingerfood backen bzw. kochen und hatte gehofft, dass ich bei Coop alles finden würde (denn laut Andrea, findet man dort alles ;-) Bin also nun durch den großen Supermarkt geirrt um alle deutsche Zutaten zu finden. Diego und Anca hatten mich begleitet, die dachten bestimmt ich bin völlig verrückt ;-)
Letzt endlich haben nur die Brezeln und die Frühlingszwiebeln gefehlt… Anca hatte mir dann den Tipp gegeben, mal zum Lidl zu gehen, da es dort bestimmt mehr deutsche Produkte gibt… So war es dann auch. Hab mich dort sogar ein bisschen wie zu Hause gefühlt :-) Mittwoch hab ich dann nach der Arbeit ein paar Mini-Fleischpflanzerl gebacken und einen leckeren Obadzten kreiert. Donnerstag musste ich dann zum Glück nicht arbeiten sondern hatte nur Sprachkurs am Vormittag. Daher hatte ich noch genug Zeit um Blätterteigschnecken und Würstchen im Schlafrock zu backen. Außerdem gab es dann noch zwei verschiedene Käse-Trauben-Spieße. Das ganze Buffet seht ihr unten…
Meine Gäste waren alles sehr begeistert über das viele Essen, denn bei einem Apertitivo ist es eigentlich nicht üblich, dass so viel aufgetischt wird. Sie haben alle kräftig zugelangt und mir viele Komplimente für das leckere deutsche Essen gemacht. Das hat mich tierisch gefreut :-) Passend zum Obadzta gab es natürlich die Brezeln und noch gutes deutsches Paulaner Bier. Alles in Allem war es ein total gemütlicher und sehr lustiger Abend.
Am Mittwoch hatte ich bereits im Sprachkurs eine neue Freiwillige kennen gelernt. Marta kommt aus Spanien und macht ihren EVS in Calvene, dass ist ca. 15 km von mir entfernt und liegt in einem kleinen Tal komplett umgeben von den Bergen. Sie lebt dort sehr abgeschieden, daher hatte ich sie für Samstag (07.11.) nach Schio eingeladen, damit wir gemeinsam auf den Markt gehen können und ihr die Stadt zu zeigen. Das Wetter war traumhaft daher haben wir uns einfach eine Weile auf eine Bank am Hauptplatz in die Sonne gesetzt, einen Cappuccino getrunken und ein lecker Eis gegessen… Im Laufe des Nachmittages hat sich uns dann auch Anca angeschlossen, da sie doch noch ein paar mehr Ecken in Schio kennt als ich ;-) Wir sind durch Zufall bei der Schneiderei „Colletivo Sartoriale“ (ist ein Projekt von Casa Bakhita) vorbei gekommen und haben uns gewundert, warum die so spät am Samstag noch geöffnet hatte. Der Grund dafür war ziemlich interessant. Haben dort Sandra angetroffen die auf eine Frau aus Bangladesch gewartet hat.
Diese Frau, Namens Ashalata Baidya, ist eine Freiheitskämpferin, Friedensbotschafterin, Gründerin und Vorsitzende diverser Spendenorganisation (sie war sogar mal für den Friedensnobelpreis 2005 nominiert und hat diverse internationale Preise gewonnen). Sie hat durch eine Bekannte von unserer Schneiderei und den Projekten dort gehört und ist daran interessiert finanzielle Unterstützung zu leisten. Hier in der Region ist die Arbeitslosigkeit sehr hoch und besonders für (ausländische) Frauen, die kein Italienisch sprechen können, ist es schwierig einen Job zu finden. Durch die Projekte in der Schneiderei wird den Frauen eine Möglichkeit geboten, sich zu integrieren und die Sprache zu lernen. Leider war der Besuch von Frau Baidya nur sehr kurz, ca. 20 Minuten aber es war überhaupt eine Ehre sie dort anzutreffen und ihr Interesse und ihre Meinung zu dem Projekt zu hören.
Am letzten Sonntag (08.11.) war ich dann bei Anca und ihrer Freundin Odila zum Kaffee eingeladen. Odila ist schon eine etwas ältere aber sehr interessante und wissbegierige Frau. Die beiden wohnen zusammen in einem sehr schönen, urigem Haus mit großem Garten. Dort findet man alles was das Herz begehrt, z.B. Granatapfel-, Kaki-, Walnuss-, Apfel-, Kirsch-, Feigen- und Birnbaum außerdem einen Steingarten mit diversen Kräutern und einem zurzeit relativ leerem Gemüsebeet ;-) Wir haben es uns bei Kaffee und sehr leckerem, veganem Kuchen auf der schönen Terrasse gemütlich gemacht und geplaudert. Nach einer Weile meinte Odila dann plötzlich, ob wir nicht Lust hätten, sie heute Abend zu einer Ausstellung über den 1. Weltkrieg zu begleiten. Ich dachte erst, dass das eher nicht so mein Fall ist. Aber nachdem ich gehört hatte, dass die Veranstaltung in Vicenza ist und ich dort noch nicht war, hab ich die Einladung gerne angenommen.
Da wir leider etwas spät dran waren, konnten wir vor der Ausstellung zwar nur eine kleine Tour durch die schöne Altstadt machen, aber dadurch weiß ich nun, dass ich auf jeden Fall noch mal wieder kommen muss ;-) Die Ausstellung war dann auch wirklich sehr interessant. Es gab eine Bilderausstellung, sogar mit deutscher Beschriftung. Die Bilder waren sehr schockierend, unheimlich traurig, bewegend und haben mich sehr zum Nachdenken angeregt… wir durften sie fotografieren. Seht selbst…
Danach wurde ein Buch vorgestellt. Es ging in dem Buch über das Essen im Krieg und den Unterschieden zwischen dem, was sich die Armen und die Reichen damals leisten konnten. Anschließend hat eine Frau eine Geschichte erzählt. Es ging darum, dass ein Vater seinem Sohn die eigenen Erlebnisse des Krieges geschildert hat. Ich habe zwar leider nur ca. 30-35% davon verstanden. Dadurch, dass die Erzählerin aber mit unglaublich viel Elan, Mimik und Gestik gesprochen hat und die Story durch verschiedene musikalische Klänge untermalt wurde, war ich sehr gebannt und konnte mich trotz der Sprachprobleme gut einfinden.
Zu guter Letzt, gab es noch eine kleine Kostprobe aus dem vorgestellten Buch. Eine Suppe aus Maismehl, Kartoffeln und ein paar Gewürzen/Kräuter. Dazu gab es Foccacia, eine Art „Brotfladen“ mit Salz und Rosmarin bestreut. Das „Gericht“ namens Rancio, so hatte man früher das Essen der Soldaten genannt, war so simpel und doch so unfassbar lecker :-) Ich war wirklich froh und dankbar, dass Odila uns zu dieser Ausstellung eingeladen hatte, denn dadurch wurde mir mal wieder bewusst, wie gut wir es heut zu Tage eigentlich haben!
Diesen Montag musste ich nicht zur Arbeit, sondern durfte mich auf mein einwöchiges On-Arrival-Training vorbereiten (d.h. Packen…). Zurzeit befinde ich mich also nicht in Schio sondern in einem kleinen Örtchen namens Vitorchiano in der Nähe von Rom.
Mehr dazu, in meinem nächsten Beitrag… Ciao :-)